Es gibt wenige Entscheidungen im Leben, die endgültig sind, egal, wofür man sich entschließt. Eine davon ist die Kinderfrage.
Entscheidet man sich für Kinder, müssen diese versorgt und geliebt werden, auch wenn Ängste und Stress über den Kopf wachsen. Entscheidet man sich gegen Kinder, zementiert irgendwann das Alter diesen Entschluss, auch wenn späte Reue eintreten sollte.
So oder so kann man falsch liegen. Denn niemand weiß wirklich, wie es sich anfühlt, eigene Kinder zu haben, bis sie auf der Welt sind. Komplizierter wird das nur dadurch, dass in Liebesbeziehungen mindestens zwei Menschen zusammenkommen, die nicht dasselbe über dieses Thema denken müssen.
Was tun, wenn eine Person in der Liebesbeziehung irgendwann Kinder möchte, die andere aber jetzt schon weiß, dass das niemals infrage kommt? Lohnt es sich, dranzubleiben? Die eigene Haltung zu überdenken? Oder ist der Kinderwunsch zu entscheidend – sollte man lieber direkt Schluss machen?
Wir fragten bei Nina Grimm nach. Sie ist Familienpsychologin und Bestsellerautorin, lebt und arbeitet von Freiburg aus und kennt sich gut mit Fragen der Familienplanung aus.
"Das kommt auf dich an", sagt sie. Sollte man also tatsächlich im Zweifelsfall Schluss machen, wenn die Familienplanung auseinanderdriftet? "Wenn du einen klaren Kinderwunsch hast: ja."
Denn dann "stimmen die Zukunftsperspektiven einfach nicht überein – und das ist keine gute Prognose für eine langfristig glückliche Beziehung", erklärt sie.
Es geht dabei schließlich nicht um eine verhandelbare Frage, sondern tiefe Lebensbedürfnisse. Wer kein Kind möchte, hat das Recht dazu. Andersrum aber auch. Kompromisse sind bei diesem Thema nicht möglich, weswegen Nina Grimm anhand eines Beispiels sagt:
Schuldzuweisungen, Groll und Enttäuschung lauern in der Zukunft, wenn eine Person sich aus Liebe zu stark verbiegt. Das ist früher oder später tödlich für Partnerschaften.
"Lass los und öffne dich für neue Partner:innen, die eine ähnliche Vorstellung von der zukünftigen Lebensführung haben wie du", rät die Therapeutin. Anstatt zu hoffen, dass sich das Gegenüber umstimmen lässt, gilt es, jemanden zu finden, der deine Vision von Zukunft teilt.
"Es lohnt sich, darüber frühzeitig zu sprechen und einen Match zu screenen", sagt Nina Grimm deshalb. So erspart man sich viel Kummer im Nachgang.
Denn natürlich ist es nicht leicht, jemanden zu verlassen, den man liebt, nur weil ein potenzielles Baby, das man noch nicht einmal kennt, die Geister scheidet.
"Das muss nicht beim ersten Date und super cringe sein", entwarnt die Expertin. "Betrachte es in derselben Kategorie wie die Frage: Bist du Fleischfresser oder überzeugter Veganer?"
Wir würden uns auch nicht schämen, das zu fragen. Und warum ist es eigentlich peinlich, einen Kinderwunsch oder die Abwesenheit dessen zu thematisieren? Die sogenannte "K-Frage" muss nicht so emotional aufgeladen sein, wie sie oft verhandelt wird.
Nina Grimm rät, sich das Veganismus-Thema als Vergleich zu nehmen:
Daher: Wenn du ganz sicher irgendwann Mutter oder Vater sein willst, du dir ein Leben ohne Nachwuchs nicht vorstellen kannst, steh' dazu. Schnürt dir aber allein der Gedanke an Babys den Hals zu, weil du unabhängig andere Lebensziele verfolgen willst, gilt das ebenfalls.
Die Königsklasse ist es dann nur noch, den Wunsch der anderen Person nicht abzuwerten, auch wenn du es nicht verstehst. Es ist nicht an dir zu entscheiden, ob es "egoistisch" ist, keine Kinder zu wollen, oder "narzisstisch", sich welche zu wünschen. Niemand verdient verletzende Kommentare über Lebensentscheidungen.
Wichtig ist, die eigene Zukunftsvision zu kommunizieren und das Gegenüber in Sachen Familienplanung weder hinzuhalten noch unter Druck zu setzen. Eine ehrliche Ansage wäre auch, dass du dir Kinder zwar generell vorstellen kannst, aber nicht in den kommenden zehn Jahren.
Alles ist besser, als sich in eine Liebesbeziehung ohne Zukunft zu verlaufen und dann irgendwann in großer Trauer gehen zu müssen. "Deswegen sprich beim nächsten Partner ganz natürlich und gerne frühzeitig darüber", sagt Nina Grimm abschließend.