In den Charts der erfolgreichsten Podcasts auf Spotify liegen derzeit drei True Crime-Produktionen alleine in den Top Ten. Auch an der Menge der vielen Podcasts, Video-Kanäle und TV-Shows sieht man: Die Menschen kriegen nicht genug von Verbrechen, die auf wahren Begebenheiten basieren.
Was, wenn allerdings letzteres gar nicht zutrifft: wenn die True-Crime-Geschichten gar nicht true sind, und mehr noch: wenn sie nicht einmal von Menschen stammen, sondern KI-generiert sind – ohne KI-gekennzeichnet zu sein?
Genau das ist offenbar längst gängig. Schon im Februar dieses Jahres wies "404media" auf einen Youtuber hin, der täglich um die zwei Videos auf seinen Kanal lud, in denen er mithilfe von KI "True Crime"-Geschichten erzählte, die weder wahr noch KI-gekennzeichnet waren.
Seine Videos wurden millionenfach aufgerufen, bis Youtube den Account als Folge der Recherche sperrte. Generell müssen KI-generierte Werke immer als solche gekennzeichnet sein. Auch bei Youtube widerspricht es den Richtlinien. Ist dies nicht der Fall, wird der Account gesperrt.
Wie eine "Golem"-Recherche nun jedoch zeigt: Die Richtlinien auf Youtube sorgen nicht annähernd dafür, dass auch wirklich keine KI-Videos ohne Kennzeichnung dort hochgeladen werden. Zwar löscht die Plattform einzelne Clips, die von User:innen gemeldet werden, doch gegen die schiere Menge an solchen Videos kommt Youtube offenbar nicht an.
Wie es in der "Golem"-Recherche außerdem heißt, ist die fehlende Kennzeichnung der unwahren KI-Videos jedoch nicht das einzige Problem: Ein Großteil der blutrünstigen Clips zeigt männliche People of Color als die Täter innerhalb der Geschichten.
Dass die Vergehen, die in True-Crime-Formaten beleuchtet werden, oft auf männliche Täter zurückzuführen sind, entspricht der Realität.
Der Fokus auf Menschen mit Migrationshintergrund ist hingegen losgelöst von tatsächlichen Statistiken und festigt somit nicht belegte Vorurteile. Durch den ständigen Konsum solcher Videos könne dieser Prozess auch schleichend und unbemerkt geschehen.
Aber noch eine andere Sache wird durch die künstlich generierten Videos befeuert. Während ursprünglich das True-Crime-Format dazu dienen sollte, bei offenen Fällen zur Aufklärung beizutragen, wie es etwa bei "Aktenzeichen XY ... ungelöst" der Fall ist, wurde dieser Ansatz im Laufe der vergangenen Jahre mehr und mehr verschoben.
Zwar wird in vielen Podcasts und Sendungen dieser Anspruch noch immer zumindest mitgedacht, doch dienen viele Formate inzwischen der reinen Unterhaltung. Die besagten KI-Videos befeuern dies dadurch, dass sie bei den Geschichten auf besonders harte Brutalität setzen, und diese möglichst detailliert wiedergeben.
Gegenüber "Golem" distanzieren sich Hosts des traditionellen True-Crime-Formats von der neuartigen Herangehensweise, insbesondere wenn diese auch noch auf KI basiert. Seriöse Produktionen, die zur Aufklärung beitragen sollen, würden unter dem Wandel leiden, der zur schwerstmöglichen Grausamkeit als reine Unterhaltung tendiert.