Seit gut einem Monat ist der Tiktok-Shop auch in Deutschland am Start. Zeit für ein erstes Zwischenfazit: Wie schlagen sich Marken wie Nivea, Hitschler oder Newcomer wie Miralina?
Der Launch am 31. März verlief laut E-Commerce-Experte Alexander Graf "erwartungsgemäß dynamisch, aber nicht ohne Herausforderungen", heißt es bei der "Lebensmittelzeitung". Besonders kleinere Marken und Influencer-nahe Brands konnten schnell profitieren. Etablierte Player hingegen taten sich schwer: Die Plattform sei technisch unausgereift gewesen, der Support ausbaufähig, Zahlungs- und Versandprozesse oft kompliziert.
Konkrete Umsatzzahlen nennt Tiktok nicht. Ein erster Anhaltspunkt kommt von der Influencer-Agentur Enkime: Rund 500 Creator haben seit Start über 5.000 Bestellungen generiert – mit einem GMV (Bruttowarenwert) von über 100.000 Euro. Der durchschnittliche Wert im Warenkorb beträgt 30 Euro.
Beiersdorf zeigt sich mit dem Tiktok-Shop seiner Marke Nivea "bislang sehr zufrieden". Rund 30 Produkte, vor allem Gesichtspflege, sind im Angebot – inklusive exklusiver Bundles mit Extras wie Kulturbeutel und Reisegrößen. Seit dem ersten Tag gingen Bestellungen ein, über 200 Produkte wurden verkauft. Bestseller: das "2in1 Primer Daily UV-Serum" für 13,99 Euro.
Auch bei Hitschler brummt’s: Über 29.000 Artikel wurden bislang verkauft, Spitzenreiter sind die "Brizzl UFO Pops" (über 11.000 Stück für je 2,29 Euro). Besonders gut läuft bei Hitschler das Live-Shopping – und das betreibt der Süßwarenhersteller richtig intensiv: Zwei Live-Videos pro Tag, fünf Stunden täglich.
"Täglich fünf Stunden live war maximal anstrengend, aber auch mega lehrreich", sagt E-Commerce-Chefi2n Julia Winkler. Livestreams seien das wichtigste Format: "Jedes Produkt, das wir im Live promoten, wird am gleichen Tag zum Topseller." Wichtig dabei ist die Authentizität.
Das Berliner Startup Miralina verkauft Halal-Fruchtgummis. Bisheriger Bestseller sind die Apfelringe für 6,11 Euro. Davon wurden bisher 170 Stück verkauft. Gründer Tayfun Öner sagt laut "Lebensmittelzeitung" dazu: "Wir haben vierstellige Umsätze während unserer Tiktok-Lives generiert." Die Lives funktionieren, Creator-Kooperationen bislang weniger. "Das dauert, bis wir den Dreh raus haben."
Pascal Seifert, Edeka-Händler vom Bodensee, ist Tiktok-Profi – aber E-Commerce-Neuling. Über 557.000 Follower:innen hat er, jetzt testet er Tiktok-Shopping mit Trendprodukten wie Engelshaar-Schokolade oder Buldak-Ramen. Sechsmal täglich wird bestellt, Durchschnittswert: 6 Euro. Bestseller: Biscoff-Kekse (1,99 Euro, 13 Stück verkauft).
"Am Anfang war die Resonanz verhalten. Mittlerweile zieht es an", sagt Seifert. Große Erwartungen hat er nicht: "Ich werde hier nie die Umsätze meines stationären Geschäfts erzielen." Stattdessen nutzt er den Kanal zum Ausprobieren – mit Shoppable-Videos und gelegentlichen Live-Sessions.
Ein Monat Tiktok-Shop zeigt: Der Kanal funktioniert – wenn man ihn versteht. Wer authentisch auftritt und das Live-Format beherrscht, hat die besten Karten. Die Umsätze sind noch überschaubar. Aber der Kanal steckt voller Potenzial – vor allem für Marken, die nah an der Community spielen wollen.