Mehr Anerkennung geht nicht! Gianni Infantino wurde im Rahmen des 73. Fifa Kongresses in Kigali (Ruanda) per Applaus in die nächste Amtszeit als Fifa Präsident geschickt. Dieses seltsame Wahlritual ist nur deshalb möglich, weil der Schweizer Fußballboss ohne Gegenkandidaten antreten darf. Das ist in der Satzung des Weltfußballverbandes so festgelegt und wurde bereits vor vier Jahren beim Kongress in Paris genauso inszeniert. Diese Form der Selbstbeweihräucherung ist jedem Fußballboss der 211 Mitgliedsnationen bekannt.
Ich meine das ist peinlich. Sowohl für die Fifa, wie auch für alle 211 Präsidenten der Nationalverbände, die diesen Akt der Selbstinszenierung nun schon zum zweiten Mal hintereinander zugelassen haben. Opposition geht anders. Zumindest dann, wenn man es in der Sache Ernst meint.
Dann entwickelt man eine Idee, übersetzt sie in ein Programm und bindet Weggefährten ein. Genau da liegt das Problem. Abgesehen von der Norwegischen Präsidentin Lise Klaeveness traut sich kein anderer der 211 Fußballbosse zu, mit seiner Kritik an Infantino dorthin zu gehen, wo es weh tut: Auf das öffentliche Podium oder in eine echte Wahlsituation, in der man die Hand gegen Infantino – für alle anderen sichtbar – strecken muss.
Selbst wenn es nur eine, drei oder zehn Gegenstimmen gewesen wären, hätten die Abweichler ein sichtbares Zeichen setzen und ernstgemeinte Oppositionsarbeit ausdrücken können. Nun haben wir ein ganz anderes Zeichen: Applaus für Infantino und die selbstverliebte Gewissheit der Fifa-Familie, dass im Weltfußball im Grunde alles gut läuft.
Was bleibt ist wieder einmal Symbolpolitik. Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) Bernd Neuendorf schaffte es erst am Tag vor der Wahl öffentlich zu formulieren, dass er Infantino bei der Wiederwahl "nicht unterstützen" wird. In der Pressemitteilung des DFB ist keineswegs von einer Gegenstimme die Rede. Der Rest ist butterweicher Politiker Sprech:
Möglicherweise dürfen wir nicht mehr erwarten. Deshalb möchte ich Herrn Neuendorf in Sachen "Transparenz" Folgendes fragen: Könnt ihr in der DFB Chefetage das erfüllen, was ihr so unumwunden von der Fifa erwartet?
Betrachten wir beispielsweise die letzten Wochen seit dem WM Desaster in Katar. Wie habt ihr es da mit der Transparenz gehandhabt? Weshalb blieben die Türen der Hinterzimmer so lange verschlossen? Was soll diese halbherzige und nichtssagende WM-Analyse? Weshalb die Einberufung der alte Männer Task-Force und die von Hans-Joachim Watzke aus dem Bauch heraus getroffene Berufung von Rudi Völler auf den Posten des Sportdirektors? Waren diese Schritte gegenüber den Gremien und der Basis des DFB transparent?
Vor einem Jahr wurden die Ergebnisse der großen DFB-Basis Studie veröffentlicht. Demnach stimmten lediglich 4,9 Prozent der Befragten der These zu, dass die Wahlen auf dem DFB Bundestag ihren Vorstellungen guter Demokratie entsprechen würden. 70,1 Prozent waren vom Gegenteil überzeugt. Der Rest war sich unsicher. Und auch hier frage ich: Welche Reformen im DFB-Wahlrecht habt ihr bis heute auf den Weg gebracht?
Mit Blick auf die Kritik, die der DFB-Spitze entgegengebracht wird, sei die Frage erlaubt, ob eure Wahlen wirklich besser sind als die der Fifa? Was haltet ihr von dem Vorschlag, den DFB in den kommenden Jahren zu reformieren? So, dass die Zustimmung von der Basis wieder wächst und der Verband als Vorbild für die Fifa gelten kann. Oder geht ihr davon aus, dass ihr bereits ein Leitstern für die demokratisch verfasste Organisation des Fußballs seid?
Dann hätte Eure Stellungnahme gegen Fifa und Infantino aber kräftiger ausfallen können!