Die Corona-Inzidenzen sind in dieser Woche erneut in den dreistelligen Bereich gestiegen. Gleichzeitig gibt Gesundheitsminister Jens Spahn sich zuversichtlich: Geht es nach ihm, soll die epidemische Notlage Ende November auf nationaler Ebene auslaufen. Doch wie passt das zusammen?
Maybrit Illner diskutierte eben diese Frage am Donnerstagabend mit ihren Gästen und stellte selbst die thematische Frage: "Kein Schutz, keine Freiheit – Lockdown für Ungeimpfte?"
Während von einem Lockdown in der Sendung darüber hinaus keine Rede war, warnte Peter Tschentscher, der Erste Bürgermeister Hamburgs, dennoch vor den kommenden Monaten.
Entgegen der Einschätzung Jens Spahns sprach sich Tschentscher klar für eine erneute Auflage des Beschlusses zur epidemischen Lage aus. Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer hielt dagegen
Das waren die Gäste bei "Maybrit Illner" am 28. Oktober 2021:
Anstatt den Fokus auf Joshua Kimmich und seine vieldiskutierte Ablehnung einer Corona-Impfung zu legen, lenkte der SPD-Politiker Peter Tschentscher den Fokus auf die hohe Impfquote Hamburgs. 86 Prozent aller Erwachsenen seien in der Hansestadt bereits geimpft.
Prompt belegte er diese Zahl auch mit einem typisch-nordischen Sprachbild: "Mit den Impfungen haben wir einen Deich gegen die Flut aufgebaut."
Die nächsten Wochen, so der 55-Jährige, müssten zeigen, ob der Damm hält. Aus dieser vorsichtigen Haltung heraus sprach Peter Tschentscher (SPD) sich bei "Maybrit Illner" auch öffentlich dafür aus, die epidemische Notlage von nationaler Tragweite noch bis Ende 2021 zu verlängern.
Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer, der in der Corona-Pandemie für seine kontroversen Meinungen und politischen Alleingänge bekannt wurde, sah das anders: "Ich finde, dass die Balance zwischen Freiheit und Gesundheitsschutz gewahrt werden muss."
Der Grünen-Politiker sprach sich in der Sendung widerholt für "niedrigschwellige Angriffe" zur Kontrolle der Pandemie aus. Dazu zählten auch lukrative Impfangebote statt eines Impfzwanges durch die Hintertür. Dass die Entscheidungshoheit mit einem Ende der epidemischen Notlage auf Bundesebene auf die Länder übergehen könnte, befürwortete Palmer ganz in diesem Sinne.
Tschentscher, der sich an dieser Stelle noch einmal in die Diskussion eimischte, bezeichnete Palmers Vorschlag als den "zweitbesten Weg". Dieser, darauf wies Tschentscher hin, sei weniger rechtssicher, als der Beschluss, die nationale Notlage aufrecht zu erhalten.
Einfach gesagt: Entscheidet der Bund, die Notlage nationaler Tragweite zu kippen, so könnten die Gerichte auch etwaige und vielleicht notwendige Maßnahmen der Bundesländer auf Grundlage dieser Entscheidung kippen.
Der Erste Bürgermeister der Stadt Hamburg fügte hinzu: "Wir sind in den nächsten Wochen in einer schwierigeren Lage als im letzten halben Jahr."
Alena Buyx, Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, erkannte Widersprüche in den politischen Botschaften. Demokratische Freiheit ja, aber doch nicht bei stark steigenden Corona-Inzidenzen. Sie machte klar, selbst wenn die epidemische Notlage bundesweit aufgehoben werden sollte: "Es ist kein Freedom Day!"
Freiheit oder Sicherheit? In dieser Frage zeigten die Gäste bei "Maybrit Illner" keine einheitliche Position. In einer Sache jedoch stimmten sie überein: Booster-Impfungen für Menschen über 60 Jahren und besonders für Menschen in Pflegeheimen sollten so schnell wie möglich und auch langfristig organisiert werden.