"Ich weiß nicht, was ich falsch mache" – 4 Leser erzählen von ihrer Einsamkeit
"Einsamkeit ist die traurigste Realität des modernen Lebens," sagte Theresa May als sie mit der Einführung eines Ministeriums gegen Einsamkeit das Thema zur Regierungssache in Großbritannien machte. Einsamkeit ist zum gesellschaftlichen Problem geworden.
Eigentlich haben wir so viele Möglichkeiten Menschen kennenzulernen – real und online. Wir haben Partner, Familie, Mitbewohner, Schulfreunde, Kommilitonen, Kollegen, Nachbarn, ...
Und trotzdem sind nicht nur alte Menschen einsam, sondern mindestens genauso viele junge Menschen. Vor kurzem haben wir ein Projekt aus Augsburg vorgestellt, das gegen Einsamkeit helfen soll.
Daraufhin haben sich viele Leser – aller Altersgruppen – bei uns gemeldet und uns ihre Geschichten erzählt.
4 Menschen erzählen, wie sich Einsamkeit für sie anfühlt. Die Namen wurden von der Redaktion geändert.
Niko, 25, ledig
Das Schlimmste daran ist, dass ich das Gefühl habe, dieses Problem nicht lösen zu können. Die Masse an Gefühlen, macht es mir unmöglich, einen klaren Überblick zu bekommen und Lösungsansätze zu entwickeln.
Ich stehe vor einer Wand, weiß nicht, was ich falsch mache und bin fest davon überzeugt, dass ich schuld bin. Schuld woran? Keine Ahnung. Fest steht: Ich bin schuld.
Es gibt keine universelle Anleitung oder personalisierten Tutorials, wie Menschen Einsamkeit besiegen können. Ich habe mittlerweile festgestellt, dass die Fotografie für mich eine Art der Therapie ist. Sobald ich mit meiner Kamera durch die Natur schlendere, sehe ich die schönen Dinge der Welt. Meistens bin ich mutterseelenallein, vom Gefühl der Einsamkeit kann dann aber keine Rede sein. Es ist der Versuch, die Einsamkeit und die Gefühle, die sie mitbringt sichtbar zu machen.
- Wenn wir alt sind. Die Gründe sind offensichtlich: Freunde, Partner und Familie sind vielleicht schon verstorben oder haben wenig Zeit. Zudem gehen ältere Menschen nicht mehr arbeiten. Das soziale Netz fehlt.
- Aber auch wenn wir jung sind. Rebecca Nowland forscht an der Universität Manchester zum Thema Einsamkeit und sagt, dass die Einsamkeit bei Menschen zwischen 18 und 35 Jahren am höchsten ist.
Rita, 34, ledig
Treffen mit Bekannten oder Freundinnen finden eher selten statt. Oft sind die zäh und ich habe nur wenig Spaß. Ich bin berufstätig, die Zeit für Hobbys ist begrenzt.
Dazu kommt: Mir fehlt inzwischen der Antrieb. Zu viele Versuche sind fehlgeschlagen und die Enttäuschungen sitzen zu tief. Einsamkeit macht krank – das kann ich bestätigen. Es ist ein Teufelskreis.
Elisabeth, 50, geschieden:
Wir Menschen definieren uns auch über die Sprache und die Reaktionen der anderen Menschen darauf. Ich habe nur selten die Gelegenheit zu kommunizieren und das lässt mich sehr einsam fühlen.
Natürlich kann ich auch alles alleine unternehmen und das auch genießen, aber wenn niemand da ist, mit dem ich darüber sprechen kann, kann ich die erlebte Freude auch nicht teilen. Und dann ist diese Freude wie eine gelernte Sprache, die ich nicht anwenden kann.
Herbert, 82, alleinstehend:
Die Gemeinsamen Fernsehabende mit der ganzen Familie
Die Abende in der Kneipe nebenan, wo jeder jeden kannte und über alles geredet wurde.
Die Fünf-Minuten-Gespräche auf der Straße, wenn man sich begegnete.
Das alles habe ich nicht mehr. Ein klein wenig Hoffnung habe ich dennoch. Und zwar, dass immer mehr Menschen erkennen, dass wir auch in der digitalisierten Welt nicht ohne andere Menschen glücklich werden können.