Wenn es so was gibt, wie geschlechtertypische Berufe, dann gibt sie auf jeden Fall nichts darauf. Die Moderatorin Panagiota Petridou wurde bekannt als beste Autoverkäuferin Deutschlands und war anschließend mehr als zehn Jahre lang in der Vox-Sendung "Biete Rostlaube, suche Traumauto" zu sehen. Jetzt probiert sie einen anderen Job, in dem auch vor allem Männer erfolgreich sind: Comedy.
Aktuell tourt sie mit ihrem Programm "Wer bremst, verliert" durch ganz Deutschland.
Im watson-Interview spricht sie offen über die Schwierigkeiten, die Frauen im Film und Fernsehen haben. Und über die peinlichste Situation in ihrem Leben.
watson: Das Auto gehört zu den Bereichen, die klischeemäßig immer noch männlich besetzt sind. Oder würdest du widersprechen?
Panagiota Petridou: Ich glaube, es gab da immerhin eine Entwicklung. Früher war das einfach so, dass vor allem Männer Auto gefahren sind und die Frauen daneben saßen. Und in den 70er Jahren gab es noch Lehrfilme im TV, die Frauen das Autofahren beibringen sollten. Darin hieß es, Frauen können kein Auto fahren, weil sie sich immer im Rückspiegel schminken und mit ihren High Heels nicht so gut ans Gaspedal kommen.
Du bist bekannt geworden als Deutschlands beste Autohändlerin. Wie ist es in der Branche als Frau?
30 bis 40 Prozent der Verkäuferinnen und Verkäufer sind weiblich. Das ist schon gut – wohingegen ich früher noch die einzige Frau war.
Aber reichen 30 bis 40 Prozent denn oder sollten wir im Jahr 2024 nicht weiter sein?
Ich fürchte, es wird immer so sein, dass die Frauen sich weniger für Technik interessieren als Männer. Das Gleiche ist es im Physikstudium, wo es auch immer noch weniger Frauen gibt. Das ist leider in vielen Bereichen noch so. Das ist einfach über Generationen gewachsen und ändert sich nicht von heute auf morgen. Aber es geht in die richtige Richtung, finde ich.
Auch in der Comedy hält sich bis heute das nervige Vorurteil, Frauen seien weniger lustig. Wie konterst du?
Ich glaube nicht, dass Humor ein Geschlechtsteil hat: Entweder du hast Humor oder nicht. Ich selbst bin da das beste Beispiel. Ich kann glücklicherweise sehr gut Witze erzählen. Dennoch ist es im Moment noch so, dass es in der Comedy weniger Frauen als Männer gibt. Aber auch hier werden es mehr.
Du brichst mit Autos und mit Comedy gleich mit mehreren Geschlechter-Klischees. Wie sind die Reaktionen des Publikums oder auf Social Media darauf?
Als ich angefangen habe mit Comedy, haben viele gefragt, worüber ich in meinem Programm eigentlich spreche. Ich glaube nicht, dass einen Michael Mittermeier irgendwann mal wer gefragt hat, worüber er spricht. Da geht man einfach hin, weil man erwartet, dass es witzig wird. Daher freut mich umso mehr, wenn ich nach meinen Shows sehr positives Feedback bekomme.
Worüber sprichst du denn?
Geschichten aus dem Autohaus, meine Anfänge im Fernsehen, die größten Blamagen vom roten Teppich. Ich habe viel erlebt, was auch für die Menschen im Publikum spannend ist.
Was war deine größte Blamage auf dem roten Teppich?
Als ich das erste Mal auf dem Deutschen Fernsehpreis war, war ich völlig überwältigt von dem Blitzlichtgewitter, den Scheinwerfern und der Prominenz. Dort wurde ich dann auch über den roten Teppich geschickt, wurde aber von keinem der Fotografen erkannt. Ich wurde mehrmals angeschrien von ihnen: "Wer sind Sie? Woher kennt man Sie?" Ich habe dann mehrmals meinen Namen zurück geschrien und erklärt: "Ich bin die Rostlaube."
Okay. Unangenehm.
Aber das war noch nicht das Problem. Denn direkt nach mir kam Sylvie Meis. Dann schwenkten natürlich alle Fotografen, die auch nur ansatzweise von mir ein Bild machen wollten, ihre Objektive sofort in ihre Richtung. Ein Fotograf hat mich angesehen – allerdings nur, um mich erneut anzuschreien: "Machen Sie endlich den Weg frei!" Das war die größte Blamage meines Lebens: wie mich Sylvie Meis auf dem roten Teppich mit ihren High Heels einfach zermatscht hat.
Klingt traumatisch.
Und vor mir auf dem Teppich war Frauke Ludowig. Ich habe mich gefühlt wie die überflüssige Gurkenscheibe im Cheeseburger.
Welche Unterschiede gibt es in der Unterhaltungsbranche zwischen Männern und Frauen?
Ich habe einmal ein Casting gemacht, da fand ich mich richtig gut. Alle haben sich totgelacht über mich. Meiner Agentur habe ich erzählt, dass ich den Job schon habe. Als ich ihn doch nicht bekommen habe, dachte ich wirklich, das kann doch nicht sein. Aber dann wurde mir klar: Die haben Angst vor starken Frauen. Ich war einfach zu gut. Da hat sich jemand, der auch dabei war, bedroht gefühlt. Das habe ich im Nachhinein auch erfahren.
Wenn man über die Unterhaltungsbranche und Gleichberechtigung spricht, kommt man an #Metoo nicht vorbei. Das war 2017. Was hat sich seitdem getan?
Die Menschen sind schon achtsamer bei dem Thema. Früher ist öfter mal ein flapsiger Spruch bei mir gelandet, das ist auf jeden Fall weniger geworden.
Gibt es die Gender Pay Gap deiner Meinung nach auch in der Unterhaltungsbranche?
Ich glaube, in der Unterhaltung kommt es vor allem darauf an, wie gut oder schlecht man verhandelt. Es gibt den Unterschied ganz bestimmt. Ich bin froh, dass ich persönlich das bisher noch nicht so erlebt habe.
Woran liegt das deiner Meinung nach?
Ich bin immer für mich eingestanden und lasse mir die Butter nicht vom Brot nehmen. Aber ich finde, dass es auch sehr, sehr viele Vorteile gibt, eine Frau zu sein.
Welche Vorteile haben Frauen?
Im Autohaus muss ich zum Beispiel nicht die Winterreifen in den Kofferraum schleppen. Da sagt der Kunde oft: "Das mach' ich selbst." Das würde bei männlichen Kollegen nicht passieren.
Frauen mit Kind haben es oftmals noch schwerer. Du bist 2022 Mama geworden. Nimmst du das auch so wahr?
Wenn Männer vier Wochen Elternzeit nehmen, ist das schon was ganz Besonderes. Bei Frauen ist hingegen normal, dass sie sich drei Jahre aus dem Beruf rausnehmen, um auf ihr Kind zu achten. Das ist leider ein großer Unterschied.
Wie habt ihr euch aufgeteilt?
Wir haben das Zuhause sehr modern gelöst. Das erste Jahr habe ich Elternzeit genommen, das zweite mein Partner. Und er kann gar nicht verstehen, warum das nicht jeder Mann so macht wie er. Für ihn war das das größte Geschenk, ein ganzes Jahr mit seinem Kind zu verbringen und es aufwachsen zu sehen. Und darüber hinaus hat er jetzt viel mehr Wertschätzung für die Arbeit, die ich tagtäglich so gemacht habe.