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Gen Z im Job und die Work-Life-Balance: Mitarbeiterin sorgt für Umdenken

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Auf dem Balkon mit Laptop zu arbeiten, ist heute wirklich kein Problem mehr. Aber das ist nur der Anfang.Bild: Unsplash / sehajpal singh
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Gen Z im Job: Die Sehnsucht nach mehr Zeit und Selfcare

Seit Corona hat sich unsere Arbeitswelt verändert. Gerade junge Mitarbeiter:innen haben oft andere Ansprüche. Das neue Arbeiten ist herausfordernd – für alle Beteiligten. Unser Kolumnist erzählt offen von (seinen) Vorurteilen und einer Mitarbeiterin, die alles veränderte.
27.07.2024, 09:1927.07.2024, 09:19
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Ich komme gerade von einer Radtour. 50 Kilometer über die Insel, aufgeladen mit frischer Luft. Mein Kopf ist komplett frei, meine Seele brüllt: "Komm schon, mehr davon! Du machst gerade alles richtig." Ich gucke aufs Meer und bereite mich auf das nächste Meeting vor. Digital natürlich. Und es ist mitten am Tag.

Als wir die Agentur gründeten, war das alles so gar nicht möglich. Für das ganze Team war es super wichtig, dass wir im hippen Office in Köln saßen. Für die Kunden sowieso. Es war mir immer ein Rätsel, warum man als Agentur dieses Setting brauchte. Ohne das ging es aber nicht. Es wurden Stunden der Mitarbeiter:innen im System eingetragen, schließlich musste man sich dem Kunden im Zweifel erklären können. Schon damals hatte ich das Gefühl, dass das nicht die Zukunft sein kann. Die Gespräche mit unseren Leuten zeigten mir, dass es eine große Sehnsucht gab. Die Sehnsucht nach mehr Raum für Zeit, für Sport, fürs Kümmern um sich selbst.

Und dann kam Corona. Und dann kam Veränderung. Und dann kam das Umdenken.

Sechs Monate aus dem Camper arbeiten: Muss das sein?!

Schon länger durfte ich mit den Bedürfnissen der Generation Z dealen. Für mich war und ist das auf der einen Seite ein Segen, denn eines meiner Mantras ist: "Wir lernen von allen." Dann wieder denke ich oft: Oh no! Why? Wie kriege ich die Bedürfnisse dieser Generation überein mit unternehmerischem Denken? Außerdem spüre ich bei vielen aus dieser Gruppe, dass sie sich teilweise sehr nach Oldschool-Strukturen sehnen, aber befürchten, dafür verurteilt zu werden.

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Alle im Büro? Muss heute nicht mehr zwingend sein.Bild: Unsplash / rodeo project management
Über "Mental Health to go"
Deutschland ist erschöpft, sagen Expert:innen. Ob jung oder alt, ob Gen Z oder Boomer, viele kommen einfach nicht klar. Alles too much, alles nicht so, dass sich das Leben gut anfühlt. Was also tun? Das wird, da ist sich Mike Kleiß so sicher wie viele Expert:innen, das zentrale Thema unserer Gesellschaft werden. Je klarer wir mit uns und der Welt sind, je mehr wir gut auf uns achten, desto besser kann die Welt für uns werden. Wir müssen es eben nur tun! In "Mental Health to go" bekommt Ihr jede Woche ein kleines Stückchen Energie. Tipps und Anregungen, nahbare Geschichten, die euch inspirieren sollen

Ganz oft – und so ist das heute auch noch – ist da kompletter Chaos-Matsch in meinem Kopf. Und dann ist es so: Ich brauche irgendwie das Miteinander. Nicht jeden Tag, aber ich mag Menschen. Ich bin gerne mit ihnen. Und für mich ist es ein großer Unterschied, die Energie zu spüren. Gerne auch ohne Bildschirm dazwischen. Ich liebe die Dynamik, das macht auch die Agentur aus und irgendwie auch mich.

Als Lina auf mich zukam, wusste ich schon, dass ich gefordert sein würde. Ich kenne inzwischen ihren Blick und die Art und Weise, wenn sie einen Wunsch hat. Sie konfrontierte mich damit, dass sie gerne ein halbes Jahr durch Europa reisen würde in einem umgebauten Bus. Komplett mit allem Zick und Zack. Inklusive Internet, Büro, was man eben so braucht. Zusätzlich hatte sie bereits alles geplant. Auf ihren Stopps gab es Co-Working-Spaces, die sie nutzen wollte. Die klare Absicht: Reisen und arbeiten. Sechs Monate lang. Surfen, Sport, Erholung und doch was schaffen.

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So oder so ähnlich stellte ich mir das Arbeitsleben von Lina vor.Bild: Unsprlash / jakob owens

Mein erster Gedanke war: Wie soll das gehen? Und was macht das gerade mit mir? Es freut mich, es macht mich aber gleichzeitig sauer. Ich muss in mich hineinhören.

Ansprüche der Gen Z können Chefs wütend machen

Die erste Frage musste ich mir zuerst beantworten: Was machte mich so wütend? Die Antwort war einfach: Ich fand den Anspruch irgendwie maßlos. Wären es ein oder zwei Wochen gewesen, okay. Aber hatte ich wirklich das Vertrauen, dass das Arbeiten in einer Urlaubsregion funktionieren könnte? Irgendwie nicht. Und zudem würde der Fall Lina sicher dazu führen, dass jeder in der Agentur diese Freiheiten auch gerne hätte. Was, wenn die Agentur darunter zerbrechen würde? Ich tat das, was ich in schwierigen Situationen immer mache: Ich lief! 15 Kilometer. Schnell! Und genau das sorgte wie so oft für Klarheit. Ich musste Linas Wunsch akzeptieren.

Keine Ahnung, ob ihr Wunsch etwas mit der Generation zu tun hatte oder ob es einfach typisch Lina war. Eines schien klar: Sie wollte es! Und sie wollte es nicht nur aus einer Laune heraus, sie brauchte dieses Konzept für ihre mentale Gesundheit. Für ihre Balance. Nur so kann sie – das weiß ich heute – überhaupt Lina sein und sie ist wirklich eine ganz tolle Mitarbeiterin mit außergewöhnlichen Fähigkeiten.

Ein weiteres Mantra, das ich mir immer wieder ins Gedächtnis rufe: Mutig sein! Mutig bleiben! Ich fordere genau das, jeden Tag. Von anderen und natürlich von mir. Es brauchte am Ende eine große Portion Mut, mich auf das Lina-Experiment einzulassen. Dieser Mut wurde belohnt. In Video-Calls strahlte Lina, wirkte unglaublich glücklich und hatte noch mehr Power als sonst. Als sie wieder zurück war, war sie gewachsen.

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Und ich erinnerte mich an Mantra Nummer drei: Die besten Mitarbeiter:innen sind die, die ihre Kolleg:innen stärker machen. Und auch das kann man nur dann von Mitarbeiter:innen verlangen, wenn man es selbst vorlebt und für sich selbst zulässt. "Nimm die Menschen ernst", war und ist einer der Kernsätze meines Vaters. Ich bin ihm immer wieder unendlich dankbar dafür, dass dieser Satz in unserer DNA steckt.

Wir sind als Team beweglich – und dadurch auch besser

Ich bin ein glücklicher Mensch und der Agentur geht es besser als vielen anderen. Und ich bin mir sehr sicher, dass es auch an Lina liegt. Ohne sie hätte ich mich vielleicht nie getraut, mitten am Tag heute eine Radtour zu machen. Mein Verantwortungsbewusstsein hätte das nicht zugelassen. Verantwortung für Mitarbeiter:innen, für meine Familie, für meine Mitstreiter:innen, ihre Familien, lassen wir meine Existenzängste mal ganz raus. Das ist ein gesondertes Thema.

Die Beweglichkeit, die der Fall Lina in unsere Agentur gebracht hat, ist unter anderem auf Vertrauen gebaut. Diese Beweglichkeit hat jedoch auch etwas mit uns gemacht. Sie hat uns alle inspiriert, wir sind alle stärker und besser geworden, denn wir wissen: Wir können uns aufeinander verlassen, zu jeder Zeit. Und das ist mehr als außergewöhnlich. Auf der anderen Seite haben unsere Mitarbeiter:innen durch das Beispiel Lina gespürt, dass wir als Inhaber der Agentur dennoch führen und vor allen Dingen Orientierung geben. Und wahrscheinlich ist dieser Mix genau das, was es braucht, um nachhaltig erfolgreich zu sein.

Danke, Lina.

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