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Gen Z im Job: Was eine Professorin für KI jungen Menschen rät

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Sie zeigt, wie KI am besten funktioniert: Prof. Dr. Anja Hanisch-Blicharski.Bild: Privat / coeo group
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Gen Z im Job: Was eine Professorin für KI jungen Menschen rät

14.12.2024, 11:36
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Künstliche Intelligenz (KI) wird von vielen gefeiert und von manchen gefürchtet. Beide Reaktionen haben ihre Berechtigung, findet Prof. Dr. Anja Hanisch-Blicharski. Je nachdem, um was es geht. Klar ist jedoch: Keine KI ist auch keine Lösung.

Sie ist Professorin für Big Data und Data-driven Engineering an der FOM Hochschule für Ökonomie und Management in Essen. Zudem ist sie Head of AI-Lab bei, dem Forschungs- und Entwicklungszentrum des Inkassounternehmens coeo. Im watson-Interview erklärt sie, wie man KI richtig nutzt.

watson: Was genau unterrichten Sie jungen Menschen über KI?

Anja Hanisch-Blicharski: Im Fokus stehen die Funktionalitäten und Hintergründe von KI. Ich vermittle Grundlagen, Definitionen und Herleitungen ebenso wie den aktuellen Forschungsstand. Außerdem betrachten wir, wo Unternehmen heute stehen: Was ist möglich, was wird bereits umgesetzt? Anhand von Praxisbeispielen diskutieren wir dann kritisch – dabei müssen wir nicht immer einer Meinung sein. Mein Ziel ist vielmehr, dass die Studierenden lernen, die Chancen und Grenzen von KI zu verstehen und selbst Lösungsansätze entwickeln. Wir sprechen darüber, warum erst jetzt dieser Durchbruch kam und was die Herausforderungen waren. Aber auch rechtliche und ethische Fragen diskutieren wir.

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Hanisch-Blicharski sagt: Es ist nicht "Mensch gegen KI", sondern "Mensch mit KI".Bild: Pexels / thisisengineering

Wie wird KI unsere Arbeitswelt verändern?

Die Auswirkungen werden in nahezu allen Bereichen spürbar sein und beeindruckende Möglichkeiten bieten. KI wird Prozesse optimieren, Vorhersagen präzisieren, Ressourcen effizient zuweisen und personalisierte digitale Lösungen ermöglichen. Ein gutes Beispiel ist die Unterstützung in der Kommunikation, die durch den Einsatz von KI immer individueller wird. In einer Diskussion, die ich mit meinen Studierenden erst gestern geführt habe, wurde jedoch auch die Kehrseite dieser Entwicklungen thematisiert.

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Inwiefern?

Sie machen sich Gedanken über die Auswirkungen von KI auf ihre zukünftigen Tätigkeiten. Insbesondere im Bereich der Softwareentwicklung zeigt sich ein Wandel: Während bisher die kreative Lösungssuche und Entwicklung neuer Ansätze im Vordergrund stand, könnte dieser spannende Teil der Arbeit zunehmend von KI übernommen werden. Übrig bliebe dann vor allem die Aufgabe des Debuggings und der Überprüfung – ein Aspekt, den viele Studierende als weniger erfüllend empfinden. Das verdeutlicht, dass KI zwar große Chancen bietet, gleichzeitig jedoch auch Fragen zur Rolle und Wertschätzung menschlicher Arbeit aufwirft.

Welche Jobs fallen weg?

Einige Berufe sind durch Automatisierung besonders betroffen, aber es ist zu früh, von einem "Wegfall" oder "Aussterben" zu sprechen. Vielmehr verändern sich die Berufsbilder. Fast alle Jobprofile, auch das einer Dozentin, werden sich anpassen müssen. Ein Beispiel aus einem kürzlichen Gespräch mit einem befreundeten Rechtsanwalt: KI kann bei der Recherche und Analyse von Gesetzeslagen großartige Unterstützung leisten. Dennoch bleibt die Einschätzung komplexer Fälle weiterhin in menschlicher Hand.

Welche Branchen sind besonders betroffen?

Ehrlich gesagt: alle. Mir fällt keine Branche ein, die nicht von KI beeinflusst wird.

Wie gehen jüngere Menschen mit KI um?

Jüngere Menschen begegnen KI mit mehr Leichtigkeit. Sie sehen die Chancen und nutzen sie aktiv, ohne dabei leichtsinnig zu sein. Sie denken offen, probieren neue Ansätze aus und sind den Ergebnissen gegenüber aufgeschlossen.

Überwiegt die Angst oder die Neugier?

Die Neugier und die Begeisterung. Junge Menschen machen sich viele Gedanken über ihre Zukunft, aber weniger aus Angst, sondern aus Interesse daran, sich gut vorzubereiten. Die Studierenden oder auch meine Kinder in der Schule nutzen zum Beispiel vorwiegend die Vorteile von KI, um Ihren Aufwand zu minimieren. Das finde ich als Dozentin oder Mutter nicht immer gut, aber sie lernen neue Lösungsansätze zu denken.

Welche ethischen Bedenken gibt es bei der Integration von KI in der Arbeitswelt?

Nicht alle Anwendungen verbessern die Arbeitswelt, KI muss immer auch kritisch hinterfragt werden. Für mich ist entscheidend, dass KI den Menschen ergänzt und nicht eine gesamte Berufsgruppe ersetzt.

Wie sollte man mit den Ängsten umgehen, die KI bei Arbeitnehmer:innen auslöst?

Offen und ehrlich! Unternehmen sollten ihre Ziele im Einsatz von KI klar und transparent kommunizieren. Gleichzeitig ist es entscheidend, den Mitarbeitenden Raum für Fragen und Mitgestaltung zu geben. Sie sollten aktiv in die Entwicklung neuer Jobprofile eingebunden werden und gemeinsam mit dem Unternehmen passende Weiterbildungsmaßnahmen erarbeiten. Eine offene und ehrliche Diskussion darüber, wie KI die Arbeit sinnvoll unterstützt, kann dazu beitragen, Ängste und Unsicherheiten abzubauen. Bei der Entwicklung unserer eigenen KI bei coeo hat sich gezeigt, wie wichtig die Einbindung der Mitarbeitenden ist. Sie kennen ihre Arbeitsabläufe am besten und können präzise aufzeigen, wo Unterstützung durch KI am wirkungsvollsten ist.

Worin liegen die größten Chancen?

Eine der größten Chancen liegt darin, Lücken durch fehlende Arbeitskräfte zuschließen. KI kann Lehrer und Dozenten unterstützen, zum Beispiel durch individuelle Lernpfade oder spezialisierte Erklärungen. Wichtig ist dabei: KI ergänzt den Menschen – sie ersetzt ihn nicht. Es ist nicht Mensch gegen KI, sondern Mensch mit KI. Darüber hinaus kann die Produktivität in nahezu allen Berufsfeldern immens gesteigert werden, repetitive Aufgaben werden zum Beispiel von der KI übernommen und Prozesse so effizienter und auch für Mitarbeitende erleichtert.

Welche neuen Karrieremöglichkeiten eröffnen sich durch KI?

Es entstehen bei Unternehmen völlig neue Abteilungen, wie unser AI-Lab bei coeo. Meine Position existiert nur dank der KI. Und KI wird immer weiterentwickelt, gesteuert und auch überwacht werden müssen. Dafür braucht es neue Fachkräfte.

Was würden Sie Menschen raten, die jetzt ihr Studium beginnen?

Bleiben Sie neugierig, hinterfragen Sie Themen und halten Sie sich lebenslang auf dem Laufenden. Sehen Sie Veränderungen als Chancen.

Und Menschen, die demnächst ihren ersten Job beginnen?

Machen Sie das, was Ihnen Spaß macht – etwas, das Ihrer Leidenschaft entspricht. Lernen Sie, wie KI-Tools funktionieren und welche Mechanismen dahinterstecken. Hinterfragen Sie immer: Wie funktioniert das genau und warum? Seien Sie neugierig, denn nur so können wir alle lernen, diese Technologien besser einzusetzen.

Welche Fähigkeiten oder Kenntnisse sollten junge Menschen erwerben, um in einer KI-geprägten Arbeitswelt erfolgreich zu sein?

Junge Menschen müssen sich mit den Anwendungen vertraut machen, verschiedene KI-Tools ausprobieren und die Möglichkeiten und Grenzen kennenlernen. Das fördert das Grundverständnis. Es gibt jeden Tag Neuerungen und dabei sollten sie sich den Entwicklungen nicht verschließen, sondern überlegen, wie man diese nutzen kann.

Gibt es No-Gos bezogen auf KI im Arbeitsalltag?

KI blind zu nutzen, ohne die Ergebnisse zu verstehen und zu hinterfragen, oder Ergebnisse als eigene Arbeit auszugeben – das geht gar nicht.

Wie verändert KI die Work-Life-Balance?

Die Auswirkungen von KI auf die Work-Life-Balance hängen stark davon ab, wie wir sie nutzen. KI kann den Arbeitsalltag erleichtern, indem sie Routineaufgaben übernimmt und Prozesse effizienter gestaltet. Dadurch bleibt mehr Zeit für kreative und strategische Tätigkeiten – oder eben für Freizeit. Es ist wichtig, klare Strukturen und Richtlinien zu schaffen, wie und wann KI eingesetzt wird.

Ist KI eine Männerdomäne?

Nein, aus meiner Sicht nicht. Ich habe bisher sowohl mit Frauen als auch mit Männern zusammengearbeitet und auch in unserem AI-Lab sind alle Expert:innen willkommen.

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