Es war wohl so etwas wie die spielentscheidende Szene: kurz nach der Halbzeit legt sich Frankfurts Randal Kolo Muani den Ball ein Stück zu weit vor und tritt seinem Gegenspieler, der kurz vor ihm an den Ball kommt, auf den Knöchel. Der portugiesische Schiedsrichter Soares Dias zückte umgehend die Rote Karte für den Stürmerstar.
Wenige Minuten später kassierte die Eintracht das zweite Gegentor und war bei der 0:2-Niederlage im Champions-League-Achtelfinale gegen den SSC Neapel im Hispiel chancenlos.
Doch vor allem der Platzverweis von Kolo Muani sorgte nach der Partie für reichlich Gesprächsstoff.
Mario Götze konnte die Rote Karte nicht nachvollziehen und erklärte im Anschluss bei Amazon Prime: "Ich finde es hart, in einer Offensivaktion eine Rote Karte zu geben. Aber für mich ist es keine glatte Rote Karte."
Ähnlich sah das auch sein Trainer Oliver Glasner, der sich an eine Szene vor einigen Wochen erinnerte. "Da hat mir der Schiedsrichter erklärt: Wenn er vorher den Ball trifft, ist es nur Gelb. Also dann wäre es nur Gelb", sagte er mit einem Schulterzucken.
Dem stimmte auch Amazon-Experte Matthias Sammer zu: "Ich bin ein bisschen mehr bei Mario bei der Roten Karte. Vertretbar, gar keine Frage. Ich weiß aber nicht, ob auf diesem Niveau 'vertretbar' sein muss."
Zudem habe ihm der Schiedsrichter "sowieso nicht gefallen." Der BVB-Berater führt aus: "Ich würde mir ein bisschen mehr Fingerspitzengefühl wünschen und nicht so eine arrogante Ausstrahlung."
Der ehemalige Bundesliga-Schiedsrichter Wolfgang Stark hält die Rote Karte für Kolo Muani hingegen nicht für die falsche Entscheidung. Er erklärt ausführlich:
Dass er den Ball vorher noch kurz gespielt hat, entlaste ihn auch nicht. "Der Spieler ist dafür verantwortlich, wie er in den Zweikampf geht. Wenn er das Risiko eingeht, dass er seinen Gegner in dieser Art und Weise trifft, spricht vieles für eine Rote Karte."
Für Sammer jedoch keine zufriedenstellende Erklärung. "Das Leben besteht nicht aus der Theorie. Absolut vertretbar und für die Schiedsrichter auch erklärbar, aber das Leben findet auf dem Platz statt." Denn Kolo Muani ging zum Ball und spielte diesen auch und "wenn der Ball dazwischen bleibt, würde er ihn möglicherweise nicht am Fuß treffen."
Und dann holte Sammer noch einmal zum großen Rundumschlag gegen die deutschen Schiedsrichter aus. Neben dem strittigen Platzverweis für Bayerns Upamecano gab es allein am vergangenen Wochenende wieder einmal zahlreiche kuriose und diskutable Entscheidungen durch die Bundesliga-Schiedsrichter und den Videoassistenten.
"Wir brauchen mehr Persönlichkeit, wir brauchen mehr Gefühl für Handlungen, die dann gar nicht in der Logik passieren", sagte Sammer. Denn Theorie und Praxis würden auf dem Fußballplatz eben nicht immer zusammenpassen.