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Kreisrunder Haarausfall: Betroffene berichtet über Umgang mit Alopecia

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In Deutschland sind 40 Prozent der Frauen von einer Form des Haarausfalls betroffen.Bild: Getty Images / Boy_Anupong
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Kreisrunder Haarausfall: Wie es ist, wenn die Haare plötzlich weg sind

Watson-Autorin Melanie entdeckte im Sommer 2024 plötzlich eine kahle Stelle auf ihrem Kopf. Wie sie die erste Zeit erlebt hat, erzählt sie hier.
25.05.2025, 15:1625.05.2025, 15:16
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Da stand ich also letzten Sommer vor dem Spiegel, mit voller Panik, als ich das erste Mal bemerkte, dass sich auf meinem Kopf eine kahle Stelle gebildet hat. So kahl, als hätte jemand jedes einzelne Haar mit einer Pinzette ausgerissen. So kahl, dass ich mich fragte: Wird hier überhaupt jemals wieder ein Haar nachwachsen?

Was ist Alopecia eigentlich?

Alopecia ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem die Haarwurzeln angreift, was zu plötzlichem Haarausfall führt. Häufig entstehen kreisrunde, kahle Stellen auf der Kopfhaut oder anderen Körperbereichen. Die genaue Ursache ist unbekannt, aber genetische und Umweltfaktoren spielen eine Rolle. In den meisten Fällen wächst das Haar nach einiger Zeit wieder nach, allerdings kann der Haarausfall wiederkehren. Es gibt Behandlungsmöglichkeiten, Heilung aber leider keine.

Der Komplettverlust der Haare kann schnell und innerhalb von wenigen Wochen auftreten, oder sich über viele Monate schleichend hinziehen. Das macht die Erkrankung für viele so unvorhersehbar, denn auch wenn die Haare nachwachsen sollten, gibt es keine Garantie, dass sie nicht nochmals ausfallen können.

Die Krankheit ist zwar seit langem bekannt, aber ursächlich weitgehend unerforscht, obwohl über 1,5 Millionen Menschen in Deutschland in seinen unterschiedlichen Formen betroffen sind. Bei 40 Prozent der Patient:innen tritt die Alopecia das erste Mal vor dem 20. Lebensjahr auf – bei 85 Prozent vor dem 40. Lebensjahr. Kreisrunder Haarausfall betrifft sowohl Männer als auch Frauen, jedoch zeigen Studien, dass die Erkrankung tendenziell häufiger bei Frauen auftritt.

Zwischen Verdrängung und Realisieren

Zurück zu meiner Geschichte, die an einem Donnerstagabend Ende August 2024 begann. Um die Post aus dem Fach zu holen, musste ich mich kurz hinknien. Mein Mann, der neben mir stand, brach plötzlich seinen angefangenen Satz ab: "Ähm, dir fehlen da ziemlich viele Haare." Schockiert drehte ich mich um. Was heißt "ziemlich viele Haare"?

Vor dem Spiegel die bittere Erkenntnis: Die kahle Stelle war so groß wie eine Espresso-Tasse. Beim Abtasten der nächste Schock, denn die Haare rund um die kahle Stelle fielen ebenfalls aus, sobald ich sie anfasste.

Dieses Bild entstand an dem Tag, als ich den Haarausfall das erste Mal bemerkte.
Dieses Bild entstand an dem Tag, als ich den Haarausfall das erste Mal bemerkte.Bild: watson / melanie köppel

Mir schwirrten tausend Fragen durch den Kopf. Es gab keine Anzeichen vorab, keinen Bettbezug voller Haare, keine Strähnen, die plötzlich am Boden lagen oder gar Schmerzen an der Stelle, die den Haarausfall irgendwie angekündigt hätten. Also machte ich das, was jeder Mensch im 21. Jahrhundert tun würde: Ich begann zu googeln, stürzte mich auf jeden Artikel, den ich fand und war danach noch mehr in Panik.

Gefühlschaos und Ernüchterung

Die nächsten Tage war ich mit Verdrängung beschäftigt und der stetigen Angst, dass mich irgendjemand auf meine kahle Stelle ansprechen könnte. Denn dann hätte ich in der Sekunde losgeheult. Da ich am Montag nach meiner Entdeckung sowieso einen Arzttermin hatte, wollte ich mit weiteren Steps bis dahin warten.

Bei meinem Hausarzt angekommen, zeigte ich wortlos der Arzthelferin meine kahle Stelle vor der Blutabnahme. "Oh scheiße!", war ihr ehrlicher Kommentar dazu. Sie veranlasste ein großes Blutbild und schickte mich direkt zum Arzt, der klarmachte: "Die nächsten sechs Monate sind entscheidend."

Laut Deutscher Dermatologischer Gesellschaft kommt es bei etwa 50 Prozent der Betroffenen nach dem ersten Haarausfall innerhalb eines Jahres zu einer Spontanheilung. Bedeutet, dass in dieser Zeit die Haare nachwachsen und es dann zu keinem erneuten Haarausfall mehr kommen wird. Ich konnte also nur hoffen. Eine Kortison-Lösung, die den Haarwuchs anregen sollte, gab mir der Arzt trotzdem mit. Außerdem eine Überweisung zu einer Spezialistin.

Ein Termin ist wie ein Lotto-Gewinn

Spezialist:innen für Alopecia-Erkrankungen gibt es nicht viele, der erste Anruf in der empfohlenen Praxis war sehr ernüchternd. Aufgrund einer hohen Patient:innen-Anzahl gab es einen Aufnahme-Stopp. Ich ließ mich also auf die Warteliste setzten und war noch verzweifelter als davor.

Die Kortison-Lösung war mit vielen Nebenwirkungen verbunden, vor allem wurde dadurch die Haut dünner. Dennoch tupfte ich mir jeden Morgen brav die Lösung auf die kahle Stelle. Gegen die Empfehlung des Arztes trug ich meine Haare jedoch täglich in einem hohen Pferdeschwanz, viel zu unangenehm war mir der Gedanke, dass Leute mich wegen der Kahlstelle anstarren könnten.

"Lieb" gemeinte Kommentare

Irgendwie wollte ich mit dem Thema dann doch nicht allein sein. Also erzählte ich meine Story auf Instagram, auch davon, dass mein Hausarzt zwischenzeitlich eine Borreliose aufgrund der Blutwerte vermutete. Das stellte sich dann aber ganz schnell als falsche Info heraus, da ich keine anderen Symptome hatte.

Die Idee mit Instagram war einerseits nicht schlecht, es meldeten sich sehr viele Frauen bei mir, die ein ähnliches Problem hatten und bei denen die Haare wieder nachgewachsen sind. Das machte mir unglaublich Mut, jedoch waren all die Tipps, die auf mich einprasselnden, super erschlagend. "Hör auf, dir die Haare zu waschen", "nimm das und das Supplement" oder "versuche, auf eine darmfreundliche Ernährung umzusteigen", waren nur einige der Tipps, die ich täglich via Social Media von fremden Menschen bekam. Ganz ehrlich? Ich befolgte keinen einzigen.

Nicht, weil ich die Tipps nicht wertschätzen konnte, sondern viel mehr, weil ich überfordert war. Dazu kam, dass natürlich auch Leute nun vermehrt Kommentare zu meinem Aussehen von sich gaben. Mein Favorit: "Du hast so ein nettes Gesicht, du brauchst gar keine Haare." Ich weiß, dass das lieb gemeint war, nur relativierte das mein eigentliches Problem: meine Gesundheit.

Ursachen für Haarausfall: Termin bei der Spezialistin

Wir spulen vor zum November 2024: Ich hatte noch immer eine kahle Stelle, trug täglich einen Pferdeschwanz und hatte mich innerlich damit abgefunden, dass keine Haare nachkommen werden. Panisch stand ich jeden Abend vor dem Spiegel, um zu kontrollieren, dass es wirklich nur bei einer kahlen Stelle blieb, denn viel zu groß war meine Angst, dass eine weitere hinzukam.

Und dann, an einem Dienstag, kam der Anruf aus der Praxis, wo ich noch immer auf der Warteliste stand. Ich könnte am nächsten Tag vorbeikommen, spontan sei jemand ausgefallen. Ob ich Zeit hätte? Und wie ich Zeit hatte!

Die Ärztin war super nett, es wurden Fotos gemacht und ich wurde mit Fragen gelöchert. Gab es Haarausfall bei weiblichen Familienmitgliedern? Nein. Lag ein traumatisches Erlebnis innerhalb der drei Monate vor dem Haarausfall vor? Nein. Gab es eine Infektionserkrankung innerhalb der letzten sechs Monate vor dem Haarausfall? Nein... äh, Moment: doch! Im Griechenland-Urlaub habe ich mit einer ziemlich fiesen Magen-Darm-Infektion locker fünf Tage flach gelegen.

Die Ärztin klärte mich auf, dass auch das der Auslöser für diese schwere Immunreaktion meines Körpers sein könnte. Was genau aber meinen Haarausfall ausgelöst hatte, konnte auch sie als Spezialistin nicht sagen.

Dann die wohl schönste aller Nachrichten, die ich kriegen konnte: Meine Haare würden nachwachsen. Das Kortison hat angeschlagen und kleine Härchen waren bereits in den Startlöchern. Ich selbst merkte diese noch nicht, aber schon ganz bald würden sie sichtbar sein. Mir fiel ein Stein vom Herzen!

Ein halbes Jahr später ...

... kann ich voller Stolz sagen: Ich habe wieder Haare! Die kahle Stelle ist komplett mit Haaren bedeckt und ja, manchmal steht die noch recht kurze Strähne komisch ab. Aber ganz ehrlich? Lieber komisch abstehende Haare, die wachsen, als eine neue, kahle Stelle.

Fleißig am Wachsen: Die Strähne kommt langsam nach.
Fleißig am Wachsen: Die Strähne kommt langsam nach.Bild: watson / melanie koeppel

Ich bin mir sehr bewusst, wie viel Glück ich in meiner Situation hatte. Viele Menschen, die an Alopecia Areata leiden, müssen fürchten, dass ihre Haare nie wieder wachsen. Auch ich bin nicht vollständig vor diesem Schicksal gefeit, doch ich bleibe hoffnungsvoll, dass ich weiterhin keine kahlen Stellen mehr finden werde.

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