Monsanto heißt jetzt Bayer – 5 Fakten zur Fusion (und warum die Natur darunter leidet)
07.06.2018, 09:5308.06.2018, 06:51
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Der Leverkusener Chemiekonzern Bayer übernimmt den US-Saatgutkonzern Monsanto. Und entsorgt dessen belasteten Namen. 63 Milliarden US-Dollar soll das
Vorhaben samt übernommener Schulden kosten, umgerechnet rund 54 Milliarden
Euro. Am Donnerstag wird der Deal vollzogen. Dann verschwindet der Firmenname Monsanto.
5 Fakten zur Übernahme: (Und warum das Ganze Bauern und Natur wenig bringt).
Wer ist nochmal Bayer?
Das Unternehmen wird 1863 von dem Unternehmer Friedrich Bayer und dem Chemiker Johann Friedrich Weskott gegründet. Schwerpunkt sind zunächst Farbstoffe, später kommen Medikamente wie das von Bayern entwickelte Aspirin hinzu.
Schaltet den Schmerz ab
Bild: ROPI
Fußballbundesligist Bayer Leverkusen ("Vize-Kusen") ging aus einer Betriebsmannschaft des Unternehmens hervor und wird von dem Konzern gesponsert.
Der Konzern mit Sitz in Leverkusen beschäftigt weltweit rund 100.000 Menschen. Der Umsatz (2017) liegt bei rund 35 Milliarden Euro. Schwerpunte sind
Pharma (Medikamente)
Consumer Health (Gesundheitsprodukte wie Salben)
Crop Science (Agrar)
Animal Health (Tierarzneimittel)
In die Kritik geriet der Konzern unter anderem, weil er Insektizide mit der Wirkstoffgruppe Neonikotinoide vertreibt, die im Verdacht stehen, das Bienensterben mitauszulösen.
Und wer war Monsanto?
Der US-Konzern,1901 gegründet, ist der derzeit weltgrößte Hersteller von Saatgut. Er beschäftigt rund 24.000 Mitarbeiter und erzielt einen Umsatz von 11,51 Milliarden Euro.
Das Image von Monsanto ist schwer
angeschlagen. Kritiker werfen dem US-Konzern ruppige Geschäftsmethoden vor, etwa beim Vertrieb von Saatgut.
Zudem steht Monsanto für sein Unkrautbekämpfungsmittel Glyphosat in der Kritik,
das Sammelkläger und einige Studien für krebserregend halten. Auch deshalb soll der belastete Name verschwinden.
Das Monsanto-Management habe selbst schon in der Vergangenheit erwogen, den Konzernnamen zu ändern, um das Image des Unternehmens zu verbessern, sagte Bayer-Manager Liam Condon.
Monsanto fliegt nun aus dem US-Börsenindex S&P raus, dafür nimmt nach dem Abschluss der Übernahme am Donnerstag der Konzern Twitter den Platz ein ein. Der Twitter-Kurs stieg kräftig an.
Twitter hat schon mal gewonnen
Warum die Übernahme oder ist Größe wirklich alles?
Mit dem Kauf steigt Bayer zum Weltmarktführer bei Saatgut
und Pflanzenschutzmitteln auf. Zudem treibt der Konzern damit seine Ausrichtung
als ein reines Life-Science-Unternehmen voran. Nach eigenen Angaben wird der Konzern nach der Übernahme rund die 45 Milliarden Euro erzielen, davon rund 20 Milliarden Euro im Agrarbereich. Fast so viel wie mit Pharma.
Bayers Agrarmanager Condon setzt auf Menge und auf Forschung
Von dem Zusammenschluss erwartet Bayer ab 2022 Einsparungen
in Höhe von 1,2 Milliarden Euro jährlich. Einen Schub soll außerdem die
Entwicklung bekommen. Beide Konzerne gaben im Vorjahr rund 2,4 Milliarden Euro für Forschung und Entwicklung aus.
Finanziert wird der Deal über die Ausgabe neuer Aktien und über Kredite.
Weil Bayers Verschuldung zudem durch den milliardenschweren Zukauf deutlich steigt, senkte die Ratingagentur S&P) aber ihr Langfrist-Rating für die Bonität des Konzerns um zwei Stufen von A- auf BBB, wie sie mitteilte.
Die Kritik ist zum einen ökonomischer Natur. Viele Aktionäre fürchten, dass andere
Geschäftsbereiche zu kurz kommen und Bayer die Probleme im Tagesgeschäft aus
den Augen verliert. "Die mit dieser Transaktion gebundenen Ressourcen fehlen
Bayer an anderen Stellen", sagte etwa Hendrik Schmidt von der Fondsgesellschaft
DWS auf der Hauptversammlung des Dax-Konzerns vor wenigen Wochen.
Ähnliche Kritik kam dort von der Fondsgesellschaft Union
Investment. "Das Bayer-Management ist jetzt nicht nur bei der Übernahme von
Monsanto gefragt, sondern kämpft an vielen Fronten", sagte Portfoliomanager
Ingo Speich.
Auch Umwelt- und Naturschutzverbände sowie Grüne kritisieren die Übernahme.
Der Grünen-Europaabgeordnete Martin Häusling sprach von einem "Monster-Deal":
"Es ist nachvollziehbar, dass Bayer vermeiden will, mit den für die Übernahme ausgegebenen Milliarden auch noch das negative Image von Monsanto mit eingekauft zu haben"
Dirk Zimmermann von Greenpeace
Letztlich sei es aber "für die von den
negativen Auswirkungen betroffenen Landwirte, Verbraucher und die Umwelt" irrelevant, unter welchem Namen "die gefährliche Marktmacht von immer
weniger, immer größeren Konzernen zementiert wird".
Für den Bund für Umwelt und
Naturschutz Deutschland (BUND) forderte Heike Moldenhauer Bayer auf, den
Verkauf glyphosathaltiger Produkte zu stoppen und "seine Lobbyaktivitäten zur
Deregulierung neuer Gentechniken" einzustellen. Ein EU-Verbot des
Pfflanzengift, das im Verdacht steht Krebs auszulösen und wegen seiner Wirkung
auf Insekten in der Kritik steht, scheiterte im Vorjahr am positiven Votum von Agrarminister
Christian Schmidt, CSU, in Brüssel.
Bayer-Chef Werner Baumann versicherte,
der Konzern werde die "höchsten ethischen Standards" hochhalten. So
veröffentliche der Konzern beispielsweise bereits Gutachten über seine
Pflanzenschutzprodukte,
Epilog: Und warum das Ganze
Die Weltbevölkerung wächst bis 2050 auf (geschätzte) zehn Milliarden
Menschen. Der Agrarmarkt verspricht da ein lukratives Geschäft zu werden.
Und ein volatiler Markt.
Wetterkapriolen, verändertes
Verbraucherverhalten - der Preis für landwirtschaftliche Produkte ist
schwankungsanfällig.
Gefährlich für die Bauern.
Seit Jahren tobt auf dem Agrarmarkt eine Übernahmeschlacht.
Noch vor drei Jahren wollte Monsanto den Schweizer Konzern Syngenta übernehmen,
das scheiterte. Nun ist Monsanto selbst ein Übernahmeopfer und verschwindet vom
Markt.
Übrig bleiben fünf große Spieler:
der neue Riese Bayer (Agrarumsatz 19,7 Mrd. Euro)
Das Schweiz-China Duo Syngenta/Chemchina (Agrarumsatz 14,1 Mrd. Euro)
der US-Gigant Corteva (Fusion aus Dow
Chemical und DuPont) (Agrarumsatz 12,7 Mrd. Euro)
der Pfälzer Klops BASF (Agrarumsatz 7,9 Mrd.
Euro)
der Scheinriese FMC (Agrarumsatz 3,4 Mrd. Euro)
Saatgut, Pflanzenschutzmittel – der Landwirt ist abhängig
von wenigen Konzernen, die den Preis bestimmen können. Ökonomen sprechen von einem klassischen
Oligipol.
Was bringt’s? Wenig für die Bauern. Noch weniger für die
Natur.