Edin Hasanovic ist jetzt in einer romantischen Komödie zu sehen.Bild: Gina Wetzler/Getty Images
Interview
14.09.2023, 17:3518.09.2023, 10:28
Edin Hasanovic wollte schon immer Schauspieler werden. Mit einer seiner jüngsten Rollen in "Im Westen nichts Neues" wurde er einem internationalen Publikum bekannt. In der Vergangenheit spielte er oftmals den gewalttätigen Jugendlichen, inzwischen ist der 31-Jährige wie mit "Trauzeugen" auch in Komödien zu sehen.
Im Interview mit watson spricht Edin über Veränderungen in der Filmbranche, offenbart, wie er über Klischeerollen denkt und verrät, warum ihm sein Privatleben so wichtig ist.
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Watson: Du spielst in "Trauzeugen" den Scheidungsanwalt Jakob, der knallhart und berechnend ist. Hast du Gemeinsamkeiten mit deiner Rolle?
Edin Hasanovic: Auf jeden Fall. Dass die Arbeit das Wichtigste auf der Welt ist und dass er um sich herum alles vergisst, ist mir bekannt. Ich habe zum Glück daraus gelernt. Ich musste dafür auf die Schnauze fallen und meine Prioritäten anders setzen. Jetzt bin ich entspannter, lehne mich zurück und bin nicht mehr so getrieben, wie Jakob das ist.
Die Aufgabe des Trauzeugen wird für deine Rolle Jakob und Marie, gespielt von Almila Bagriacik, zum Desaster. Wäre das eine Horroraufgabe für dich?
Ich war selbst einmal innerfamiliär Trauzeuge, aber da ging es nur darum, dass ich eine Unterschrift gebe. Das war so erfolgreich, dass es das Paar bis heute nicht überlebt hat. Also die sind nicht mehr zusammen. (lacht) Hier bedeutet die Aufgabe wirklich Stress. Es ist so, wie es Jakob empfindet. Ich wäre nur gut im Delegieren und Aufgaben verteilen.
In dem Kinofilm geht es auch um Gegensätze, die sich am Ende doch anziehen. Glaubst du daran?
Ich glaube, dass man für "Gegensätze ziehen sich an" mehr Zeit braucht, bis es matcht und bis man versteht, was das Tolle am anderen ist. Für Menschen, die nach dem Motto leben "gleich und gleich gesellt sich gern" ist es, denke ich, leichter. Gegensätze bedeuten immer erstmal Reibung, bis man checkt: Ah, du matchst vielleicht mit mir.
"Dadurch ist eine kleine, süße Freundschaft entstanden."
Kurt Krömer hat im Film auch mitgespielt. Gibt es einen Moment am Set, den du nicht vergessen wirst?
Ich war beim Dreh mit Kurt sehr aufgeregt. Ich bin einer der größten, wenn nicht der größte Fan von Kurt. Dann kommt er ans Set und ist einfach nett und freundlich. Ich bin ihm den ganzen Tag wie ein Vollidiot hinterhergelaufen und war immer in seiner Nähe. Ich war wie ein Psycho. Dann hat er mich in seinen Podcast eingeladen. Dadurch ist eine kleine, süße Freundschaft entstanden.
Also habt ihr noch Kontakt?
Wir haben, wie das bei Kurt so ist, regelmäßig und unregelmäßig Kontakt.
Derzeit wird viel über die Filmbranche und die Zustände an deutschen Sets diskutiert. Wie siehst du das?
Ich freue mich total, dass wir endlich da angekommen sind, dass man Dinge aussprechen darf und dass einem der Raum geboten wird, um auf Missstände hinzuweisen. Früher haben vor allem Frauen Sachen aushalten müssen. Inzwischen gibt es den Raum, sodass jeder sagen kann: "Stopp, so, wie du mit mir redest, passt mir nicht." Das finde ich super.
Viele Schauspiel-Stars haben Klischeerollen. Am Anfang hast du oft den gewalttätigen Jugendlichen gespielt, bist jetzt in einer Komödie zu sehen. Wolltest du dich davon lösen?
Offensichtlich. Ich war am Anfang mit den ersten Gangster-Rollen erfolgreich und dachte mir: Geil, das hat funktioniert, dann mache ich das noch mal und noch mal. Ich habe mir lange gewünscht, dass mir mal jemand zutraut, dass ich auch lustig sein kann. Irgendwann hat sich irgendjemand getraut – weg vom Drama, hin zur Komödie. Der Wechsel macht es aber aus.
"Es gehört zu meiner Geschichte."
Deinen großen Durchbruch hattest du ebenfalls als gewalttätiger Jugendlicher in "Schuld sind immer die Anderen". Nerven dich diese Klischees?
Mich nerven generell Klischeerollen. Ich spiele bei "Trauzeugen" weder einen Scheidungsanwalt noch einen guten oder bösen Menschen. Menschen sind selten nur gut oder böse. Die Wahrheit liegt dazwischen. Ich sage auch immer Rollen ab, die platt sind und in ein Schwarz-Weiß-Denken reinpassen. Das ist langweilig, da kann ich nichts spielen.
Nilam Farooq sagte einst, dass bei einer Produktion der Satz fiel, dass Menschen, die aussehen wie sie, in deutschen Filmen keine deutschen Namen haben. Wie denkst du darüber?
Wenn man über seinen Migrationshintergrund ständig reden muss, wird es nicht besser. Wenn man mich als Allererstes als Menschen mit Migrationshintergrund sieht, hat man irgendwas nicht verstanden. Es gehört zu meiner Geschichte. Wenn man sich dafür interessiert, ist es etwas anderes, als diesen Stempel die ganze Zeit aufgedrückt zu bekommen. Am Set werde ich zumindest immer seltener damit konfrontiert. Ich glaube, der Weg hat sich gelohnt, den ich gegangen bin und den alle gehen, die sich dagegen wehren.
Für deine Rolle im oscarprämierten Netflix-Film "Im Westen nichts Neues" bekamst du große Aufmerksamkeit. Planst du eine internationale Karriere?
Das ist für mich nicht spannend. Für mich ist spannend, für meinen Hund, meine Familie und Freunde da zu sein und mich um meine körperliche und psychische Gesundheit zu kümmern. Das ist mir wichtig. Meine Prioritäten haben sich verschoben, seitdem Sachen wie mein Unfall passiert sind.
"Ich wurde einmal in der Sauna erkannt."
Du warst 26 Jahre alt, als du auf Gran Canaria mit einem Golf-Buggy 20 Meter in die Tiefe gestürzt bist. Für rund drei Wochen musstest du in einem Rollstuhl sitzen. Das war vor dem Netflix-Dreh zu "Skylines".
Meine erste Reaktion, als ich da noch lag, war: "Leute, ihr müsst meine Agentur anrufen." Das kann nicht schlau sein, dass das das Allererste ist, woran ich denke. Deswegen blicke ich auf meine Karriere heute anders: Wenn etwas international passiert, dann ist es so. Es ist aber jetzt kein großer Wunsch von mir.
Dein Privatleben hältst du bewusst aus der Öffentlichkeit raus.
Spannend, wenn man eine Frage so anfängt. Jetzt bin ich gespannt, wo sie hingeht.
Warum ist dir das so wichtig?
Weil ich das total genieße, intime Momente, private Gedanken zu haben. Ich finde es sehr unangenehm, wenn ich irgendwo im Restaurant bin, Burger esse, mir die Soße runtertrieft und Leute mich erkennen und ansprechen. Ich wurde einmal in der Sauna erkannt. Da gibt es auf jeden Fall schönere Momente.
Wurdest du in der Sauna nach einem Selfie gefragt?
Nein, aber ich habe an seinem Blick gesehen, dass er mich erkannt hat. Das ist mir peinlich. Deswegen ist mir mein Privatleben so wichtig. Man sieht auch an meinem Social-Media-Verhalten, dass ich selten jemand bin, der in die Kamera redet. Ich müsste vielleicht mehr machen, aber mir ist das unangenehm, Leuten aufzudrücken und zu erzählen, was ich jetzt mache, was ich fühle, mit wem ich zusammen bin, mit wem nicht mehr und warum. Das ist nicht meine Welt. Deswegen freue ich mich, dass man wenig über mein Privatleben weiß.
Für was möchtest du deine Reichweite nutzen?
Was ich bisher tue, ist, immer den Mund aufzumachen, wenn man Ungerechtigkeiten wahrnimmt. Man sollte das nicht so hinnehmen, wie es einem verkauft wird, sondern hinterfragen. Ich glaube, das ist schon ordentlich. Auf jeden Fall setze ich mich wie alle gegen Rassismus sowie Vorbehalte gegen Nationen und gegen sexuelle Orientierungen ein. Aber das ist auch sehr leicht gesagt. Ich bin kein Aktivist. Es reicht nicht, etwas in meiner Insta-Story zu posten und zu sagen: "Hey, ich bin gegen Rassismus." Jeder kann sich diesen Mantel des Aktivismus anziehen. Ich würde mich niemals so nennen. Die Leute, die auf die Straße gehen und Reden halten, sind die wirklichen Helden.