Heute neu bei Netflix: Düstere Haftbefehl-Doku kommt mit Trigger-Warnung
Aykut Anhan, wie Haftbefehl bürgerlich heißt, zählt hierzulande zu den einflussreichsten Rappern. Geboren wurde er 1985 in Offenbach. Dort machte er auch seine ersten Versuche als Rapper. Zu seinen Hits zählen "Chabos wissen wer der Babo ist", "Ich rolle mit meim Besten" oder "Lass die Affen aus'm Zoo".
In der neuen Doku "Babo – Die Haftbefehl Story", welche unter anderem von Elyas M'Barek produziert wurde, gibt es eine Antwort auf die Frage, was mit Haftbefehl wirklich los ist. Taumelnde Bühnenauftritte und plötzliche Absagen frustrieren seine Fans. Wie schlimm es um seine Drogensucht wirklich steht, wird jetzt erst klar.
"Babo – Die Haftbefehl Story": Darum geht es
Die Doku zeichnet das Leben von Rapper Haftbefehl nach und setzt sich das Ziel, zu ergründen, wer die Person dahinter überhaupt ist. Der Künstler ist Identifikationsfigur für viele junge Menschen, überzeugte mit dem Album "Russisch Roulette" (2014) aber auch bereits das Feuilleton.
Über zwei Jahre wird er mit der Kamera begleitet. Es wird ein düsteres Bild eines Menschen gezeichnet, der am Abgrund steht, geprägt von seinen traumatischen Erlebnissen auf dem Weg zum Erwachsenwerden. Auch bei den schlimmsten Szenen wird weiterhin die Kamera draufgehalten.
Dazu sagt Haftbefehl in der Doku selbst: "Die Realität ist das. Es muss ehrlich sein, Bro." Dazu zählt neben seinem Aufstieg nun mal auch sein ganz persönlicher Abstieg, der ihn fast das Leben gekostet hätte.
Trigger-Warnung in Haftbefehl-Doku auf Netflix
Zu Beginn der rund anderthalbstündigen Doku findet sich eine Trigger-Warnung. Darin heißt es: "Der folgende Film thematisiert Drogenmissbrauch, psychische Probleme und Selbstmord, was für manche Zuschauer verstörend wirken kann."
Und weiter: "Wenn du oder jemand, den du kennst, Probleme hat, findest du Hilfe unter 'wannatalkaboutit.com'." Warum es diese eindringliche Warnung gibt, wird schnell klar. So sieht man Haftbefehl zunächst, wie er sagt: "Weißt du, warum ich hier bin? Falls mir mal irgendwann was passiert, dass meine Geschichte richtig erzählt wird, aus meiner Sicht."
Genau diese Sicht und die eindringlichen Bilder zeigen den Star, der ein ganzes Musikgenre prägt. Umso erschütternder ist teils der körperliche Verfall aufgrund von jahrelangem Drogenkonsum. Der verstorbene Labelgründer und Rapper Xatar sagt in der Doku über Haftbefehl: "Er ist für mich mit Abstand die Nr. 1, die es je gab. Es gibt keinen krasseren Rapper." Und weiter:
Haftbefehl offenbart jahrelangen Kokainkonsum
Im Zuge seines turbulenten Mannheim-Auftritts im Jahr 2022 generierte er zahlreiche Schlagzeilen. Auf der Bühne hatte er einen Totalausfall. Danach sagte Haftbefehl "aus gesundheitlichen Gründen" seine Tour ab und erklärte: "Mein Körper braucht eine Pause."
In der "Babo"-Doku offenbart er: "Ich habe mit 13 angefangen, Kokain zu nehmen." Daraus wurden 25 Jahre. Seine bittere Erkenntnis: "Je mehr Geld man hat, umso mehr kokst man." Haftbefehl ging in die Klinik. Dazu erklärt er: "Ich habe acht Tage geschlafen. Acht Tage! Ich war fix und fertig. Ich bin aufgestanden, habe Tabletten bekommen und geschlafen."
Seine Familie leidet. Ehefrau Nina Anhan meint: "Die Bindung ist nicht mehr so krass zwischen uns. Das hat ganz arg nachgelassen, weil wir uns in letzter Zeit oft in die Haare kriegen. Haftbefehl hat schon einiges zerstört." Unter Tränen räumt sie ein: "Manchmal wünsche ich mir, ich hätte mein altes Leben zurück."
Sein Vater litt an Depressionen, nahm sich wie weitere Menschen aus seiner Familie das Leben. Genau diese Traumata prägen den Musiker bis heute.
Haftbefehl überlebt Überdosis
2023 hat Haftbefehl einen Auftritt in Frankfurt. Die Kamera begleitet ihn, bevor er auf die Bühne geht. Seine Anweisung lautet: "Falls ich aus der Nase blute, soll die Person, die ins Mikrofon redet, mir das sagen und danach gucken. Ich merke das nicht."
Haftbefehl zeigt sich tatsächlich mit blutender Nase, auch auf der Bühne. Eine der Folgen des Drogenkonsums. Haftbefehl muss wieder in die Notaufnahme. Er hat eine Überdosis Kokain. Der Rapper erzählt schonungslos:
Er überlebte und zog erst mal keine Konsequenzen. Haftbefehl sagt: "Dann bin ich raus und habe weitergemacht. Direkt weiter, zehn Gramm." Er fragt sich: "Wenn ich jetzt sterben würde, was wird bleiben? Wird Haftbefehl der Junkie bleiben oder wird Haftbefehl der Musiker bleiben?"
Fühlst du dich verzweifelt?
Telefonseelsorge: Unter 0800 – 111 0 111 oder 0800 – 111 0 222 erreichst du rund um die Uhr Mitarbeiter:innen, mit denen du sprechen kannst. Auch ein Gespräch via Chat oder E-Mail ist möglich.
Kinder- und Jugendtelefon: Der Verein "Nummer gegen Kummer" kümmert sich vor allem um Kinder und Jugendliche. Erreichbar montags bis samstags von 14 bis 20 Uhr unter der Rufnummer 116 111.
Krisenchat: Bei Krisenchat kannst du dich per Whatsapp rund um die Uhr an ehrenamtliche Berater:innen wenden. Das Angebot richtet sich an Menschen bis 25 Jahre.
Sein jüngerer Bruder Cem Anhan zog die endgültige Reißleine, sorgte dafür, dass er in einer Klinik in der Türkei behandelt wird. "Deinen eigenen Bruder einzusperren, ist wie einen Teil von dir einzusperren", sagt Anhan.
Im Laufe der Doku sieht der Rapper stark verändert aus, atmet immer wieder auffällig schwer, hustet, ist schwer zu verstehen.
Haftbefehls Worte lauten zum Schluss: "Ich wäre gestorben, wenn ich da nicht reingegangen wäre. Ich war schon praktisch tot. Ich habe gar nichts mehr mitbekommen."
Und weiter: "Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll. Diese Drogen verändern einfach alles. Die Seele leidet am meisten unter Kokain." Aufgeben komme nicht in Frage.
Ab dem 28. Oktober kann "Babo – Die Haftbefehl Story" bei Netflix in der Flatrate gestreamt werden – vorausgesetzt natürlich, es besteht ein aktives Abo. Da es sich um eine Eigenproduktion handelt, gibt es die Doku auch nur bei dem Streamingdienst.
