Wenn man nicht genau hinsieht, könnte man das Bild auch für ein Poster zu einem 50er-Jahre-Film halten. Aber dann erkennt man die Details. Die Frau, die entfernt aussieht wie Blake Lively, spannt eine Steinschleuder (?). Die Munition: ein Smartpone (??). Das Ziel: ein Mann, der Justin Baldoni ähnelt, jener Regisseur, den Blake Lively im Dezember 2024 wegen sexuellen Missbrauchs und einer Schmierenkampagne verklagte. Justin Baldoni antwortete mit einer Gegenklage.
Das Bild fungierte als Cover einer neuen Ausgabe des "Hollywood Reporter". Der "Hollywood Reporter" ist eins der zwei großen Branchenblätter in Hollywood, das andere heißt "Variety". Diese Tradepapers berichten seriös und extrem gut informiert über die Bewegungen in der nordamerikanischen Filmindustrie. Sie werden gelesen von Entertainment-Journalist:innen, Produzent:innen, Regisseur:innen und Schauspielenden gleichermaßen.
Das Cover bebilderte eine typische "Hollywood Reporter"-Geschichte. Das Magazin versprach "exklusive" Hintergründe zu dem Streit, der aktuell ganz Los Angeles beschäftigt. Die dramatische Zeile: "Blake vs. Baldoni: An exklusive Look behind the Battle Lines of Hollywood's Uncivil War". Leicht schräg übersetzt: "Ein exklusiver Blick hinter die Kampflinien von Hollywoods Unzivilkrieg".
Dieses "Hollywood Reporter"-Cover wird nun zum Symbol einer medialen Berichterstattung über den Fall "Lively/Baldoni", die längst außer Kontrolle geraten ist.
Nahezu täglich stecken die fürstlich entlohnten Anwaltsteams von Justin Baldoni und Blake Lively neues, vermeintlich die Gegenseite belastendes Material an die Presse durch. Jede Partei will das öffentliche Momentum auf ihre Seite ziehen. US-Boulevard-Medien wie "TMZ", "People" und "Page Six" spielen dieses Spiel mit – oft ohne kritische Einordnung.
Selbst seriöse Medien sind erfasst von dieser Skandallust, sie äußert sich nur in einer anderen (Bild-)Sprache, wie dieses "Hollywood Reporter"-Cover eindrucksvoll zeigt:
Das vermutlich KI-generierte Bild zieht den Konflikt im Zusammenspiel mit der Textebene wie einen Boxkampf auf. Beobachtung ohne Wertung: Der Mann, Justin Baldoni, steht mit dem Rücken zur Frau, Blake Lively, die ihn mit einer Waffe hinterrücks attackiert.
Das Bild suggeriert also eine Überfalldynamik durch eine Frau, die einen Mann der sexuellen Belästigung beschuldigt.
Daran störte sich auch Blake Lively selbst, die über eine Sprecherin ein Statement in der britischen "Daily Mail" veröffentlichte: "Der 'Hollywood Reporter' sollte sich schämen", heißt es. Die Darstellung in dem Bild sei "extrem beleidigend". Das Cover würde "jedes sexistische Klischee über Frauen aufgreifen", die sich über Belästigung am Arbeitsplatz beklagen. Blake Lively werde als Angreiferin dargestellt. Es werde suggeriert, dass sie die "Vergeltungsmaßnahmen, die auf sie zukommen" verdiene.
Die öffentliche Meinung wendet sich gerade gegen Blake Lively, sofern sich das in der Flut von Beiträgen und Enthüllungen noch nüchtern beurteilen lässt. Übrigens hatte ebenjene "Daily Mail", in der Blake Livelys Kritik erschien, am Wochenende in einem Artikel die suggestive Frage gestellt, wer denn überhaupt noch auf der Seite von Blake Lively stehen würde.