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Frankfurt-City-Triathlon: watson-Redakteur berichtet von seiner Erfahrung

Triathleten verlassen das Wasser nach dem Schwimmen
Beim Frankfurt-City-Triathlon absolvierten die Athleten und Athletinnen eine Mitteldistanz mit 2 Kilometern schwimmen, 80 Kilometern auf dem Rad und 20 Kilometern zum Abschluss laufend.Bild: www.imago-images.de / INPHO/Laszlo Geczo
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"Früher wäre ich eher angetrunken aus einer Bar gestolpert": watson-Redakteur über seine Teilnahme am halben Ironman

03.08.2021, 13:4803.08.2021, 14:25
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Ich bibbere zwar nicht, aber richtig warm ist es auch nicht. Kein Wunder: Um 6.20 Uhr kann man in Deutschland eben noch keine Höchsttemperaturen erwarten – selbst im Sommer nicht. Und trotzdem weiß ich, dass es in zehn Minuten für mich in den Langener Waldsee bei Frankfurt geht. Wahrscheinlich für 45 Minuten. Warum tue ich mir das überhaupt an?

Rückblick: Es ist Sommer 2019. Es ist angenehm warm, ich bin auf Heimatbesuch in Mainz, meine Freundin ist mit dabei und wir sind mit Freunden auf einem Weinfest. Es ist spät. Einige Weinschorlen habe ich schon getrunken, da sprechen wir über einen Jedermann-Triathlon, zu dem ich mich mit ein paar Freunden angemeldet habe. Ganz kurze Distanzen, alles easy und ohne großes Training zu absolvieren.

Plötzlich formuliere ich ein Ziel, das schon lange in mir schlummert, ich mich aber noch nicht getraut habe auszusprechen: "Ich möchte irgendwann einen Ironman absolvieren." Meine Freundin ist misstrauisch, warnt vor dem enormen Aufwand. Ich bin selbstbewusst und sage: "Bis 2025 habe ich es geschafft, wetten!" – aus mir muss der Alkohol sprechen.

Erster großer Wettbewerb nach zwei Jahren Training

Zwei Jahre später, an diesem kühlen Augustmorgen, steht die Wette noch immer. Jetzt starte ich bei meiner ersten Mitteldistanz beim Frankfurt-City-Triathlon. Alle Wettbewerbe, die ich vorher machen wollte, sind wegen Corona ausgefallen. Eine Mitteldistanz entspricht einem halben Ironman. Also zwei Kilometer schwimmen, 80 Kilometer Radfahren und 20 Kilometer laufen.

"Mein früheres Ich wäre um 3 Uhr wohl eher angetrunken aus einer Berliner Bar gestolpert"
watson-Redakteur Niko über das frühe Aufstehen vor dem Triathlon

Meine anvisierte Zielzeit: 5 Stunden und 30 Minuten. Deshalb stehe ich also früh morgens am Langener Waldsee. Um kurz nach drei bin ich aufgestanden, damit ich frühstücken kann und der Körper genug Zeit hat, um zu verdauen. Für mein früheres Ich wäre das mitten in der Nacht gewesen – und es wäre wohl eher angetrunken aus einer Berliner Bar gestolpert. Jetzt nehme ich das gerne in Kauf.

Um 6.30 Uhr starten die Top-100-Athleten in Frankfurt. Danach dürfen coronabedingt alle fünf Sekunden drei Athletinnen und Athleten aus dem Amateur-Startfeld loslegen. Für mich geht es um 6:42 Uhr los. Das Wasser ist mit 23,1 Grad sehr warm und angenehm. Neopren-Anzüge sind dennoch erlaubt. Ich habe bloß nie damit trainiert. Ich ziehe deshalb auch keinen an, um ein ungewohntes Gefühl zu vermeiden.

Das ist ein Nachteil. Nach wenigen Metern zieht eine Schwimmerin im Neo an mir vorbei, ohne die Beine als Antrieb zu nutzen, weil sie das gar nicht braucht. Der Anzug gibt Auftrieb, sodass sie quasi horizontal im Wasser liegt, eine optimale Schwimmposition. Während ich mich also abstrampeln muss, um diese Position zu erreichen, kann sie die Beine noch entspannen und zieht mir davon.

Jan Frodeno feiert seinen Weltrekord im Juli
Im Juli feiert Jan Frodeno seinen Ironman-WeltrekordBild: www.imago-images.de / BEAUTIFUL SPORTS/Frank Hau

Das weitere Schwimmen läuft ereignislos ab. Bis auf einen etwas verloren wirkenden Mitstreiter, der eigentlich schneller als ich ist, aber ständig im Zickzack hin und her schwimmt. Meine Vermutung: Er wird am Ende sicher 500 Meter mehr geschwommen sein. Nach 47 Minuten und 32 Sekunden verlasse ich den See. Zum Vergleich: Jan Frodeno, der aktuell weltbeste Triathlet, hat bei seinem Ironman-Weltrekord (7:27:53 Stunden) Mitte Juli die 3,8 Kilometer im Wasser – also eine fast doppelt so lange Strecke wie meine – in 45 Minuten und 58 Sekunden geschafft. Bei mir ist also noch Luft nach oben.

Langer Wechsel vom Schwimmen aufs Rad

Innerhalb von knapp zehn Minuten wechsele ich auf das Fahrrad. Ich fühle mich körperlich noch top. Nur: Nach knapp einer Stunde muss ich einem menschlichen Bedürfnis nachgehen. Da die Radstrecke vom See in die Frankfurter Innenstadt über eine gesperrte Bundesstraße führt, ist es kein Problem, kurz rechts ranzufahren. Aber: Beim Anziehen geht der Reißverschluss, der vom Bauchnabel aufwärts verläuft, kaputt. "Klasse", denke ich. Von diesem Moment an absolviere ich den Rest des Triathlons quasi oberkörperfrei. Wohlfühlfaktor gleich null. Immerhin: Im Reglement steht nur, dass die Schultern bedeckt sein müssen.

Watson-Redakteur beim Frankfurt City Triathlon
Erschöpft, aber glücklich: watson-Redakteur Niko erreicht mit dem kaputten Anzug das Ziel beim Triathlon in FrankfurtBild: Privat / Privat

In Frankfurt selbst stehen noch insgesamt vier Rad-Runden am Main an. Meine Familie und Freunde warten an der Strecke, feuern mich kräftig an, wenn ich vorbeikomme. Das motiviert und gibt einen Schub. Auch, wenn der nur wenige hundert Meter anhält.

Bis zu 5000 Kalorien setzt der Körper um

Nach knapp 35 Kilometern auf dem Rad kommt der erste Tiefpunkt. Mein Oberschenkel wirkt müde. Ich fange an, noch mehr meiner Iso-Getränke zu trinken und Power-Riegel zu essen. Denn: Bei einem Triathlon der Mitteldistanz verbrennt der menschliche Körper bis zu 5000 Kalorien, meine Sportuhr wird mir am Ende des Tages sogar knapp 6000 verbrannte Kalorien anzeigen.

Energie, die man in irgendeiner Weise auch wieder zu sich nehmen muss. Spätestens, nachdem ich ein Powergel (eine extrem süße Masse) zu mir genommen habe, geht es aufwärts. Die zweite Hälfte des Radfahrens überstehe ich – ohne, dass ich mich noch einmal richtig schlecht fühle. Nach zwei Stunden und 36 Minuten steige ich vom Rad ab. Die bis zu dreizehn Stunden Training pro Woche neben der Arbeit scheinen sich ausgezahlt zu haben.

"Nach nur wenigen hundert Metern beim Laufen meldet sich meine linke Wade"
watson-Redakteur Niko über die Erfahrungen bei seinem ersten Triathlon über die Mitteldistanz

In der 2. Wechselzone gebe ich mein Rad ab und ziehe die Laufschuhe an. Die letzte Etappe steht an. 20 Kilometer auf einer 5-Kilometer-Runde durch die Frankfurter Fußgängerzone. Fast überall stehen jetzt Menschen, die anfeuern. Das tut besonders gut. Und diese Unterstützung brauche ich, denn nach nur wenigen hundert Metern meldet sich mein Körper.

Die linke Wade schmerzt bei jedem Schritt. Richtig rund laufe ich nicht. Besonders wichtig, dass dann der Kopf mitspielt und mir immer wieder sagt, dass ich es schaffe. Dazu tragen auch die Verpflegungsstationen bei. Auf der 5-Kilometer-Runde gibt es zwei davon. Mittlerweile ist es wärmer und die Sonne scheint. Deshalb entwickle ich eine Verpflegungs-Choreographie: Erst trinke ich einen Becher Wasser, dann eine Cola und zur Abkühlung übergieße ich mich danach noch einmal mit Wasser – ein Ritual, das frisch hält. Zumindest in den ersten drei Runden.

Ab Kilometer 15 baue ich aber schlagartig ab. Meine Kilometer-Zeiten werden um bis zu 90 Sekunden langsamer. Neben der Wade fangen nun auch an beide Oberschenkel zu brennen. Die Erschöpfung macht sich breit. Ich bin fast fünf Stunden unterwegs und möchte ausrechnen, wie lange ich pro Kilometer brauchen darf, um unter meinem Ziel, den 5 Stunden und 30 Minuten, zu bleiben. Aber dazu bin ich mental nicht mehr in der Lage.

Also kämpfe ich mich durch. Rund 1,5 Kilometer vor dem Ende komme ich an der Stelle vorbei, an der meine Unterstützer stehen. Meine Freundin sieht, wie sehr ich pumpe und joggt kurzerhand ein paar hundert Meter mit, redet mir Mut zu und sagt, dass es nur noch eine kurze Schleife bis zum Ziel ist.

Irgendwie bringe ich auch die letzte Distanz noch hinter mich. Ich stoppe meine Sportuhr und stelle mit breitem Grinsen fest, dass ich nach 5 Stunden, 26 Minuten und 12 Sekunden das Ziel erreicht habe. Knapp vier Minuten schneller als erwartet. Zuerst bleibe ich stehen, gehe in die Knie und atme durch. Jetzt heißt es noch einmal: Flüssigkeitsaufnahme. Nach unzähligen Bechern Wasser hole ich den Verpflegungsbeutel und gehe aus dem Zielbereich zu meiner Familie und meinen Freunden.

"Nach dem Renn-Ende und einem kleinen Mittagsschlaf ist für mich endgültig Game over"
watson-Redakteur Niko über seine Erfahrungen bei seinem ersten Triathlon über die Mitteldistanz

Erste Erinnerungsfotos werden geschossen, Erfahrungen und Beobachtungen ausgetauscht. Ich merke, wie ich mich relativ schnell erhole. Noch fühle ich mich gut. Es ist halb eins, also noch mitten am Tag. Nachdem ich mich frisch gemacht habe, gehen wir essen. Hier lasse ich alle Ernährungstipps links liegen: Burger und Pommes stehen jetzt an. Zum Abschluss ein Eis.

Danach fahren wir heim. Rund 40 Minuten zum Haus meiner Mutter. Auf dem Weg nicke ich schon leicht weg. Dort angekommen, mache ich einen kurzen Mittagsschlaf. Nach der kleinen Pause bin ich endgültig erledigt, Game over für mich! Die Spuren des Tags zeigen sich, ich kann kaum noch aus dem Bett aufstehen.

"Klingt komisch, aber im Grunde habe ich mich gefühlt, wie sich ein alter Opa fühlen muss. Treppen waren schon ein Hindernis, weil die Wade schmerzte und die Beine viel zu schwer waren."
watson-Redakteur Niko über seine Erfahrungen bei seinem ersten Triathlon über die Mitteldistanz

Die Wade, die ich schon beim Laufen gespürt habe, lässt sich jetzt quasi gar nicht mehr anspannen und tut weh. Ich humple, mit beiden Beinen. Klingt komisch, aber im Grunde habe ich mich gefühlt, wie sich ein alter Opa fühlen muss. Treppen waren schon ein Hindernis, weil die Wade schmerzte und die Beine viel zu schwer waren. Mit Mühe schleppe ich mich auf die Terrasse. Es wird gegrillt. Danach quäle ich mich wieder ins Bett. Um 20.30 Uhr. Ich schlafe sofort ein, bis zum nächsten Tag um 7 Uhr. Dann beginnt die Arbeit und ich schreibe diesen Text.

Eine Sache bleibt noch offen: Ob ich die Wette gegen meine Freundin gewinne. Dazu müsste ich innerhalb der nächsten vier Jahre einen Ironman schaffen. So, wie ich mich nach dem Rennen in Frankfurt gefühlt habe, wird wohl eher sie Recht behalten.

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