"Letztlich handelt es sich in diesem Fall um eine fachliche Fehlbeurteilung der Situation", hatte Jochen Drees, VAR-Projektleiter, vergangene Woche eingestehen müssen. Zuvor hatte der Dortmunder Marius Wolf kurz vor Spielende das 3:1 gegen den SC Freiburg markiert, sein BVB-Kollege Youssoufa Moukoko dabei jedoch im Abseits gestanden.
Der Videoschiedsrichter (VAR) hatte die Abseitsposition zwar erkannt, sie aber als passiv bewertet. Wie Drees danach klarstellte, war es jedoch eine aktive Abseitsstellung, weil Moukoko dem Freiburger Keeper beim Abwehrversuch im Weg stand.
Nur eine Woche später, im Sonntagsspiel zwischen dem 1. FC Köln und Eintracht Frankfurt, bekamen die Videoschiedsrichter die Gelegenheit, es besser zu machen: Da kam es in der 83. Minute zu einer ähnlichen Szene, als Kölns Jan Thielmann einen unzureichenden Klärungsversuch aus knapp 20 Metern volley ins untere linke Toreck schoss. Ein durchaus sehenswerter Treffer.
Dass sein Mitspieler Florian Dietz haarscharf im Abseits stand, störte auf den ersten Blick nicht. Immerhin flog Thielmanns Schuss schnurstracks in die Maschen, Dietz stand etliche Meter vom Frankfurter Torwart Kevin Trapp entfernt.
Die Aufnahmen der Hinter-Tor-Kamera zeigen jedoch ein anderes Bild: Dietz stand in direkter Linie zwischen Thielmann und Trapp, so konnte der Nationalkeeper den Ball erst im letzten Augenblick kommen sehen. Damit ist klar: Es war aktives und strafbares Abseits.
Auf die Sichtbehinderung beruft sich auch Torwart Trapp. "Ich reagiere gar nicht", echauffierte er sich nach dem Spiel. Allerdings muss dazu gesagt werden, dass die Szene mit bloßem Auge kaum zu beurteilen war: Dietz stand für den Bruchteil einer Sekunde im Abseits (bevor er sich ins Feld zurückzog) und auch nur um Haaresbreite.
Trotzdem sind die Spieler von den sich wiederholenden Fehlentscheidungen genervt. "Jede Woche haben wir Diskussionen über diese scheiß Abseitstore. Ich verstehe es nicht mehr", gab sich Trapp resigniert.
Selbst Effzeh-Verteidiger Timo Hübers versteht den VAR-Frust. "Wenn der Videobeweis so umgesetzt wird, macht es nicht viel Spaß", erklärt er gegenüber "Bild". "Da entwickelt sich der Fußball in die falsche Richtung."
VAR-Boss Jochen Drees dürfte derweil trotzdem Fortschritte gesehen haben. "Unsere Erwartung wäre gewesen, dass das VAR-Team die Szene richtig beurteilt und [...] einen On-Field-Review empfiehlt", hatte er im "Kicker" letzte Woche die Ansage an die VARs erklärt.
Und genau dieser Richtlinie waren die Videoassistenten am Sonntag gefolgt: Nach etwa fünf-minütiger Unterbrechung wurde Schiedsrichter Martin Petersen in die Review-Area zitiert. Er sah sich die Szene nochmals an, traf aber trotz Fernsehbilder die falsche Entscheidung, in dem er sein Tor nicht zurücknahm.
Dass Drees auch zum Vorfall in dieser Woche Stellung bezieht, ist eher unwahrscheinlich. Immerhin müsste er dann genau das tun, was seine VARs schon am Sonntag taten: Nämlich die Verantwortung für die Entscheidung auf Spielleiter Petersen schieben.
(kpk)