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Taylor Swift bricht mit Kinofilm Rekord: Warum sie wirklich niemanden kaltlässt

FILE - Taylor Swift performs during "The Eras Tour," Friday, May 5, 2023, at Nissan Stadium in Nashville, Tenn. Taylor Swift and Travis Kelce have remained mum about their status since the p ...
Der derzeit wohl größte Popstar der Welt: Taylor Swift. Bild: AP / George Walker IV
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Taylor Swift: Kinofilm bricht Rekorde – warum die Sängerin niemanden kaltlässt

13.10.2023, 17:36
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In der griechischen Mythologie gibt es die Sage von König Midas, der von Dionysos, dem Gott der Fruchtbarkeit, einen Wunsch erfüllt bekam. "Schaffe, dass alles, was mein Leib berührt, in funkelndes Gold sich wandle", soll der König gesagt haben. Der Wunsch wurde ihm gewährt. Und weil im digitalen Zeitalter Gold nichts anderes ist als Aufmerksamkeit, verhält es sich ungefähr so auch mit Taylor Swift.

Alles, ausnahmslos alles, was Taylor Swift anfasst, wird zu Popkultur, oder salopp ausgedrückt: geht so richtig durch die Decke. Und jeder möchte mit dabei sein und davon profitieren.

Taylor Swift: Einfluss auf das BIP

Aufgrund ihrer Tournee wurden ganze Städte kurzzeitig umbenannt, die amerikanische Football-Liga NFL erschließt sich Massen an neuen Fans, weil Swifts vermeintlich neuer Freund Travis Kelce eine Galionsfigur der Sportart ist. Die aber wohl größte Leistung: Aufgrund der Ortsauswahl ihrer Tour in Deutschland weiß nun die ganze Welt, wo Gelsenkirchen liegt. Ihre Auftritte können sogar Einfluss auf das Bruttoinlandsprodukt nehmen.

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Am 13. Oktober erschien nun der Konzertfilm zu ihrer Tour: "Taylor Swift: The Eras Tour". Allein der Vorverkauf hat in den USA über 100 Millionen Dollar eingespielt. Bereits am ersten Verkaufstag waren es 26 Millionen Dollar. Man ahnt es bereits: ein Rekord.

An Taylor Swift führt derzeit kein Weg vorbei, inmitten eines brodelnden Kulturkampfs in den USA scheinen sich zumindest auf sie alle einigen zu können. Wie aber schafft es eine einzige Person, eine derartige Strahlkraft zu entwickeln? Und wie lässt sich dieser Erfolg erklären?

Vom Country hin zum Pop

Angefangen hat Swifts Karriere mit traditionell konservativ und patriotisch geprägter Country-Musik, mit 15 Jahren unterzeichnete sie ihren ersten Plattenvertrag. Mit ihren langen blonden Haaren, einer christlichen Country-Girl-Ästhetik, den Balladen über Schwärmereien, Eifersucht – häufig aus einer Underdog-Perspektive – und der ganzen Palette jugendlich-aufregender Empfindungen entwickelte sie sich schnell zum Prototyp des amerikanischen Mädchens von nebenan.

Swift wurde in der Folge regelmäßig von Konservativen bis Rechten vereinnahmt, als Idealbild eines rassistisch motivierten Idealbilds stilisiert. Taylor Swift reagierte – erst einmal gar nicht. Schon als Kind wollte sie immer nur von allen geliebt werden, sagte sie später in der Netflix-Doku "Miss Americana". Ihre Einstellung änderte sich offiziell am 8. Oktober 2018.

An dem Tag, kurz vor den Midterm-Wahlen in den USA, äußerte sie sich zum ersten Mal politisch. "Ich glaube an den Kampf für LGBTQ+-Rechte und daran, dass jede Art der sexuellen Diskriminierung falsch ist", schrieb sie in einem Instagram-Post und adressierte den "systematischen Rassismus" in den USA. Später sprach sie sich auch gegen Donald Trump und Abtreibungsverbote aus.

Taylor Swift: eine Identifikationsfläche für alle

Es war eine Wende in ihrer Selbstdarstellung. Rückblickend lässt sich sagen: die einzig konsequente. Zu einem Zeitpunkt, an dem es von Personen des öffentlichen Lebens immer mehr verlangt wurde, sich gesellschaftspolitisch zu positionieren.

11.10.2023, USA, Los Angeles: Taylor Swift kommt zur Weltpremiere des Films "Taylor Swift: The Eras Tour" im AMC The Grove 14. Foto: Chris Pizzello/Invision/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Taylor Swift bei der Premiere ihres Kinofilms. Bild: Invision/AP / Chris Pizzello

Denn das Wesen von Pop und der Massenkultur insgesamt war es schon immer, eine Identifikationsfläche zu sein. Und bei niemandem ist diese so groß wie bei Taylor Swift. Erfolgreich ist, wer – in welcher Form auch immer – einen Kommentar zur Zeit, ein Lebensgefühl darstellt. Mit ihrer Musik und ihren Auftritten verspricht Swift einen empfindsamen Wohlfühlort, an dem sich niemand verstellen muss.

Ihr großes Geheimnis ist es, genau diesen Spagat auch in die andere Richtung hinzubekommen. "She wears high heels, I wear sneakers. She's Cheer Captain, and I'm on the bleachers", heißt es in Swifts Song "You Belong With Me". Die Wahrheit ist: Sie ist beides. Glamouröser Popstar und Mädchen von nebenan. Taffe Unternehmerin und beste Freundin. Regenbogen und Country-Flair. Taylor Swift ist im politischen Sinne das, was CDU und SPD heute nicht mehr ganz zweifellos sind: eine Volkspartei.

Neuaufnahme von sechs Alben

Dass dieses Bild manifestiert wurde, hängt auch maßgeblich mit einem in der Musikgeschichte bislang unvergleichlichen Akt zusammen.

2019 wurde das Plattenlabel Big Machine Records, das bis dahin Swifts sechs Alben herausgebracht hat, an eine Holding verkauft, hinter der der Musikmanager Scooter Braun steht. Dadurch gingen auch die Rechte ihrer Alben in Brauns Besitz über – gegen ihren Willen.

09.05.2023, Hamburg: Scooter Braun, US-amerikanischer Unternehmer, Talentmanager und Investor sowie Gründer des Unterhaltungs- und Medienunternehmens SB Projects, sitzt auf der Bühne auf der Digital-M ...
Scooter Braun hatte die Rechte an Swifts Musik erworben. Bild: dpa / Marcus Brandt

Das veranlasste Swift, in einem Akt künstlerischer und wirtschaftlicher Selbstermächtigung ihre ersten sechs Alben mit dem Zusatz "Taylors Version" noch einmal aufzunehmen. Erneut sprangen die Songs in die Country-Charts – und die Erinnerungen an die zurückliegende Zeit, 13 Jahre später, in das Gedächtnis ihrer Fans. Auch, wenn diese mit ihrer politischen Positionierung mittlerweile womöglich weniger anfangen können, die Nostalgie überwiegt dann eben doch. Mit den Songtexten verhält es sich ähnlich.

Taylor Swift: Mainstream und doch von der Kritik gelobt

Thematisch handelt es sich bei ihren Texten meistens um die Auseinandersetzung mit ehemaligen Liebschaften. Dabei hat es Swift geschafft, Popmusik über die Grenzen des Trivialen erfolgreich zu machen. Ihr gelingt das Kunststück, lyrisch herausragende Songs zu schreiben, die aber gleichzeitig große Massen ansprechen. Ihre Songs sind Mainstream und werden zugleich von Musik-Kritker:innen gelobt.

Swift profitiert dabei auch von einer produktiven, wechselseitigen Beziehung mit den Medien. Teile einer medialen Öffentlichkeit stürzen sich (mitunter auch aus misogynen Gründen) auf Swifts Privatleben, ihre Dating-Gerüchte, die "Idee" von Taylor Swift – was sie in selbstreflexiver Form wiederum zum Fixpunkt ihres kreativen Schaffens gemacht hat.

Dadurch gelang es ihr immer wieder, die Deutungshoheit über ihre eigene Person zurückzuerlangen. Welches Bild von Taylor Swift dominiert, entscheidet letztlich nur sie selbst.

Auch aus einem Popularitätsaspekt schaukelt sich diese wechselseitige Abhängigkeit in die Höhe. Es gilt: Wer hat, dem wird gegeben. Vor allem bei Social Media. Die traditionellen "Easter Eggs", die Swift in ihren Liedern und Musikvideos versteckt, befeuern Neugier und Aufmerksamkeit. Taylor Swift ist also auch erfolgreich, weil sie erfolgreich ist.

Weil alle ein Stück von Swifts Erfolgskuchen abhaben wollen, schicken sich neuerdings auch etliche Unternehmen und Organisationen an, sich selbst mit Taylor Swift zu schmücken, sodass ihre Präsenz wie ein alles umhüllender Nebel wirkt. Das gefällt nicht allen.

Wohin führt die Popularität von Taylor Swift?

Swifts Popularität hat in den Zeiten von Andy Warhols prophezeiten "15 Minuten der Berühmtheit" einen Status erreicht, den viele kaum mehr für möglich hielten. Das Magazin "The New Yorker" beschäftigte sich zuletzt mit der Frage, ob mit der omnipräsenten Durchschlagskraft von Taylor Swift gar ein neues Zeitalter der Monokultur angebrochen ist. Ob man will oder nicht: Es ist unmöglich, Swift zu entkommen.

Travis Kelce bemängelte deswegen zuletzt, die NFL würde es mit dem Trubel um Taylor Swift übertreiben. Das ist einerseits etwas ironisch, da er die Gerüchteküche munter mit angeheizt hat. Andererseits: Es gibt auch Menschen, die davon genervt sind.

FILE - A fan holds a sign during the first half of an NFL football game between the Chicago Bears and Kansas City Chiefs Sunday, Sept. 24, 2023, in Kansas City, Mo. Eager as the National Football Leag ...
Taylor Swift und Travis Kelce: Ein Erfolg für die NFL. Bild: FR34145 AP / Ed Zurga

Sollte Swift nicht auf absehbare Zeit US-Präsidentin werden, scheint es für sie kaum möglich, noch präsenter zu werden als sie es jetzt schon ist. In der Sage um König Midas, der alles, was er berührte, in Gold verwandeln konnte, wurde der Segen bald zum Fluch.

Der römische Dichter Ovid endete die Geschichte mit den Worten: "König Midas liebte das Gold nicht mehr." Klingt fast nach einer Zeile aus einem Taylor-Swift-Song.

Franca Lehfeldt konfrontiert Judith Rakers mit persönlicher Frage

Jedes Jahr veranstalten Nena Brockhaus, Vivien Wulf und Franca Lehfeldt das Live-Event "Women on Top". Dabei soll ein Zeichen für Chancengerechtigkeit und Gleichberechtigung gesetzt werden. Die Mission lautet, "das Narrativ für Frauen nachhaltig zu verändern". Lehfeldt sprach im Zuge dessen auch mit Judith Rakers. Sie bedankte sich auf ihrem Instagram-Account für dieses Gespräch und die "großartigen und so wichtigen Worte".

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