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"Maischberger": Russischer Politiker wurde bedroht – "Putin ist gefährlich"

Von 2000 bis 2004 war Michail Kasjanow russischer Ministerpräsident.
Von 2000 bis 2004 war Michail Kasjanow russischer Ministerpräsident.bild: screenshot ard
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"Maischberger": Russischer Ex-Ministerpräsident rechnet mit Putin ab

22.06.2022, 06:14
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Die Ukraine könnte noch in dieser Woche EU-Beitrittskandidat werden. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich bei seinem Ukraine-Besuch dafür ausgesprochen. Einige sahen das als Trostpflaster. Denn konkrete Zusagen über weitere Waffen machte Scholz nicht.

Und als wäre der Krieg nicht Problem genug, rollt eine Corona-Sommerwelle heran. Sandra Maischberger bespricht die Themen mit folgenden Gästen:

  • Karl Lauterbach (SPD, Bundesgesundheitsminister)
  • Alexander Rodnyansky (Berater von Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj)
  • Michail Kasjanow (ehemaliger russischer Ministerpräsident)
  • Jürgen Becker (Kabarettist)
  • Helene Bubrowski (Parlamentskorrespondentin der "FAZ")
  • Stephan Stuchlik (ARD-Hauptstadtstudio)

Lauterbach stichelt gegen Marco Buschmann

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) muss Kompromisse machen.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) muss Kompromisse machen.bild: screenshot ard

Die Inzidenzen steigen wieder, nicht stark, aber erkenntbar. Corona kehrt mit der Sommerwelle zurück, und so meldet sich auch SPD-Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach wieder in der Öffentlichkeit. Sandra Maischberger zeigt ihm zur Begrüßung Bilder von maskenlosem Sommertreiben und fragt ihn, wie er das findet. "Das ertrage ich gut, die Leute wollen ja den Sommer genießen, der Herbst kommt schnell genug", sagt Lauterbach. Man müsse auch mal durchatmen.

Karl Lauterbach wurde in der Pandemie als Vertreter der vorsichtigen Linie bekannt. In der Ampel-Koalition machen vor allem die Minister der FDP das Durchsetzen seiner Ziele nicht immer leicht. "Politik besteht aus Kompromissen", das sei kein Geheimnis, sagt Lauterbach.

Nun beraten die Länder über seine "Corona-Herbststrategie". Lauterbach liebäugelt mit einer Maskenpflicht für Innenräume zwischen Oktober und Ostern. Justizminister Marco Buschmann (FDP) will erst einmal die Stellungnahme zur Überprüfung der bisherigen Corona-Schutzmaßnahmen vom Sachverständigenrat abwarten. Sie soll am 30. Juni vorliegen. "Das muss man respektieren. Der Justizminister legt großen Wert auf die Ergebnisse", sagt Lauterbach und schiebt nach, dass er selbst sich lieber über internationale Studien informiere. So wahrt man als Politiker äußerlich die Form und stichelt gleichzeitig elegant gegen einen Konkurrenten.

Doch neben der Maskenpflicht gelte es u.a. "eine wirklich gute Impfkampagne" zu entwickeln. Lauterbach ist für eine vierte Impfung für alle über 60-Jährigen, die Ständige Impfkommissin sieht die Altersgrenze derzeit noch bei 70 Jahren. Dazu sollten genauere Daten über Bettenauslastung und Patienten im Krankenhaus zur Verfügung stehen, die Pflegeeinrichtungen besser geschützt und bessere Behandlungskonzepte für Corona-Medikamente erstellt werden.

Lauterbach kritisiert Jens Spahn

Für die Fortführung der Corona-Tests schwebt Lauterbach eine Teilung der Kosten zwischen Bund und Ländern vor, man müsse man die Qualität und Seriosität der Anbieter stärker im Blick haben. "Sie wissen, ich kritisiere meinen Vorgänger nicht", leitet Lauterbach seinen kleinen Seitenhieb gegen Amtsvorgänger Jens Spahn (CDU) ein, "aber bei der Qualitätskontrolle der Tests da sind noch Reserven." Das müsse sein: "Damit man da nicht den Mollli mit uns macht."

Nachdem das Paul-Ehrlich-Institut neue Daten zu Impfnebenwirkungen veröffentlicht hatte, erschienen einige Berichte über Schäden und Nebenwirkungen durch die Impfung. Und auch Lauterbach erwähnte, dass das Post-Vac-Syndrom vorkommen könnte. "Es gibt Impfschäden, natürlich", sagt Lauterbach bei Maischberger. Zum Beispiel die Sinusvenenthrombose – aber die trete "eher selten" auf. Und auch das Post-Vac-Syndrom führe eigentlich nicht zu einer verminderten Leistungsfähigkeit wie manche Covid-Erkrankungen. "Nach allem, was wir derzeit wissen, ist es sehr selten und zum Zweiten viel weniger dramatisch, als wenn man Long Covid entwickelt."

Die Ukraine hat keine Wahl

Alexander Rodnyansky berät Ukraines Präsident Selenskyj.
Alexander Rodnyansky berät Ukraines Präsident Selenskyj.bild: screenshot ard

Das alles beherrschende Thema ist aber seit fast vier Monaten nicht mehr Corona, sondern der Ukraine-Krieg. Auch, wenn sich zuletzt eine gewisse Gewöhnung an die Kriegs-Nachrichten eingestellt hat. Sandra Maischberger fragt Alexander Rodnyansky, Berater von Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj, ob es in der Ukraine eine Kriegsmüdigkeit gebe. Eindeutige Anwort: nein. "In der Ukraine haben wir keine Wahl, wir müssen unser Land verteidigen." Sie hoffen sogar, abhängig von Waffenlieferungen, Ende August die Gegenoffensive beginnen zu können und am Ende auch den ganzen Krieg zu gewinnen. In Richtung des Westens sagt er auffordernd:

"Man darf sich vor einem ukrainischen Sieg nicht mehr fürchten als vor einer russischen Niederlage."
Alexander Rodnyansky

Mit Putin könne man keinen nachhaltigen Frieden schließen. "Russland unter Putin ist nicht an einem Frieden mit Europa interessiert. Die Ukraine verteidigt die europäische Friedensordnung." Rodnyansky glaubt nur an einen militärischen Sieg der Ukraine. Dann werde Russland zerfallen.

Auch die Sanktionen zeigten schon Wirkung, ist er sich sicher. Denn Russland versuche die Welt gerade mit einer Hungerkrise zur Rücknahme zu erpressen. "Das heißt, dass es wirksam ist." Rodnyansky wünscht sich vom Westen so bald wie möglich Sanktionen beim Gas. Es müsse ja kein kompletter Verzicht sein, für ihn seien auch Kompromisslösungen denkbar: zum Beispiel Strafzoll oder die Bezahlung der Gaslieferung auf ein Treuhandkonto. Ob Russland dieses Spiel mitmacht, ist allerdings mehr als fraglich.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte sich bei seinem Besuch in der Ukraine für den EU-Beitrittskandidatenstatus ausgesprochen. Und Rodnyansky betont zum Ende des Interviews, dass die Ukraine die Mitgliedschaft nicht sofort und nicht bedingungslos erwartet: "Wir sind bereit sein, auch die Arbeit zu leisten." Sie würden ein "ebenbürtiges Mitglied" sein wollen und kein "Katastrophenfall".

"Ein vollkommen anderer Putin"

Vier Jahre hatte Michael Kasjanow mit Putin eng zu tun.
Vier Jahre hatte Michael Kasjanow mit Putin eng zu tun.bild: screenshot ard

Den Krieg aus russischer Sicht sieht Michail Kasjanow. Er war von 2000 bis 2004 russischer Ministerpräsident und hat damals mit Putin zusammengearbeitet und sich dann der Demokratischen Opposition angeschlossen. "Ab dann wurde ich wurde praktisch ständig bedroht. Auf der Straße und in Restaurants angegriffen." Inzwischen hat er Russland verlassen, mit Beginn des Krieges und der Verschärfung der Zensur. Drei Mitglieder aus seiner Partei seien schon inhaftiert, ihnen drohen Strafen von bis zu 10 Jahren.

Putin selbst habe er "vor 18 Jahren zum letzten Mal gesehen". Der Präsident von heute sei "ein vollkommen anderer Putin", genauer gesagt ein KGB-Offizier mit "völlig verzerrtem Weltbild".

"Und zweifellos ist er gefährlich für die Bürger Russlands und aller anderen Staaten. Putin ist ein Feind des russischen Volkes."
Michail Kasjanow

Putin arbeite gegen die Weltordnung und werde von allein nicht damit aufhören. Jüngst habe er ja zum Beispiel Litauen gedroht. Allerdings glaubt Kasjanow fest an die Ukraine: "Mit diesem Kampfesenthusiasmus kann die Ukraine gewinnen." Sobald Russland auf die Verliererbahn gerät, werde Russland anfangen zu bröckeln.

Die Sanktionen 2014 nach der Annexion der Krim habe Putin nur "als Mückenstich" wahrgenommen, doch von den aktuellen Sanktionen sei Putin "geschockt" gewesen. Russland habe wirtschaftlich schon jetzt schon einen Zehnjahressprung rückwärts gemacht. Für Kasjanow steht fest: "Putin vernichtet unser Land."

Die EU als Trostpflaster

Maischbergers Kommentatoren Stephan Stuchlik, Helene Bubrowski und Jürgen Becker (von links).
Maischbergers Kommentatoren Stephan Stuchlik, Helene Bubrowski und Jürgen Becker (von links).bild: screenshot ard

Der Kabarettist Jürgen Becker nimmt alles nicht so ernst. Angesichts von Putins Hunger nach Landmasse zitiert er eine Statistik, nach der kleine Länder zufriedener machten. Er schlägt vor, Bayern von Deutschland zu trennen "dann wäre auch die Bundesliga wieder schön". Beim Krieg ist er, warum auch immer, sicher: "Es wird nicht ewig dauern." Und er wünscht sich eine internationale Wiederaufbauinitiative von den besten Architekten weltweit.

Die "FAZ"-Parlamentskorrespondentin Helene Bubrowski empfindet Scholz' Erklärung zum EU-Beitritt der Ukraine als "ein leeres Versprechen, weil damit erstmal nichts einhergeht". Man dürfe bei diesem willkommenen "Trostpflaster" statt mehr Waffen allerdings auch das "Frustrationsmoment" nicht unterschätzen, wenn sich Jahre nichts tut.

Stephan Stuchlik vom ARD-Hauptstadtstudio befürchtet, dass Russland den Donbass im Herbst besetzt haben könnte. Möglicherweise käme es dann zu Unstimmigkeiten zwischen dem Westen, der auf Verhandlung drängt und der Ukraine, die ihr gesamtes Staatsgebiet zurückerobern will. "Ich glaube, es wird irgendwo eine Waffenpause geben, und dann wird es eine große Debatte darüber geben."

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