Medizinischer Durchbruch: Blinde können dank Mikro-Chip wieder lesen
Eine neue Studie aus dem New England Journal of Medicine sorgt weltweit für Aufsehen: Ein winziger Chip, kaum größer als eine Sim-Karte, hat blinden Menschen geholfen, wieder Buchstaben, Zahlen und sogar ganze Wörter zu lesen. Und das mit einem Auge, das zuvor völlig erblindet war.
Die Ergebnisse stammen aus einer internationalen klinischen Studie mit 38 Patient:innen in fünf Ländern. Das Verfahren wurde unter anderem am Moorfields Eye Hospital in London getestet, einer der bekanntesten Augenkliniken Europas.
Gesteuert durch KI und Spezialbrille
Bei der sogenannten Prima-Technologie wird ein Mikrochip direkt unter der Netzhautmitte eingesetzt. Er funktioniert zusammen mit einer AR-Brille, die über eine kleine Kamera verfügt. Diese nimmt Bilder auf, die von einem Mini-Computer an der Hüfte verarbeitet werden.
Künstliche Intelligenz übersetzt die Bildinformationen in elektrische Signale, die über die Sehzellen und den Sehnerv ins Gehirn gelangen. Dort werden sie, wie normales Sehen, vom Körper interpretiert. Patient:innen können mit der Brille fokussieren, zoomen und so lernen, wieder zu lesen.
Während der Chip elektrische Signale liefert, interpretiert das Gehirn sie eigenständig. Mit jedem Trainingstag verbessert sich die Wahrnehmung.
In der Studie konnten 84 Prozent der Teilnehmenden wieder Buchstaben, Zahlen und ganze Wörter erkennen, einige sogar fünf Zeilen mehr auf der Sehtafel als vor der Operation.
Neue Hoffnung für Betroffene
Eine der britischen Patientinnen, Sheila Irvine, berichtet, wie sehr sich ihr Leben verändert hat: "Bevor ich das Implantat bekam, war alles schwarz in der Mitte. Ich war früher eine totale Leseratte, das wollte ich zurück. Als ich zum ersten Mal wieder einen Buchstaben sah, war das unglaublich aufregend."
Heute übt Sheila regelmäßig Lesen, löst Kreuzworträtsel und testet, ob sie winzige Schrift auf Verpackungen erkennen kann. "Lesen entführt dich in eine andere Welt, ich bin jetzt viel optimistischer", sagt sie.
Die behandelten Patient:innen litten alle an geografischer Atrophie, einer schweren Spätform der trockenen altersbedingten Makuladegeneration (AMD).
Die Krankheit zerstört die lichtempfindlichen Zellen der Netzhaut und gilt bislang als nicht behandelbar. Weltweit sind rund fünf Millionen Menschen betroffen.
Nach den erfolgreichen Studienergebnissen sollen nun die Zulassungsverfahren beginnen, um die Technologie in Zukunft für mehr Menschen verfügbar zu machen.