Die 39-Jährige stand in ihrem siebten Bundesliga-Spiel ihrer Premierensaison in zwei
kniffligen Spielsituationen im Mittelpunkt: Erst wurde ein Tor der Borussia nach
Einsicht des Videobeweises wegen einer Abseitsstellung aberkannt und später hatte Steinhaus einen
Elfmeter übersehen – den der Videoassistent dann aber gab.
Hier hört man die Sprechchöre einiger Gladbach-Fans:
Gladbachs Sportdirektor Max Eberl bedauerte noch am Abend im ZDF-Sportstudio das Verhalten der eigenen Fans: "Wir
müssen uns als Verein bei Bibiana Steinhaus entschuldigen, die für mich eine
ausgezeichnete Schiedsrichterin ist."
Wie war sie nun, die erste Saison für Steinhaus, in einer der letzten Männerdomänen?
1. Akt: Die Sensation, die keine sein darf
"Für jeden Schiedsrichter, egal, ob Mann oder Frau, ist
es das große Ziel, in der Bundesliga pfeifen zu können", erklärte Bibiana
Steinhaus im Mai vergangenen Jahres auf "dfb.de". Der DFB hatte gerade
verkündet, dass sie als erste Schiedsrichterin überhaupt in die Bundesliga
aufsteigt.
Steinhaus debütierte 1999 in der Frauen-Bundesliga, seit 2007 kommt sie auf mehr als 80 Partien in der zweiten Bundesliga. Die
Beförderung war also die logische Konsequenz. Und doch ein riesiges Ding für Medien,
Fans und Profis. Unter jedem Bericht sammelten sich in den
Kommentarspalten lauter sexistische Sprüche von empörten Fans:
"Hat sie sich hochgeschlafen?"
"Ein weiterer Herd bleibt Samstagnachmittag irgendwo in Deutschland kalt"
"Überflüssig wie Frauenfußball"
Fußball-Nationalspieler Ilkay Gündogan sprang ihr in einem Tweet zur Seite:
Und Steinhaus? Die wollte einfach nur ihren Job machen und wünschte sich:
"Dass ich an meinen Leistungen gemessen werde und nicht als Frau im Blickpunkt stehe."
Bibiana Steinhaus
2. Akt: Der trügerische Alltag
Als SC Freiburg-Trainer Christian Streich vor Steinhaus
erstem Spiel gefragt wurde, was er davon halte, dass nun die erste Frau in
der Bundesliga pfeife, fasste er nur zusammen: "Das ist völlig egal, ob es eine
Frau ist oder ein Mann. Mir ist das völlig egal."
Sechs Bundesligaspiele pfiff Steinhaus bis zum vergangenen
Samstag. In einer sportlichen Zwischenbilanz beschrieb "Die Welt" die Leistung
von Steinhaus "unauffälig, solide, ohne besonders strittige
Entscheidungen". Und wenn Schiedsrichter gute
Leistungen bringen, dann wird es meistens ruhig um sie. So war das auch bei
Steinhaus. (Die allerdings vom Boulevard gerne verniedlichend "Bibi" genannt wird)
Beinah entstand der Eindruck, dass in der Männerdomäne Fußball-Bundesliga einfach
eine Frau mitwirken kann. Doch in einer Welt, wo Homosexualität noch ein
Tabuthema und der "12. Mann" ein Slogan ist, scheint eine Frau als
Spielleiterin für einige Fans doch noch zu früh zu kommen.
3. Akt: Die sexistische Realität
"Steinhaus, du Hure", hallte es am Samstag gut hörbar für die Zuschauer im Stadion und vor den TV-Geräten aus den Hälsen einiger Gladbach-Fans in der Nordkurve.
Auf Twitter argumentieren Fans, dass ja auch Steinhaus' männliche Kollegen seit Jahren mit "Schiri, du Arschloch" beleidigt werden. Das ist aber eine Verharmlosung, denn sie haben eben nicht "Schiri, du Arschloch" gerufen.
Arschloch ist eine Beleidigung auf Augenhöhe, die auch verletzt, aber nicht diskriminiert. "Steinhaus, du Hure" ist sexistisch, weil Steinhaus nicht nur auf ihr Geschlecht reduziert wird, sondern die Intention klar abwertend ist. Es wird ein Machtgefälle zwischen Mann und Frau hergestellt. Zudem ist die Beleidigung "Hure" auch immer sexistisch gegenüber Sexarbeiterinnen.
Steinhaus selbst will die Beleidigungen nicht wahrgenommen haben, sagte sie der "Bild", und schrieb die Sprechchöre deshalb nicht in ihren Spielbericht. Für Borussia Mönchengladbach könnte es dennoch eine Strafe geben.
Der DFB-Kontrollausschuss eröffnete am Montag ein Ermittlungsverfahren gegen den Klub und es droht eine Strafe. Aber wird das die Fans in Zukunft von solchen Gesängen abhalten?
VfB Stuttgart vor Verpflichtung von Hoffenheim-Talent Neno Zezelj
Kaum ein Verein hat in jüngerer Vergangenheit so einen märchenhaften Aufstieg wie der VfB Stuttgart hinter sich. In der Saison 2022/23 konnten die Schwaben nur in der Relegation den Abstieg verhindern, in der Folgesaison ließ der VfB gar den FC Bayern hinter sich und wurde am Ende Vizemeister.