Herbstzeit ist Erntezeit. Das gilt nicht nur für das Gartengemüse oder das Getreide auf den Feldern. Auch im Wald wird vor dem Winter einiges reif. Speziell die Fans von Pilzen pilgern dann durch den nahegelegenen Forst auf der Suche nach Pfifferlingen, Steinpilzen oder Stockschwämmchen.
Geübte Pilzsammler:innen wissen, wonach sie suchen. Für all diejenigen, die sich mit den Delikatessen aus dem Wald nicht auskennen, gibt es Hilfestellungen und Ratgeber. In Zeiten der Digitalisierung suchen sich Interessierte Rat im Internet. Wie für jedes Nischenthema gibt es auch für Pilze Apps. Doch damit legen manche User:innen ihr Vertrauen in einen gefährlichen Quelle.
Wie riskant der Verzehr von selbst gesammelten Pilzen sein kann, zeigt der Blick in die Uniklinik in Essen. Dort werden aktuell drei Kinder mit lebensbedrohlichen Vergiftungen behandelt. Sie wurden Opfer einer fatalen Verwechselung und sind für ihr Überleben Medienberichten zufolge auf Spenderorgane angewiesen.
Laut dem Direktor der behandelnden Klinik können "bereits kleine Mengen" des verzehrten Grünen Knollenblätterpilzes "zu lebensgefährlichen Komplikationen führen". Er warnte dringend vor dem Verzehr von selbst gesammelten Pilzen, "wenn Sie kein ausgebildeter Experte" sind.
Eine Vergiftung kann aber auch erwachsene Menschen töten. Weil hilfreiche und semi-hilfreiche Apps täglich wie Pilze aus dem Boden sprießen, öffnet sich diese früher verborgene Welt einem ganz neuen Publikum. Ohne Sensibilisierung für die Risiken können daraus lebensbedrohliche Vergiftungen resultieren.
Ein Experte spricht deshalb eine Mahnung aus: "Ich kann vor Apps nur warnen, wenn jemand gar keine Kenntnisse von Pilzen hat." Stefan Fischer sitzt im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Mykologie und erklärte dem "Spiegel", wie gefährlich ein Fehlgriff im Wald sein könne.
Im Falle der in die Essener Intensivstation eingelieferten Kinder, erklärt Fischer, liegt eine Vergiftung durch den besonders giftigen Grünen Knollenblätterpilz vor. Dieser "enthält Amatoxine, die greifen ganz brutal die Leber an. Die stirbt dann ab."
Gängige Apps funktionieren, indem User:innen ein Foto von einem entdeckten Pilz hochladen und das Programm das Exemplar anhand biometrischer Informationen identifiziert. Wie Fischer erklärt, sei die aber eher für Expert:innen geeignet. Diesen diene die App dazu, Vermutungen zu klären und weitere Informationen abzurufen.
Als Laie, warnt Fischer aber, "sollte man sich niemals verlassen". Der Pilz-Experte vermutet, dass sich Außenstehende bei einer App "nur am Bild orientieren, ohne auf andere Merkmale zu achten".
Wer sich für Pilze interessiert, sollte sich etwa einem Pilzverein anschließen. Der Austausch mit anderen Interessierten, und idealerweise Expert:innen, bietet einen sichereren Umgang mit Steinpilz, Fliegenpilz oder Parasol. "Der allerbeste Weg", findet Fischer, "wäre es, mit einem erfahrenen Pilzsammler unterwegs zu sein".
Der Grüne Knollenblätterpilz gilt als besonders tückisch. Denn laut Naturschutzbund (Nabu) gleicht er in seinem Frühstadium optisch einem gewöhnlichen Wiesenchampignon. Vergiftungssymptome, wie Erbrechen, Durchfall und starke Bauchschmerzen treten dabei erst Stunden nach dem Verzehr auf. Daher werden Opfer des Giftpilzes oft erst viel zu spät diagnostiziert.
Der Nabu erläutert, wie der Grüne Knollenblätterpilz zu erkennen ist: