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Corona trotz Impfung: Wie gut sind wir auf Omikron vorbereitet?

Menschen mit Drittimpfung sind künftig von der Testpflicht der 2G Regel ausgenommen.
Menschen mit Drittimpfung sind künftig von der Testpflicht der 2G Regel ausgenommen.Foto: getty
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Corona trotz Impfung: Wie gut sind wir auf Omikron vorbereitet?

15.12.2021, 18:1716.12.2021, 11:00
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Es wirkt wie ein nie enden wollender Kreislauf: Kaum war die Bevölkerung zum Großteil gegen das Coronavirus geimpft, inklusive Schutz gegen die Delta-Mutante, schon kommt die Omikron-Variante des Virus, die noch ansteckender ist als Delta, und unseren Impfschutz besser durchbrechen kann. Die Pharmakonzerne forschen derzeit emsig an einem neuen, an die Omikron-Variante angepassten Impfstoff. Es wird wohl aber noch ein wenig dauern, bis damit tatsächlich geimpft werden kann.

Das Tempo der Impfstoff-Entwicklung unterscheidet sich je nach Impfstofftechnologie zwischen sechs Wochen und einigen Monaten. Bei mRNA-Impfstoffen wie Biontech oder Moderna ist eine Umstellung kurzfristig möglich, bei Vektorimpfstoffen wie Astra Zeneca und Johnson & Johnson dauert es länger. Denn hier müssen zunächst neue Viren gezüchtet werden, was die Entwicklungszeit auf etwa drei bis vier Monate verlängert, sagen der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) Klaus Cichutek und die Hamburger Impfforscherin Marylyn Addo bei einer Pressekonferenz des Science Media Centers. Ist der Impfstoff entwickelt und zugelassen, braucht die eigentliche Produktion noch weitere sechs Wochen.

Insgesamt sollte es bei den mRNA-Impfstoffen von der Entscheidung zur Anpassung bis zur Bewilligung laut österreichischem Sender "ORF ON Science" drei bis vier Monate dauern. Bei Vektorimpfstoffen vermutlich einen Monat länger. Das bedeutet, die angepassten Impfstoffe könnten frühestens im späten Frühjahr 2022 fertig sein, spätestens aber im Herbst.

Neuer Protein-Impfstoff kurz vor EU-Zulassung

Für Aufsehen sorgt derzeit die Entwicklung von Protein-Impfstoffen gegen das Sars-Cov2-Virus. Der US-Hersteller Novovax sowie der französische Pharma-Produzent Valneva stehen laut "Focus"-Berichten kurz vor einer Zulassung in der EU. Dabei werden den Patienten tatsächliche Bestandteile des echten Sars-Cov2-Virus injiziert. Novavax verwendet dafür ein Spike-Protein, das künstlich im Labor gezüchtet wurde, Valneva hingegen injiziert gleich das ganze Sars-Cov2-Virus. Bei dieser Variante wird das Virus im Labor aus Zellen gezüchtet, die aus den Nieren von Grünen Meerkatzen stammen. Die Viren werden am Ende der Herstellung allerdings deaktiviert, bevor sie gespritzt werden.

Da die Herstellung der neuen und angepassten Impfstoffe noch dauert, raten Politik und Wissenschaft zur Booster-Impfung mit einem der zugelassenen Impfstoffe, da sie zwar keinen hundertprozentigen, aber dennoch einen guten Schutz gegen die Infektion mit Omikron, vor allem aber gegen schwere Verläufe bieten. Einen zusätzlichen Anreiz zur Auffrischungsimpfung gibt es nun auch. Auf der Konferenz der Gesundheitsminister am Dienstag wurde beschlossen, dass die 2G Plus-Regel für geboosterte Menschen künftig nicht mehr gilt. Heißt konkret: Die Testpflicht für Menschen mit Drittimpfung entfällt.

Watson hat mit dem Leipziger Epidemiologen Markus Scholz darüber gesprochen, ob und wie wir endlich aus diesem Teufelskreis herauskommen, ob die Rücknahme der Testpflicht für Geboosterte sinnvoll ist und was uns durch die Omikron-Variante noch bevorsteht.

Da die Datenlage zu Omikron noch relativ dünn ist, ist es auch für Experten schwer, genaue Prognosen für den weiteren Verlauf zu treffen. Durch die schnelle Ausbreitung der Variante weltweit geht Markus Scholz von einer baldigen Verdrängung der Delta-Variante aus:

"Die Daten aus Südafrika und Großbritannien legen aber nahe, dass die Omikron-Welle in puncto Ausbreitungsgeschwindigkeit alles übertreffen könnte, was wir bisher gesehen haben. So schnell werden dann auch kaum Gegenmaßnahmen greifen. Nach aktueller Datenlage stellen nur Boosterimpfungen beziehungsweise frische Zweitimpfungen einen ausreichenden Schutz vor Infektion mit Omikron dar."

Noch unsicher ist, wie der klinische Verlauf des Omikron-Virus ist. Einige erste Erkenntnisse gehen von einem asymptomatischen, milderen Verlauf aus. Die Daten für eine genaue Einordnung fehlen derzeit noch, könnten jedoch bald am Beispiel Großbritannien gewonnen werden. "In Großbritannien sehen wir aktuell Verdopplungen von Omikron alle zwei Tage", sagt Scholz. Bei uns ist die Lage noch etwas besser, da derzeit noch mehr Einschränkungen bestünden. Andererseits wisse man aktuell nicht genau, wie viele Omikron-Fälle es in Deutschland schon gibt. "Selbst unter optimistischen Annahmen ist damit zu rechnen, dass Omikron die Delta-Variante innerhalb eines Monats weitgehend verdrängen wird."

Regelmäßiges Impfen als einziger Weg aus der Krise

Doch wann können wir damit rechnen, dem Corona-Virus endlich einen Schritt voraus zu sein? Der Immunologe Carsten Watzl sagte in der WDR-Sendung "Hart aber fair": "Wenn wir die Impflücke nicht schließen, werden wir im nächsten Winter das gleiche Problem haben." Diese Aussage sieht der Epidemiologe Markus Scholz zwiespältig. Zwar sei bei der Omikron-Variante "damit zu rechnen, dass sich Genesene erneut anstecken können", im nächsten Winter wäre diese Varianten-Welle dann aber schon durch. Ob noch weitere Wellen auftreten, sei im Moment reine Spekulation. "Es ist aber durchaus vorstellbar, dass regelmäßige Booster-Impfungen oder neue Impfstoffe vor jeder neuen Saison erforderlich sind, um sich auf neue Varianten einzustellen – wie bei der Grippe auch", so der Experte.

Künftig sei es also wahrscheinlich nötig, die Corona-Impfung regelmäßig zu erneuern: "Wir müssen Impf- beziehungsweise Auffrischungskampagnen rechtzeitig vor jeder Saison einplanen, damit die Corona-Lage über den Winter beherrschbar bleibt", so Scholz mit Blick auf die Zukunft.

Einen Weg aus der Krise sieht der Epidemiologe nur durch genügend Impfungen, da auch die bisherigen Corona-Vakzine einen gewissen Schutz bieten: "Die aktuellen Impfstoffe helfen auch gegen Omikron", so Scholz gegenüber watson. Deshalb mache es Sinn, im Kampf gegen Covid-19 die Impfquote weiter zu erhöhen. Aktuell laufe auch die Boosterkampagne zufriedenstellend, "auch wenn diese deutlich zu spät startete und nun ein Mangel an Impfstoff besteht."

"Ganz logisch ist diese Einschränkung nicht, da auch frisch Zweitgeimpfte einen hohen Schutz haben."
Epidemiologe Markus Scholz zum Erlass der 2G-Regel für Geboostertegegenüber watson

Die Testpflicht nur für Booster-Geimpfte abzuschaffen, findet Scholz allerdings nur schwer nachvollziehbar. Denn die Boosterimpfung schütze aktuell zwar gut gegen Infektionen, aber: "Der Schutz ist auch nicht perfekt und wird voraussichtlich mit der Zeit auch wieder abnehmen. Ganz logisch ist diese Einschränkung nicht, da auch frisch Zweitgeimpfte einen hohen Schutz haben", sagt er watson. Somit müssten auch diese den Vorteil beanspruchen dürfen, von der Testpflicht ausgenommen zu werden.

Eine gute Nachricht zum Schluss gibt es dennoch: Die hohe Saisonalität wird nach Einschätzung des Experten aller Voraussicht nach für eine deutliche Entspannung mit Beginn des Frühjahrs sorgen. Die Frage bleibt aber: Wird es nur eine Verschnaufpause oder die Ziellinie in der Pandemie?

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