Früher war der Weck-Service in Hotels ein essenzieller Bestandteil des Gästeservices. Viele Reisende – insbesondere Geschäftsleute oder Urlauber:innen mit frühen Abflugzeiten – verließen sich auf den telefonischen Weckruf, um sicher und pünktlich aufzuwachen. Heute ist dieses Service-Angebot mehr oder minder überflüssig.
Immerhin besitzt fast jeder Gast ein Smartphone mit integrierter Weckfunktion. Digitale Wecker sind zuverlässig und individuell einstellbar.
Wenn man sich am Abend beispielsweise spontan entscheidet, am nächsten Tag doch eine halbe Stunde früher oder später aufzustehen, muss man sich nicht extra an der Hotel-Rezeption melden; auf dem Handy ist die neue Weckzeit in Sekundenschnelle eingestellt.
Einige Hotels versuchen ihren Gästen den Weck-Service trotzdem schmackhaft zu machen. Manche bieten beispielsweise ein "Wake-up with coffee" an: Wer das Angebot bucht, bekommt morgens direkt nach dem Aufwachen einen Kaffee ans Bett gebracht; wer das nötige Kleingeld hat, kann sich natürlich auch ein ganzes Frühstück bringen lassen.
Ein Hotel in der chinesischen Millionenstadt Chongqing setzte bislang allerdings auf eine ganz andere Art des Weck-Services. Dort konnten sich Gäste nämlich bis vor Kurzem von Roten Pandas wecken lassen.
Die possierlichen Tiere sind etwa katzengroß, stammen ursprünglich aus den Bergwäldern Chinas und ernähren sich – ähnlich wie ihre großen, schwarz-weißen Namensvetter – vornehmlich von Bambus.
Auf Social Media finden sich einige Videos von Gästen des Lehe Ledu Liangjiang Holiday Hotels, die ihre Erfahrung mit dem ungewöhnlichen Weck-Service teilen. "Als ich zum ersten Mal davon gehört habe, war ich mir nicht sicher", schreibt etwa das britische Travel-Influencer-Paar Reanne und Ben unter einem Tiktok-Video. "Aber als ich sah, dass sie sie mit Äpfeln in unser Zimmer locken ließen, war ich so glücklich."
In dem Video ist tatsächlich ein neugieriger Roter Panda zu sehen, der über das Hotelbett klettert und nach kleinen Apfel-Snacks sucht. Das Tier wirkt relativ entspannt und lässt sich von den Hotel-Gästen ohne Murren streicheln. "Die beste Erfahrung unseres Lebens", schreiben Reanne und Ben unter ihr Video.
In den Kommentaren fragen viele User:innen nach dem Namen des Hotels; der Weck-Service scheint auch bei anderen auf Interesse zu stoßen. Es gibt aber auch deutlich kritischere Kommentare. "Sind Rote Pandas nicht vom Aussterben bedroht?", fragt ein User. Und ein anderer schreibt:
Tatsächlich gelten die kleinen Tiere als gefährdet. Und das hat wohl nun auch das Forstamt von Chongqing auf den Plan gerufen. Wie unter anderem "Independent" berichtet, hat die Behörde das Hotel angewiesen, den engen Kontakt zwischen den Pandas und den Hotel-Gästen bis auf Weiteres einzustellen.
Zusätzlich soll das Forstamt Mitarbeiter:innen entsandt haben, um die Situation vor Ort genauer zu untersuchen. Die Ergebnisse sollen zu gegebener Zeit veröffentlicht werden.
Das Hotel hat dem "Independent" zufolge derweil erklärt, dass insgesamt vier Rotes Pandas abwechselnd im Einsatz seien. Jemand vom Hotel würde am Morgen jeweils ein Tier in die Hotelzimmer zu den Gästen bringen. Dort würden die Vierbeiner ein paar Minuten verbringen, bevor sie wieder nach draußen gebracht werden.
Das Hotel "leiht" sich die Tiere nach eigenen Angaben aus einem Zoo. Dort würden sie von "engagiertem Personal" gepflegt und seien auch geimpft worden. Damit wollte das Hotel wohl Bedenken bezüglich der Übertragung von Krankheiten zerstreuen.
Tierschützer:innen sehen das Angebot trotzdem kritisch. Rote Pandas seien eine national geschützte Wildart und sollten nicht als Haustiere gehalten oder für touristische Unterhaltungszwecke genutzt werden, sagt etwa Sun Quanhui gegenüber "Global Times". Er ist Wissenschaftler und Mitglied der Organisation "World Animal Protection".
Die Nutzung von Roten Pandas als "Weckdienst" widerspreche ihrem natürlichen Verhalten, mein Quanhui. Aus seiner Sicht könne der Service sogar "Tierquälerei" darstellen.
Generell kann es für die Tiere sehr stressig sein, wenn sie einer ihnen unbekannten Umgebung ausgesetzt werden. Es besteht laut "Global Times" durchaus das Risiko, dass die Tiere dadurch aggressiv oder verängstigt reagieren.
Gerade wenn Familien mit Kindern den Weck-Service buchen, ist demnach Vorsicht geboten. Auch wenn die Roten Pandas vor allem Bambus fressen – mit ihren spitzen Zähnen können sie theoretisch einen Menschen verletzen.