
Sydney Lohmann hat bisher 38 A-Länderspiele absolviert.Bild: IMAGO images / Matthias Koch
Interview
Sydney Lohmann ist sowohl beim FC Bayern als auch im DFB-Team eine feste Größe. Im Gespräch mit watson hat die Nationalspielerin das Geheimnis der historischen Double-Saison verraten, von Mitspielerin Lena Oberdorf geschwärmt und einen Ausblick auf die EM gewagt.
26.05.2025, 18:3626.05.2025, 18:36
Watson: Christian Wück ist seit fast einem Jahr als Bundestrainer im Amt. Was macht er anders als seine Vorgänger:innen?
Sydney Lohmann: Er lässt uns einen unkomplizierten, sehr reinen Offensivfußball spielen. Er will, dass wir mutig sind. Das tut uns gut. In der Vergangenheit waren wir in der einen oder anderen Situation vielleicht oft zu verkopft.
Abseits des Platzes war Wücks Kommunikation zuletzt ebenfalls Thema. Wie ist dein Austausch mit ihm?
Bei dem Thema ist jeder etwas anders. Ich hatte zuletzt einen guten Austausch mit ihm. Er hat mich angerufen, als ich nicht dabei war.

Sydney Lohmann (l.) und Christian Wück (r.) arbeiten im DFB-Team zusammen.Bild: IMAGO images / Fotostand
Wieder mit dabei ist Lena Oberdorf. Du hast sie in den vergangenen Wochen hautnah im Training beobachten können. Welchen Eindruck macht sie auf dich?
Man sieht nicht direkt, dass sie so lange raus war. Es macht Spaß, mit ihr gemeinsam auf dem Feld zu stehen, weil sie eine überragende Spielerin ist.
Ob sie mit zur EM fährt, ist noch offen. Was ist in der Schweiz für das DFB-Team drin?
Wir waren in den letzten Jahren immer für Überraschungen gut – mal ging es gut, mal weniger. Ich traue uns auch diesmal wieder einiges zu. Wir müssen uns in der Vorbereitung ein gutes Gefühl als Mannschaft abholen. Die Qualität haben wir auf jeden Fall, wir müssen sie aber auch auf den Platz bringen.
"Der Fußball hat viel Spaß gemacht und mich an das erinnert, was man von früher vom Bolzplatz kennt."
In den vergangenen Tagen warst du mit dem FC Bayern in Estoril beim neuen Turnier World Sevens Football. Wie war dein erster Eindruck?
Es war alles neu und anders. Es hat ein wenig das Gefühl eines Jugendturniers vermittelt, aber viel cooler und professioneller. Wir hatten extrem viel Spaß hier und das Team hat klasse gezockt. Wir haben verdient gewonnen.
Siehst du es als reines Freundschaftsturnier?
Freundschaftskick klingt mir zu abwertend, aber der Fußball hat viel Spaß gemacht und mich an das erinnert, was man von früher vom Bolzplatz kennt. Gleichzeitig ging es um etwas und kann durchaus prestigeträchtig sein. Dieses Soccer-Flair finde ich cool.
Warum hast du nicht mitgespielt?
Wir hatten alles selbst in der Hand, ob wir als Mannschaft überhaupt am Turnier teilnehmen und wer mitspielt. Es war eine lange Saison, wir hatten nicht so viel Pause und es steht noch eine EM an. Daher habe ich mich dazu entschieden, auszusetzen. Aber ich habe parallel trainiert und danach die Mannschaft beim Turnier unterstützt.
In der Bundesliga war es lange Zeit ein enges Rennen, vier Teams haben in dieser Saison mitgemischt. Wieso konntet ihr euch am Ende doch so deutlich absetzen?
Wir hatten eine Konstanz bis zum Schluss, haben dabei wichtige Spiele gegen Wolfsburg oder am Ende gegen Frankfurt gewonnen. In den letzten Jahren ist bei uns zudem eine Siegermentalität gewachsen. Die hat uns in engen Spielen oft geholfen.
Wie ordnest du die Spielzeit insgesamt ein?
Mein Saisonfazit fällt sehr positiv aus. Wir haben das erste Frauen-Double der Klubgeschichte gewonnen. In schwierigen Pokalspielen waren wir auf den Punkt da und in der Liga haben wir uns von Aussagen anderer nicht ablenken lassen. Wir sind bei uns geblieben, haben in der Rückrunde kein Spiel verloren.
"Ich bin seit neun Jahren beim FC Bayern – egal wie weit wir kommen: Wenn wir auf einen Topklub treffen, bestehen wir zu oft nicht."
In der Champions League aber war im Viertelfinale Schluss.
Dass es in der Champions League nicht gereicht hat, muss man anerkennen. Da waren wir nicht gut genug und das nervt uns. Wir scheitern bisher jedes Jahr irgendwann an einem Topklub. Das wollen wir ändern.

Im Dribbling hatte Sydney Lohmann (r.) die Nase vorn, beide Spiele gegen Lyon aber verloren die Bayern.Bild: IMAGO images / HMB-Media
Dieses Jahr war es Lyon, in den Vorjahren hießen die Gegner Arsenal, PSG oder Chelsea.
Ich bin seit neun Jahren beim FC Bayern – egal wie weit wir kommen: Wenn wir auf einen Topklub treffen, bestehen wir zu oft nicht. Da müssen wir den nächsten Schritt gehen, auch wenn wir gegen Barcelona oder Arsenal auch schon mal Gruppenspiele gewonnen haben. Wir dürfen hier keine Angst haben, müssen mutig sein und die Siegermentalität auf den Platz bringen, wie es uns national schon sehr gut gelingt.
Wolfsburg ist im CL-Viertelfinale ebenfalls deutlich ausgeschieden, Frankfurt sogar in der Quali. Verliert die Bundesliga international den Anschluss?
Nein, aber die Bundesliga ist in gewissen Punkten etwas hintendran. Das gilt aber nur für die englische Liga oder einzelne Mannschaften. Barcelona ist beispielsweise nochmal auf einem anderen Level, da geht aktuell meist nur in einem Spiel etwas, was das Finale dann gezeigt hat.
Wie blickst du ganz persönlich auf die abgelaufene Saison zurück?
Die erste Saisonhälfte war noch etwas schwierig, in der Spielzeit inkonstant. Ab dem Winter habe ich dann aber sehr viel gespielt, so gehe ich mit einem guten Gefühl in die Pause.
Es gab kaum ein Bayern-Spiel in dieser Saison, bei dem du nicht zum Einsatz gekommen ist. Du hast aber auch nur dreimal durchgespielt. Nervt das?
Am liebsten spiele ich durch, aber in den englischen Wochen der Rückrunde kamen mir Wechsel sogar entgegen. Es wurmt mich nur, wenn ich gar nicht spiele. Aber dann hänge ich mich beim nächsten Mal umso mehr rein.
"Ein Spieler, der so viel für den Verein gegeben hat, darf sicher mehrfach und in so großem Rahmen verabschiedet werden."
Du bist auch in dieser Saison wieder auf verschiedenen Positionen aufgelaufen. Welche liegt dir am besten?
In den vergangenen Monaten hat mir die Doppelsechs am besten gefallen, weil ich mich von dort aus nach vorne einschalten, aber auch das Spiel gestalten und mir Bälle abholen kann. Man ist mittendrin. Ich bin körperlich stark, zweikampfstark und laufstark – das kommt mir dort gelegen. Wenn es nur eine alleinige Sechs gibt, spiele ich auch gerne davor auf der Acht.
In welchen Punkten willst du dich noch verbessern?
Mir fehlt es noch ein wenig an Konstanz im Spiel und an Scorerpunkten.
Das sind zwei Aspekte, die Thomas Müller auszeichnen. Zuletzt habt ihr gemeinsam die Titel beider Profiteams gefeiert, Müller stand noch einmal besonders im Fokus. Hat sich das wie eine große Müller-Farewell-Party angefühlt?
Ein Spieler, der so viel für den Verein gegeben hat, darf sicher mehrfach und in so großem Rahmen verabschiedet werden.
Hast du mit ihm auch nochmal extra Bilder gemacht oder ihn zu seiner Zukunft gelöchert?
Es war eine große Ehre, mit ihm auf dem Balkon zu stehen. Aber ihm werden schon so viele Fragen gestellt, da wollte ich ihm nicht auch noch daherkommen.
Geklärt ist hingegen, wie es bei euch auf der Trainerbank weitergeht. Alex Straus geht, in José Barcala bekommt ihr einen neuen, hierzulande weitestgehend unbekannten Coach. Habt ihr ihn schon kennengelernt?
Wir haben ihn in Estoril kurz getroffen. Da ist er angereist und hat ein paar Spiele angeschaut.
Hattest du ihn vorher in der Schweiz bereits im Blick?
Ich kenne seinen Werdegang und weiß, dass er eine ähnliche Grundidee wie Alex Straus hat. Das war das Ziel des Vereins und das gefällt mir.