Eigentlich, so erzählt er es, hatte sich Max Kruse vorgenommen, mit seiner Teilnahme als Teammanager in der Baller League eine Brücke zwischen dem Profi- und Amateurfußball zu bauen. Doch aktuell wirkt dieses Vorhaben wie eine ziemlich komplizierte Baustelle.
Denn nach der Hälfte der Spiele des Hallenfußball-Formats von Dortmund-Star Mats Hummels und Ex-Nationalspieler Lukas Podolski wächst der Unmut der Amateurvereine. In den vergangenen Wochen meldeten sich Sportdirektoren von Regional- und Oberligisten, die den mangelnden Fokus ihrer Spieler auf ihr eigentliches Team kritisierten und um die Gesundheit ihrer Spieler fürchteten.
Beim sechsten Spieltag der Baller League am Montagabend in der Kölner Motorworld reagierten Verantwortliche, Teammanager und Ex-Profis ganz unterschiedlich auf die aktuell hitzige Diskussion.
Brückenbauer Max Kruse teilt sogar den Eindruck einiger Vereinsverantwortlicher, dass die Intensität und Zweikampfhärte im Vergleich zum ersten Spieltag zugenommen hat. Markus Köppe, Sportdirektor des Oberligisten FV Bonn-Endenich hatte dies in einem vielbeachteten Facebook-Video angeprangert. Dort hatte er verkündet, dass fünf Stammspieler aus dem Verein geworfen wurden, da ihr gesamter Fokus auf der Baller League liege.
In einem Interview mit dem Magazin "11Freunde" legte er nach und bezeichnete das Format als "Kirmes Liga", die wie eine Sekte sei. Die Kritik aus dem Amateurlager kann Kruse nur bedingt nachvollziehen.
"Es ist normal geworden, dass die Leute über alles meckern, was du außerhalb des Vereins machst", sagte er am Montagabend in einer Medienrunde auf watson-Nachfrage. Noch vor zehn Jahren hätten die großen Starspieler in der Halle gespielt und es hätte niemanden interessiert. Kruse meint damit wohl, die DFB-Hallenmasters zu Beginn der 2000er Jahre, wo die Bundesligisten tatsächlich mit ihren Top-Spielern angetreten waren.
Die großen Stars der Baller League sind nun Ex-Profis, die ihre Karriere erst kürzlich oder schon vor einigen Jahren beendet haben. Für Max Kruse ist das Niveau der Liga sogar so gut, dass man zwischen ehemaligen Bundesliga-Profis und "dem ein oder anderen" Spieler aus der Regional-, Ober- und Landesliga nicht wirklich einen Unterschied sehe.
Ganz so weit wollte Diego Contento dann nicht gehen. Der 33-Jährige lobte zwar das gestiegene Niveau im Laufe der vergangenen Wochen, ein Leistungsunterschied sei jedoch gerade in der Abwehrarbeit erkennbar. "Wenn ein Amateurspieler auf mich zugelaufen kommt, weiß ich immer, was er machen wird", sagte der ehemalige Verteidiger des FC Bayern im Gespräch mit watson.
Auch dem Einwurf von Liga-Präsident Podolski, dass man sich über die Baller League für höhere Vereine empfehlen könne, zog Contento den Zahn. "Hier wird niemand mehr Profi. Höchstens wechselt er von einem Oberligisten zu einem anderen oder in die Regionalliga, aber mehr wird es nicht."
Da es auch in diesen Spielklassen Investoren und Sponsoren gebe, die den Spielern Aufwandsentschädigungen bezahlen und Leistung erwarten, könne Max Kruse den Ärger der Sportchefs "ein Stück weit nachvollziehen". Gleichzeitig schränkt er ein:
Mitgründer Felix Starck ist im Kopf auch schon in Planung der zweiten Saison, die direkt im Sommer nach der Europameisterschaft starten soll. Die bestehende Liga wird dann um zwei Teams erweitert, zudem soll die Bezahlung der Spieler steigen. Aktuell bekommen sie 250 Euro pro Spieltag.
In einer Planungsrunde der Teammanager am Montag hätten sich die Stars laut Starck vor allem um ihre Spieler gesorgt. "Ich fand es super interessant zu sehen, dass Teammanager, die Millionen auf dem Konto haben, sich um Spieler kümmern, die gestern noch keiner kannte", sagte er in einer Medienrunde am Montagabend.
An der Kommunikation mit den Amateurvereinen wird sich hingegen wohl nichts ändern. Starck erklärt auf watson-Nachfrage, dass man den Klubs oft genug die Hand gereicht hätte. Dann wird er noch einmal besonders deutlich:
Doch wer weiß, wie lange die Spieler der Landes-, Ober- und Regionalliga überhaupt noch in der Baller League gebraucht werden. Denn das sportliche Niveau ist für den 34-Jährigen "Chance und Risiko zugleich". Aktuell sei es den beiden Ligen entsprechend, doch Ziel müsse sein, auf das Niveau zweite oder dritte Liga zu kommen.
"Es gibt genügend Spieler auf der Welt, die eigentlich zweite oder dritte Liga spielen können, aber gerade was anderes machen", blickt er vielsagend in die Zukunft.
Auch am Montagabend war unter den Zuschauer:innen immer wieder Unmut über das sportliche Niveau zu spüren. Ein Fan redete sich regelrecht in Rage, ob der vielen hohen Bälle, die die Teams spielen. Beim Namen Baller League erwarte er eben richtige Baller, die Eins-gegen-Eins-Duelle suchen, spektakuläre Tricks und Tore zeigen. Aktuell merke man jedoch allen Spielern die Verbissenheit an, wodurch es an Lockerheit und Spaß fehlen würde.
Zwar sei es laut BVB-Stürmer Niclas Füllkrug aktuell schwerer, an die kostenlosen Karten für die Baller League zu kommen, statt für Heim-EM im Sommer, doch das Zielpublikum des Formats sind nicht die Fans in der Halle. Und so muss das Niveau steigen, um auch weitere Zuschauer vor den Twitch-Stream oder den Fernseher zu locken und den Content rund um die Baller League zu konsumieren.
Denn Hauptsponsor Xing hat einen leistungsbezogenen Vertrag mit der Baller League abgeschlossen. "Wenn Leistung nicht erbracht wird, zahlen wir auch weniger", machte Tim Elsner, Vice President Marketing bei Xing, in einer Medienrunde deutlich. Doch nach den ersten sechs Partien sei man mit der Partnerschaft mehr als zufrieden.
Und mit Blick auf die anstehenden Konkurrenzwettbewerbe Icon League von Toni Kroos und Elias Nehrlich und der Kings League von Ex-Barcelona-Star Gerard Piqué, zeigt sich Elsner selbstbewusst. "Es gibt zwar noch viele bekannte Ex-Profis, aber 30 große Streamer in Deutschland gibt es nicht mehr. Daher denken wir, dass wir auf das richtige Pferd gesetzt haben."