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Olympia 2024: Eleni Frommann hat klare Meinung zu Gina Lückenkemper

Die Tartanbahn war lange Zeit die Heimat von Eleni Frommann.
Die Tartanbahn war lange Zeit die Heimat von Eleni Frommann.bild: eleni frommann
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Ex-Leichtathletin Eleni Frommann über Olympia 2024: "Hoffe, dass die Hater verstummen"

30.07.2024, 17:55
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Sie gewann Medaillen bei der Junioren-Weltmeisterschaft und war in der Jugend mehrfach Deutsche Meisterin über 200 Meter. 2022 entschied sich Eleni Frommann gegen die Leichtathletik und für eine Karriere in Moderation und PR. Gleichzeitig ist sie Influencerin: Auf Instagram folgen ihr mehr als 100.000 Menschen, auf Tiktok 200.000. Ihr erfolgreichstes Tiktok wurde mehr als vier Millionen mal angesehen.

Im Interview mit watson spricht sie über die Olympischen Spiele, die Karriere von Alica Schmidt, die Kritik an Deutschlands Leichtathlet:innen vor einem Jahr und die Erfolge ihrer Oma.

watson: Eleni, verspürst du Fomo, wenn du daran denkst, dass auch du als Leichtathletin in Paris sein könntest?

Eleni Frommann: Oh ja, es ist so hart. Das tut schon weh, weil man immer davon geträumt hat, bei den Olympischen Spielen zu sein. Auf der anderen Seite freue ich mich darauf, die Leichtathletik auf der ganz großen Bühne zu sehen. Mit der Aufmerksamkeit, die sie verdient hat. Ich freue mich sehr für die, die es geschafft haben.

Auf welche Wettbewerbe freust du dich besonders?

Auf den Zehnkampf, wir haben mit Niklas Kaul, Leo Neugebauer und Manuel Eitel drei tolle Athleten dabei, Leo ist für mich klarer Kandidat für den Titel. Ich freue mich auch sehr auf den Weitsprung der Frauen. Und als Sprinterin ist klar, dass ich auf diese Disziplinen besonders schaue. Besonders die 400 Meter Hürden werden ein Kampf. Europa vs. USA, Femke Bol vs. Sydney McLaughlin-Levrone, da bin ich heiß drauf.

Und aus deutscher Sicht?

Ich glaube, wir hatten über 4x100 Meter der Männer noch nie so eine schnelle Staffel am Start. Außerdem war ich früher oft mit Gina Lückenkemper in Trainingslagern, für sie freue ich mich besonders. Sie steckt so viel in diesen Sport, dass ich ihr jeden Erfolg besonders gönne. Mein persönliches Highlight ist, dass es Lisa-Marie Kwayie in den 4x100-Meter-Staffel-Kader geschafft hat. Sie ist eine Kampfmaus, es ist toll, wie sie nach ihren Verletzungen zurückgekommen ist.

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Lisa-Marie Kwayie ist in Paris vertreten.Bild: imago images / beautiful sports

Hast du ein Gefühl, was es für sie bedeutet, dabei zu sein?

Mehr krönen kannst du die Arbeit nicht als mit der Teilnahme an den Olympischen Spielen. Jede:r Sportler:in hat dieses eine riesige Ziel. Das sind Erinnerungen, die man sein ganzes Leben hat. Meine Oma erzählt mir heute noch von ihren Olympischen Spielen.

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Deine Oma war auch Leichtathletin?

Ja. Heilwig Jacob. Sie lief 1964 bei den Olympischen Spielen in Tokio. Das muss ein unfassbares Gefühl sein.

"Ich glaube, dass wir ein unfassbar gutes Team in Paris am Start haben."

Vor ziemlich genau einem Jahr tobte in Deutschland eine wilde Diskussion über die Leistung unserer Leichtathlet:innen. Hast du den Eindruck, dass sich etwas verändert hat?

Ich glaube, das wird sich erst nach den Olympischen Spielen zeigen. Mein Appell damals im Interview mit watson ging ja vor allem an die Medien und all die Leute da draußen, die laute Kritik äußerten. Aber: Ich habe das Gefühl, dass sich in der Vorbereitung etwas getan hat. Außenstehend nehme ich positiv wahr, wie der Deutsche Leichtathletikverband die Präsenz der Sportler:innen pusht. Und ich glaube, dass wir ein unfassbar gutes Team am Start haben. Ich hoffe, dass die ganzen Hater:innen verstummen und wir mehr Medaillen holen als 2021. Oder die Situation wenigstens besser einschätzen können.

48. Deutsche Jugend-Hallenmeisterschaften; Dortmund, 21.02.2016 Eleni Frommann (LC Jena); 48. Deutsche Jugend-Hallenmeisterschaften am 21.02.2016 in der Helmut-Körnig-Halle in Dortmund (Nordrhein-West ...
Eleni Frommann bei den deutschen Jugendmeisterschaften 2016.Bild: imago images / Beautiful Sports

Hast du, mit ein wenig Abstand, ein Gefühl, wo die Hater:innen herkamen?

Ach. (Schweigt kurz.) Ich will nicht ins Deutschland-Bashing gehen, aber ich habe ja auch drei Jahre in den USA gelebt und kenne den Vergleich. Wir begutachten erst mal alles kritischer, statt den Erfolg zu sehen. Und über die Präsenz von Social Media müssen wir uns ja nicht unterhalten. Jede:r mit einer Halbmeinung muss einen Kommentar schreiben. Das triggert mich manchmal so sehr, dass ich unter Postings der Sportschau viel zu aktiv werde. Aber es gibt ja noch eine andere Seite.

Welche?

Sport ist Entertainment. Je größer man wird, desto mehr kommen Menschen mit dir in Berührung, die sich in ihrer Bubble eigentlich nicht damit auskennen. Natürlich dürfen sich diese Leute austauschen. Das gehört zum Job heute dazu, damit fertig zu werden.

"Sport ist Entertainment", sage ich auch gerne, habe aber oft das Gefühl: In Deutschland wollte oder will man das nicht hören.

Ich glaube, dass immer mehr Sportler:innen auf den Zug aufspringen. Die USA sind da Vorreiter, die leben das durch American Football da drüben schon immer so. Als Sportler:in wird bewertet, was du auf dem Track und abseits machst. Dazu gehört auch die Frage, welches Outfit ich trage, wenn ich zum Wettkampf fahre. Auch der ganze Content, den viele mittlerweile nebenher produzieren, zeigt, dass die Botschaft angekommen ist.

"Alica Schmidt hat eine Reichweite, die dazu führen wird, dass Menschen wegen ihr die Staffel im TV anschauen werden."

Muss man da deiner Meinung nach mitmachen?

Man muss nicht, die erste Priorität ist der Sport. Aber: Im Endeffekt hilft es dir. Das alles ist Business. Und die Leute, die gefeiert werden, profitieren an anderer Stelle davon. Da muss ich nur Alica Schmidt nennen.

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Alica Schmidt erreicht auf Social Media weltweit Millionen Menschen.Bild: imago images / beautiful sports

Wie blickst du auf sie?

Sie ist nicht nur eine unfassbar tolle Läuferin, sie ist auch Markenbotschafterin für die Leichtathletik. Wir können sehr froh sein, dass sie aus Deutschland kommt. Sie macht den Sport um einiges populärer. Und damit meine ich jetzt nicht attraktiver, weil sie gut aussieht und nebenbei Model ist. Sie hat eine Reichweite, die dazu führen wird, dass Menschen wegen ihr die Staffel im TV anschauen werden.

"Natürlich ist Aussehen ein Businessfaktor. Man muss dann nur die Kommentare ausblenden, die dich bepöbeln."

Du hast Alicas Aussehen angesprochen und kennst das von dir selbst auch: Mit der entsprechenden Optik steigt auf Social Media die Aufmerksamkeit. Das ist ein zweischneidiges Schwert, oder?

Alica hat da eine klare Meinung, die ich zu 100 Prozent unterschreibe: In erster Linie ist sie Sportlerin. Aber: Natürlich ist Aussehen ein Businessfaktor. Man muss dann nur die Kommentare ausblenden, die dich bepöbeln, ob du überhaupt was kannst. Ich bin ganz ehrlich: Wenn ich einen Werbedeal habe, der mir meine Kohle einbringt, dann gilt: "I don't give a fuck what you're saying."

Warum beschwert sich bei Cristiano Ronaldo niemand damit, dass er mehr Geld mit seinem Aussehen und seinen Werbedeals verdient als mit dem Fußball?

Das ist ein Gesellschaftstopic. Da bist du dann ganz schnell bei der Frage: Wie geht man mit gutaussehenden Männern um und wie mit Frauen? Das ist zwar traurig, hat aber mit der Leichtathletik meiner Meinung nach wenig zu tun.

Um nochmal auf den Sport zurückkommen: Glaubst du, dass der mediale Druck auf die Leichtathletik vor einem Jahr geholfen haben könnte, um Dinge zu verbessern?

Ich kann mir das vorstellen, weil man gar nicht anders konnte, als gewisse Dinge zu hinterfragen. Ob sich wirklich etwas verändert hat, werden wir erst in ein paar Jahren wissen. Für die Olympischen Spiele wünsche ich mir jetzt erst einmal, dass die Sportler:innen gesehen werden als das, was sie sind: willensstarke Athlet:innen. Und vielleicht können wir ein wenig der EM-Euphorie retten und uns als Land auch für andere Sportarten freuen, wenn man gute Auftritte hinlegt.

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