Es war eine spontane Idee während eines Mitarbeitergesprächs. Unser Volontär und ich hatten uns zum vierteljährlichen Update zusammengesetzt, der Kollege sprach über Ideen, Eindrücke und die Frage, wie wir es schaffen, dass die jungen, etwas unerfahreneren Mitglieder unserer Redaktion ihre Meinungen und Gedanken mit dem Rest des Teams teilen können.
Nun ist es bei watson nicht so, dass wir das Problem eines zu alten Teams hätten. Unsere Redaktion ist eine der jüngsten Deutschlands, wir sind im Durchschnitt 29 Jahre alt. Die älteste Person bin ich, mit 40 Jahren.
Doch natürlich haben auch bei uns die Allerjüngsten einen anderen Blick auf die Dinge als die etwas Älteren. Auf Arbeitsweisen, den Job, die Ansprüche an die eigenen Aufgaben, aber auch auf Themen, die ein Newsportal für junge Menschen beackern sollte.
Und gerade weil wir eine Zielgruppe haben, die im Kern zwischen 18 und 35 Jahre alt ist, ist es für uns besonders wichtig, den jungen Menschen im Team ganz genau zuzuhören. Denn wer soll besser wissen, was eine 22-Jährige interessiert, als die 22-Jährige selbst?
Wir sprachen über Kommunikation, Redaktionskonferenzen, Raum für Feedback. Und machten einfach Nägel mit Köpfen: In der ganzen Welt gibt es Ältestenräte oder den "Rat der Weisen". Bei watson gibt es ab sofort den "Rat der Jüngsten".
Er setzt sich zusammen aus allen Volontär:innen, Werkstudierenden und Praktikant:innen. Im nächsten Schritt stoßen noch die jüngsten Redakteur:innen dazu. Sie treffen sich alle zwei Wochen und diskutieren. Was läuft gut? Was läuft schlecht? Was würden sie gerne anders machen?
Im Kern erhoffen wir uns Input auf zwei Ebenen: der inhaltlichen und der organisatorischen.
Wir wollen gerade den jungen Kolleg:innen bewusst zuhören, was sie gut an unserem Portal finden und was nicht. Schon zweimal hat die Gruppe "Tops & Flops" in die Redaktionskonferenz mitgebracht, erläutert, welche Themen sie in ihren Diskussionen als besonders gut oder als etwas unpassend empfunden haben.
Doch der "Rat der Jüngsten" soll auch aufs größere Bild schauen: Ist unsere Homepage gut durchmischt? Bebildern wir die Artikel passend? Treffen wir die Tonalität, die wir uns wünschen?
Der zweite große Punkt sind die Arbeitsweisen. Andauernd diskutiert man in Deutschland über die Gen Z, ihre Arbeitsmoral, ihre vermeintlichen Sonderwünsche. Ich habe mittlerweile mehrfach in dieser Kolumne geschrieben, dass ich einige Beobachtungen teile, aber von vielen Klischees nichts halte.
Ja, die Gen Z stellt mehr Ansprüche als andere Generationen, aber die Jüngsten in meinem Team sind weder faul noch egoistisch. Im Gegenteil. Ich habe selten eine Gruppe gesehen, die so viel Lust auf ihren Job hat und in der Teamspirit so gelebt wird, wie in der watson-Redaktion.
Es ist selbstverständlich, dass jede Person ihr Arbeitsumfeld unterschiedlich bewertet. Auch im Büro sind wir Individualist:innen. Der "Rat der Jüngsten" soll die Chance bieten, dass sich die jungen Kolleg:innen in einem organisierten Rahmen über ihre Empfindungen sprechen. Und abgleichen können, ob ihnen ähnliche Dinge als besonders positiv oder negativ auffallen.
Und genau dieses Feedback kann und wird der Chefredaktion und den Teamleads helfen, den Kolleg:innen ein Arbeitsumfeld zu bieten, auf das sie langfristig Lust haben.
Ebenso wie die Tatsache, dass die Jüngsten erkennen, dass wir ihre Meinung ernst nehmen, ihnen zuhören, nicht über ihre Köpfe hinweg Dinge entscheiden.
Wir werden als Führungskräfte beweisen müssen, dass wir aus dem Feedback die richtigen Rückschlüsse ziehen. Denn klar, der "Rat der Jüngsten" kann nichts entscheiden, sondern nur seine Meinung sagen.
Gleichzeitig werden wir Erwartungsmanagement betreiben. Nicht jede Kritik führt sofort zu Veränderungen, nicht aus jedem Wunsch wird Realität. Doch selbst wenn wir Dinge nicht verändern können oder wollen, hilft es fürs gegenseitige Verständnis, die Sorgen und Nöte zu kennen. Und im Zweifel wenigstens detailliert zu erklären, warum wir tun, was wir tun.
Der "Rat der Jüngsten" ist ein Versuchsballon. Gerade bin ich mir sehr sicher, dass das eine verdammt gute Idee war.