Der Jahresabschluss verlief keineswegs so, wie ihn sich Fans und Verantwortliche von Hertha BSC vorgestellt hatten. Vor heimischer Kulisse kam der Hauptstadtklub nicht über ein 0:0 gegen Schlusslicht Osnabrück hinaus. Zu wenig, um den Anschluss an die Aufstiegsränge herzustellen. Die Winterpause verbringt die Alte Dame somit als Siebter, sechs Zähler hinter dem Relegationsrang.
Die Tendenz war in den vergangenen Wochen dennoch für alle Blau-Weißen zufriedenstellend. Hertha ist wettbewerbsübergreifend seit neun Pflichtspielen ungeschlagen, ist dabei ins Viertelfinale des DFB-Pokals vorgestoßen. Das Team wirkt mittlerweile deutlich stabiler als noch zu Saisonbeginn.
Zum Start hatte es in Düsseldorf, gegen Wiesbaden und beim Hamburger SV drei Niederlagen in Folge gesetzt, am fünften Spieltag folgte zudem noch eine wilde 4:6-Pleite in Magdeburg. Gerade die Defensive der Berliner wirkte in den ersten Wochen alles andere als gefestigt.
Es waren allerdings nicht die einzigen Sorgen, die den Hauptstadtklub im Sommer quälten. Denn schon vor dem Beginn der Spielzeit sorgte die finanzielle Lage für enorme Bauchschmerzen bei den handelnden Personen.
Als "Sanierungsfall" hatte Geschäftsführer Thomas Herrich seinen Verein im April gegenüber der "Süddeutschen Zeitung" bezeichnet. "Hertha liegt immer noch auf der Intensivstation", ergänzte Präsident Kay Bernstein im Gespräch mit dem "Kicker" zwei Monate später.
Und so musste der Traditionsklub nach dem Abstieg um die Lizenz für die 2. Bundesliga bangen. Wie dramatisch die Lage tatsächlich war, klärt nun ein Bericht vom "Business Insider" auf. Demnach geht aus vertraulichen Dokumenten aus dem Zulassungsverfahren hervor, dass Hertha "beweiskräftige Nachweise" zum Schließen einer Liquiditätslücke in Höhe von 136 Millionen Euro erbringen musste.
Den Berechnungen der Liga nach ergab sich dieser enorme Fehlbetrag aus mehreren Faktoren. Es ist von Verbindlichkeiten in Höhe von 88 Millionen Euro die Rede, darunter die im Sommer oftmals thematisierte Anleihe über 40 Millionen Euro, 30 Millionen Euro Verbindlichkeiten bei Banken sowie ein Fehlbetrag von 37 Millionen Euro aus den ersten sechs Monaten dieses Jahres.
Für die laufende Saison kalkulierte die DFL bei Hertha zudem mit einem Spieleretat in Höhe von 44 Millionen Euro – und damit elf Millionen mehr, als der Klub selbst angegeben hatte. Die Liga räumte dem Verein dabei die Gelegenheit ein, bis zum Ende der Lizenzfrist geringere Kosten nachzuweisen. Am Ende erhielt Hertha doch noch die Lizenz.
Möglich wurde dies dem Bericht zufolge vor allem wegen des Investors 777 Partners. Bis zu 100 Millionen Euro soll die Investmentgruppe dem Hauptstadtklub vertraglich zugesichert haben, allein 60 Millionen Euro davon in diesem Jahr. Auch zur Zusammensetzung dieser Summe war dem "Business Insider" ein Einblick in vertrauliche Dokumente möglich.
16 Millionen Euro galten demnach bei Bedarf der kurzfristigen Sicherung der Zahlungsfähigkeit. Die restlichen 44 Millionen Euro sollten in zwei Tranchen folgen, um die Lizenzierung für die laufende Saison zu sichern. Eine dieser Tranchen wurde der Vereinbarung zufolge am 15. Dezember fällig.
Ein Sprecher von 777 bestätigte die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen und betonte zugleich, "sehr zufrieden mit den bedeutenden Fortschritten" des Vereins zu sein.
Kritisch dürfte die Lage dennoch bleiben, denn die Anleihe über 40 Millionen Euro hat Hertha BSC bis November 2025 verlängert, bei der Rückzahlung fallen dann höhere Zinsen an. Es ist von Mehrkosten in Höhe von acht Millionen Euro die Rede.
Demgegenüber stehen Mindereinnahmen in der 2. Bundesliga, gerade bei den TV-Geldern bekommen die Zweitligisten deutlich weniger. Klar scheint damit: Der Hauptstadtklub bleibt auch in Zukunft auf die finanzielle Unterstützung des Investors angewiesen.