Die National Football League (NFL) erobert den deutschen Sport-Unterhaltungsmarkt. In großen Schritten und auf der Grundlage eines wohlüberlegten Konzepts. Der Erfolg gibt den Managern aus Nordamerika recht und lässt deren Kasse klingeln. Demgegenüber macht sich in den Reihen der Manager unserer Fußball-Bundesliga die Sorge breit, ob an dieser Stelle eine spürbare Konkurrenz zu deren Produkt entstehen könnte.
Auch wenn sich die Zuschauerzahlen bei den meisten Bundesligavereinen nach der Corona-Phase wieder erholen, könnte es sein, dass diese neue Konkurrenz Fans abzieht, TV-Quoten ausbremst und Gewinne schmälern wird.
Was ist zu tun? Soll sich die Bundesliga dem Eventcharakter der NFL annähern? Kann der Fußball vielleicht sogar von der NFL, ihrer Ligastruktur, aber auch vom Football und dem Wettbewerbssystem lernen? Andererseits: Welche Vorteile hat der Bundesligafußball gegenüber der NFL? Muss sich der Profifußball verändern, um wieder mehr Akzeptanz bei Kindern und Jugendlichen zu finden?
Es lohnt sich, genauer hinzuschauen und die Vorgehensweise der NFL zu analysieren. In diesen Tagen gastiert eine prominente Delegation der New England Patriots um den zweifachen Super-Bowl-Sieger Sebastian Vollmer in Deutschland und wirbt auf Veranstaltungen in Frankfurt, Berlin und Gelsenkirchen um das Interesse des jungen Publikums. Bislang liefen diese Werbetouren gut. Fans aus ganz Deutschland nutzen die Gelegenheit, sich zu treffen, fachzusimpeln und sich zu organisieren.
Die Patriots haben außerdem eine Kooperation mit der bei Kindern äußerst beliebten "Toggo Tour" abgeschlossen und bieten den Kids an 10 Wochenenden in verschiedenen Städten Deutschlands ein buntes Programm aus Spaß, sportlichen Herausforderungen und einem smarten Bühnenprogramm.
Darüber hinaus sollen sich die Kinder im NFL-Bungee-Run sowie im NFL-Skills-Parcours ausprobieren und Schnelligkeit, Geschicklichkeit und weitere Football-Skills trainieren. Eine kluge Idee, denn mithilfe der Toggo-Moderatoren und einigen Tiktok Stars begeistern die NFL-Experten nicht nur die Kids, sondern auch deren Eltern, die unbedingt an Tickets für die nächsten NFL Spiele herankommen wollen. Auch wenn das ausgesprochen schwer ist.
Der gigantische Erfolg von Gastspielen der Mannschaften aus der NFL ist in Deutschland ungebrochen. Die Tickets für die beiden im November in Frankfurt anberaumten Spiele waren unmittelbar nach der Eröffnung des Online-Ticketings vergriffen.
Wenn am 5. November die Kansas City Chiefs gegen die Miami Dolphins antreten, dürfen sich die Veranstalter über ein ausverkauftes Frankfurter Waldstadion und über mehr als 1,5 Millionen Menschen auf der Warteliste freuen. Und eine Woche später, beim Spiel der New England Patriots gegen die Indianapolis Colts, hat sich die Warteliste nochmal verdoppelt. Sagenhafte drei Millionen Fans warten auf eines der begehrten Tickets.
Es lag auf der Hand, dass der Schwarzmarkt mit den begehrten Tickets bereits Stunden später blühte. Teilweise wurden bei Ebay Preise von über 6.000 Euro aufgerufen. Inzwischen haben die Administratoren der Online-Handelsplattform reagiert und alle Angebote dieser Art entfernt. Außerdem ist es nicht mehr möglich, eine Suchanfrage zu NFL-Tickets aufzugeben.
Der wirtschaftliche Erfolg färbt auch auf die Gastgeberstadt der beiden NFL-Duelle ab. Der Oberbürgermeister von Frankfurt am Main, Mike Josef, rechnet mit Mehreinnahmen in der Wertschöpfungskette von mindestens 80 Millionen Euro. Auch deshalb freut man sich in Frankfurt auf die Fans aus dem gesamten Bundesgebiet und veranstaltet ein großes Fanfest für die Football-Enthusiasten.
Angesichts dieser Zahlen lässt sich die Sorge der einheimischen Fußballmanager nachvollziehen. Die Bundesliga bleibt mit ihrer Auslandsvermarktung hinter allen Erwartungen zurück. Stattdessen demonstrieren die NFL Verantwortlichen vor der eigenen Haustür, wie man sowas macht und schaffen es, inmitten eines traditionellen Fußballlandes mit einer für unsere Sportkultur vollends fremden Sportart Massen zu mobilisieren.