Ein bisschen komisch muss es sich für den FC Bayern schon angefühlt haben. Nach einer Woche mit 20 Toren in drei Spielen treffen die Münchner beim 1:1 im Spitzenspiel gegen Meister Bayer Leverkusen am Samstagabend nur einmal und sind dennoch hochzufrieden.
"Es ist ein Unentschieden, aber die Art und Weise war schon sehr beeindruckend. Es ist auch ein schönes Signal", sagte Sportvorstand Max Eberl. Neu-Trainer Vincent Kompany hat die Bayern-Welt vorerst wieder in Ordnung gebracht und gezeigt, dass seine offensive Herangehensweise auch in Top-Spielen funktionieren kann.
Die weitaus wichtigere Erkenntnis dürfte aber sein, dass auch die seit Monaten wacklige Abwehr gegen Leverkusen trotz des Gegentores unerwartet sicher stand. Dayot Upamecano und Min-Jae Kim, die sich ansonsten häufig Unkonzentriertheiten oder individuelle Patzer leisteten, machten ein starkes Spiel.
Das stellte auch Joshua Kimmich nach der Partie heraus und stichelte damit auch gegen Ex-Trainer Thomas Tuchel.
Der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft lobte das Duo überschwänglich und erklärte, sie würden in den vergangenen Wochen "brutal" spielen. "Du musst viel Qualität haben, um 50 bis 60 Meter vor deinem Tor zu stehen und diesen riesigen Raum zu verteidigen."
Dabei machte Kimmich ebenfalls darauf aufmerksam, dass beide nach dem 3:2-Sieg zum Saisonauftakt beim VfL Wolfsburg hart kritisiert wurden. Unter anderem leistete sich Kim in diesem Spiel einen fatalen Patzer, der zu einem Gegentreffer führte.
Doch Kompany ignorierte die Forderungen, stattdessen Eric Dier spielen zu lassen. Gemeinsam mit Matthijs de Ligt bildete der Engländer in der vergangenen Saison noch das stabilste Abwehrpaar. Das Duo bekam auch in den wichtigen Spielen das Vertrauen von Ex-Trainer Thomas Tuchel.
Dass nun Kim und Upamecano die Nase vorn haben, hat laut Kimmich mit einem einfachen Umstand zu tun. "Der Trainer hat beide Spieler nach außen hin und innerhalb der Mannschaft stark gemacht." Eine Aussage, die durchaus als unterschwellige Kritik an Ex-Trainer Tuchel verstanden werden kann.
"Aber jetzt zahlen sie es zurück. Beide sind in den letzten Wochen in einer herausragenden Form", fügte Kimmich hinzu.
Und auch Min-Jae Kim selbst äußerte sich nach dem Spiel zu seinem Formanstieg. Der Südkoreaner stellte dabei sofort das Team in den Vordergrund. "Wenn die ganze Mannschaft gut spielt, kann ich auch gut spielen", sagte er.
Dass Kim unter Tuchel nur selten gute Leistungen zeigte, lag auch daran, dass ihm die öffentliche Kritik des Trainers immer wieder zu schaffen machte, wie er vor einigen Monaten offenbarte. Das sei unter Kompany, der immerhin jahrelang ein Verteidiger auf Weltklasse-Niveau war, nun anders. Denn: "Er erklärt den Spielern viel detaillierter, was er von ihnen verlangt."
Und das spiegelt sich laut Flügelspieler Kingsley Coman, der sein 300. Spiel für die Münchner absolvierte, auf dem Feld wider.
"Wir agieren wieder als Einheit. Alle rennen nach hinten, um zu verteidigen und die Abwehr hilft uns bei Angriffen. Wir spielen nun mit einer viel höheren Intensität, die hat vergangene Saison gefehlt", sagte er beim französischen Sender beInSports.
Diese Intensität gilt es für die Münchner nun wieder am Mittwoch im unangenehmen Champions-League-Spiel bei Aston Villa abzurufen.