Bayer Leverkusen wird am Sonntagabend nach dem Spiel gegen Werder Bremen als Deutscher Meister der Saison 2023/24 feststehen! Das ist einer der sichersten Tipps der laufenden Bundesliga-Saison.
Einerseits, weil Leverkusen in dieser Spielzeit immer noch ungeschlagen ist, und andererseits, weil wir darüber hinaus sogar damit rechnen können, dass sowohl Bayern München als auch der VfB Stuttgart bereits am Samstag gegen Köln beziehungsweise Frankfurt Punkte liegen lassen.
Mein Mitgefühl für den Serienmeister Bayern München hält sich in Grenzen, zumal wir der Mannschaft und ihrem Trainer immer noch die Daumen für die Champions League drücken können. Demgegenüber tut es ausgesprochen gut, dass die Bayern ihre Abos auf den Pokalsieg und die Meisterschaft endlich selbst gekündigt haben.
Die alte Strategie ist an einer Grenze angekommen. Offensichtlich klappt es nicht mehr, die Bundesliga mit dem unfassbar großen Finanzvorsprung zu dominieren und dieses ressourcenintensive Geschäftsgebaren am Ende mit so mystischen Begriffen wie dem "Bayern-Gen" zu stigmatisieren. Der Verein hat zwar Max Eberl holen können, findet aber keinen adäquaten Trainer.
Und weil es dem Management aus Leverkusen gelungen ist, die Werkself weitestgehend zusammenzuhalten und darüber hinaus auch noch mit Xabi Alonso den neuen Star-Trainer der Liga für den Verbleib zu überzeugen, haben wir auch erstmals seit mehr als einem Jahrzehnt einen neuen Favoriten für den Meistertitel im nächsten Jahr.
Genau das ist großartig und tut dem Wettbewerb sowie damit auch der Wertsteigerung der Bundesliga gut.
In Leverkusen ist in diesem Jahr noch weitaus mehr drin. Nach dem 2:0 im Hinspiel gegen West Ham United steht das Team bereits mit einem Bein im Halbfinale der Europa League und im DFB-Pokal treffen sie im Finale auf Zweitligist Kaiserslautern.
Neben dem möglichen Triple könnten die Leverkusener aber auch einen weiteren Rekord knacken. Sollten sie auch gegen Bremen und die restlichen fünf Gegner in der Bundesliga (Dortmund, Stuttgart, Frankfurt, Bochum, Augsburg) nicht verlieren, dann wären sie die erste Mannschaft der Bundesliga, die ohne Niederlage den Titel gewinnt!
Selbst die großen Bayern haben das bislang noch nicht geschafft und auch in Europa wäre so eine Serie außergewöhnlich. Erstmals schaffte das Team von Benfica Lissabon um den legendären Eusebio (1971/72) diese Fabelleistung. Danach gingen europaweit insgesamt zehn weitere Mannschaften mit so einer weißen Weste in die jeweiligen Meisterschaftsfeiern.
Zuletzt gelang dieses Kunststück Celtic Glasgow in der schottischen Liga vor sieben Jahren. Der englische Fußballverband drückte seinen Respekt für so eine lupenreine Leistung mit der Vergabe einer vergoldeten Meisterschaftstrophäe aus. In der Saison 2003/04 gelang es dem FC Arsenal zum ersten und bislang einzigen Mal, die Premier League ohne Niederlage zu gewinnen.
Ausgerechnet in dem Jahr, in dem die viel kritisierte Dominanz der Bayern beendet wird, könnte dieser Durchbruch im Kampf gegen die Langeweile im Meisterschaftsrennen mit einem so außergewöhnlichen Rekord geschehen.
Kündigt sich an dieser Stelle eine ganz neue Ära für den Deutschen Fußball und die Titelrennen der kommenden zehn Jahre an? Erleben wir in diesen Tagen einen Machtwechsel, der von Dauer sein kann? Kommen die Bayern im nächsten oder im übernächsten Jahr zurück? Werden andere Mannschaften dem Beispiel von Leverkusen folgen und den Titelkampf in den kommenden Jahren aus mehreren Richtungen kommend offen halten?
Ich bin begeistert von dieser neuen Situation und freue mich für die Verhandlungsführer der DFL, die in diesen Tagen und Wochen einen neuen Fernsehvertrag für die Bundesliga aushandeln.
Nachdem die Bundesliga allein schon wegen ihrer Fankultur international heraussticht, erwarten wir in den kommenden Jahren auch neue Antworten auf die sportliche Kernfrage des Fußballs: Wer spielt den besten Fußball im Land? Mein Tipp: Die Bundesliga wird sich demnächst über einen gigantischen Medienvertrag freuen können!