Was kommt zwischen "Wir müssen reden" und "Lass uns Freunde bleiben"? Richtig! Die Phrase "Es liegt nicht an dir, sondern an mir." Unter all den Sätzen, die man sich aussuchen könnte, um sich von einer ehemals geliebten Person zu trennen, rangiert ebenjener wohl immer noch auf Platz Eins.
Was zur Hölle soll das eigentlich bedeuten? Und warum gibt es nichts Schlimmeres, als diese vage Ansage im Liebes-Aus verstoffwechseln zu müssen? Wir sprachen darüber mit Christian Hemschemeier.
Er ist Psychologe und Paartherapeut, coacht auch in Online-Kursen und sagt: "Dieser Satz wird tatsächlich immer wieder in Trennungs-Situationen gebraucht."
Er findet die Phrase auch gar nicht so schlimm: "Der Satz kommt immer rüber als bindungsängstlich, aber er hat eigentlich einen guten Ansatz", sagt der Psychologe sogar:
Stattdessen sagt man eben, genau das, was den Tatsachen entspricht, sagt Hemschemeier, und das ist: "Eigentlich hast du keinen Fehler gemacht, aber ich will trotzdem nicht mehr mit dir zusammen sein."
Wer gerade abserviert wurde, dem fällt es schwer, das so hinzunehmen. Allein Google wirft über 80 Millionen Antworten auf die Frage nach der Bedeutung dieses Satzes aus.
Christian Hemschemeier bleibt jedoch dabei: "Dieser Satz ist genauso gemeint, wie er gesagt wird. An dir ist nichts falsch, aber ich liebe dich trotzdem nicht."
Warum ist es so schwer, eine "grundlose" Trennung zu akzeptieren? Ist "Ich liebe dich nicht" nicht Grund genug? Wollen wir beim Verlassen werden etwa auch noch eine negative Kritik unserer selbst hören?
"Nein! Niemand will das", sagt Hemschemeier deutlich. Er selbst hätte in der Therapie schon einmal genau diese Fragen in den Raum gestellt: Inwiefern würde dir eine "Mängelliste" helfen, abzuschließen? "Ich habe noch keine gute Antwort darauf bekommen", sagt der Therapeut.
Wer Feedback wünscht, um sich entsprechend zurechtzubiegen, ist auf dem Pfad der vergebenen Liebesmüh, warnt er:
Es liegt nicht an dir, sondern an mir, "trifft es in solchen Momenten ziemlich gut", sagt der Therapeut dazu. Sich rationale Argumente dafür ausdenken zu müssen, warum die Emotion nicht mehr stimmt, ist müßig.
Doch warum regt uns dieser Satz dermaßen auf, wenn er eigentlich respektvoll ist? "Unser Ego wird immer gekränkt, wenn sich jemand trennt", sagt Hemschemeier, "Deswegen finden wir alle Sätze doof, die uns abservieren."
Das sei "ein Selbstwertthema", der oder die Verlassene zweifelt sofort: Bin ich nicht gut genug? "Dann geht das Grübeln los", erklärt der Therapeut. Der Adressat bleibt nach einem solchen Satz hilflos zurück, ohne die Möglichkeit, entgegenzuwirken. Das ist schwer zu ertragen. Vor allem, weil man nicht einmal richtig wütend auf das Gegenüber sein kann. Doch es gäbe auch keine Formulierung, die weniger wehtäte.
"Wir sind nicht kompatibel", ist laut Hemschemeier eine etwas abgeschwächte Version der "Liegt-nicht-an-dir"-Variante. Helfen tut die aber genauso wenig, führt der Psychologe aus:
So schwer es ist. Wenn dieser Satz fällt, ist es Zeit, zu gehen. Im Prinzip ist es nämlich auch egal, ob dahinter "nur" unterschiedliche Interessen, Bindungsangst oder eine andere Person stecken. Das Ergebnis bleibt gleich: Dieser Mensch will nicht in einer Liebesbeziehung mit dir sein.
Anstatt sich (und die andere Person) nun mit der Frage zu malträtieren, was man anders hätte machen können, gilt es also loszulassen, auch für das eigene Seelenheil. Hemschemeier: "Sich krampfhaft verändern zu wollen, um jemanden zu halten, ist nicht ratsam."
Und auch völlig unnötig. Denn genau das, was mit der einen Person nicht gepasst hat, kann exakt das Richtige sein – nur eben für einen anderen Menschen.