Wer viel Zug fährt, der sammelt nicht nur Bahn Comfort-Punkte, der sammelt auch Menschen.
Menschen, die im Zug zu Archetypen des Augenrollens mutieren. Nervenzersetzende Mitfahrer, denen man auf Gedeih und Verderb die nächsten Stunden ausgesetzt ist.
Wir haben euch aus langjähriger Bahnfahrerei die 8 häufigsten Nerv-Exemplare zusammengestellt.
Mit richtig viel Pech hast du beim Zugfahren einen Sitznachbarn, der sich am Bahnhof noch schnell etwas zu essen geholt hat und sich damit glücksseufzend auf den Platz plumpsen lässt.
Das mitgebrachte Essen ist aber natürlich nicht einfach nur ein olfaktorisch unauffälliges Käsebrötchen. Oh, nein!
Mitgebracht wurde mindestens ein Döner. Mit Zwiebeln. Und ganz viel Soße. Wenn der Esser sein Mitbringsel zu Ende vertilgt hat, ist der Spaß aber noch nicht vorbei. Denn dann duften die heruntergefallenen Zwiebeln weiter vor sich hin.
In Zügen bilden sich soziale Mikrokosmen. Kleine, mobile Welten, in denen Zurechtweiser nicht nur Regeln setzen. Sondern auch für deren Einhaltung Sorge tragen.
Ein Beispiel aus dem Bordbistro:
Reservierer legen Wert auf ihren, mit teuer Geld, bezahlten Sitzplatz. So weit, so nachvollziehbar. Doch damit nicht genug. Die größte Befriedigung beziehen Reservierer aus dem Triumph, einen unrechtmäßig Sitzplatz-belegenden Mitreisenden von dort wegzuscheuchen.
Komplett wird der Triumph, wenn es noch zu einem Ticketabgleich kommt und die andere Person sich im Wagen vertan hat. Result!!
Mit Headset, aufgeklapptem Laptop und und jeder Menge Excel-Tabellen macht sich der Geschäftemacher vorzugsweise im Ruheabteil an die Arbeit: "Nein, wir haben das Budget NICHT erhöht." "Ich hab dem Vertrieb schon VOR MONATEN gesagt, dass das SO NICHT geht." "Okay, dann machen wir das jetzt entre nous."
Eltern sind nicht alle gleich, dafür sind natürlich alle Kinder toll. Das sei vorab gesagt.
Und doch gibt es eine dezent nervige Eltern-Spezies, die sich besonders häufig in Zügen antreffen lässt. Sie reisen mit einem halben Hausrat, damit es den Kleinen auch an nichts mangelt und fragen im Schnitt alle fünf Minuten ihr circa einjähriges Kind, was es denn als nächstes haben/essen/machen "möchte."
Das Einjährige dazu gemeinhin wenig beizutragen haben, ist egal. Im Zweifel werden sie einfach mit mitgebrachten Leckereien gefüttert. Frikadellen, beispielsweise. Mit schlechtem Karma sitzt man eingekeilt zwischen diesen duftenden Tupper-Dosen und dem "Esser".
Bei den Abgeholt-Werdern handelt es sich um zumeist ältere Herrschaften, die auf einem antiken Handy STUNDEN, bevor der Zug an ihrem Zielbahnhof ankommt, bei Werner oder Susi anrufen, um Bescheid zu sagen, dass sie jetzt im Zug sitzen.
Dass alles gut geklappt hat, und dass sie zu der bereits schriftlich angekündigten Uhrzeit, ankommen werden und sicherheitshalber DIREKT auf dem Gleis stehen bleiben, damit der Abholer sie auch findet.
Diese Gespräche werden sehr laut geführt, denn das Wesen der Telefonie wurde noch nicht vollständig erfasst. Bless!
Bei jeder Verspätung, und seien es auch nur 5 Minuten, wird Susi oder Werner wieder angerufen, um zu sagen, dass der Zug jetzt 5 Minuten Verspätung habe. Das wiederholt sich im Zweifel. Über Stunden.
Diese Reisenden treten nur im Plural auf: Als Teil einer Stößchen-Truppe.
Sie sind selten gemischtgeschlechtlich anzutreffen, sondern bestehen in der Regel aus 4-6 Damen oder Herren mittleren Alters, die gemeinsam auf dem Weg in eine größere Stadt sind, um sich dort ein Musical/ein Fußballspiel anzuschauen. Im schlimmsten Fall handelt es sich um Junggesellenabschiede.
Mit alkoholischen Getränken bringt sich diese Spezies ab Abfahrt des Zuges in Form. Und wenn dann die dritte Hugo-Dose gekillt ist, kippt die Vorfreude zuverlässig in nervenzersetzendes Gejohle auf Mario-Barth-Humor-Flughöhe. Den Mitreisenden bleibt nur eine Chance: Flucht ins Bordbistro. Und beten, dass dort nicht die andere Stößchen-Truppe wartet....
Der Zugleiter kündigt fünf Minuten Verspätung an und der Aufreger und seine Gesinnungsgenossen seufzen kollektiv durch den Wagen: "Typisch Bahn! Boah!!! FÜNF Minuten!"
Eine "Störung im Betriebsablauf" kommt dem Aufreger so gelegen wie ein Lottogewinn ohne Lottoschein. Also sehr gelegen.
Nichts Schöneres, als sich über die unfähige Bahn und ihre Mitarbeiter aufzuregen. Der Laden würde mit SICHERHEIT besser laufen, wenn der Aufreger selbst am Werke wär. Aber auf ihn HÖRT JA NIEMAND.