Zukunft des Wohnens: Star-Architekten setzen auf Wohnungen mit cleverem Konzept
Die Mieten für Wohnraum steigen in kaum bezahlbare Höhen, ein Ende ist vor allem in urbanen Räumen nicht in Sicht. Viele Menschen sind bei der Wohnungssuche froh, wenn sie überhaupt etwas finden. Dafür nehmen sie oft massive Abstriche bei der Lebensqualität in Kauf. Denn Städte platzen aus allen Nähten, gleichzeitig leben immer mehr Menschen allein. In Berlin etwa ist die Zahl der Single-Haushalte in den vergangenen Jahren stark gewachsen.
Im Jahr 2024 war laut offiziellen Zahlen jeder zweite Haushalt in der Hauptstadt ein Einpersonenhaushalt. Damit ist Berlin bundesweit weiterhin Spitzenreiter beim Anteil der Alleinlebenden. Doch die Tendenz zeigt sich bundesweit.
Klassische Grundrisse aus der Nachkriegszeit passen da längst nicht mehr zu den Lebensrealitäten.
Wie also wohnen wir in Zukunft, vor allem in urbanen Räumen? Sind mehr Hochhäuser die Lösung? Oder ein Verbot für Einfamilienhäuser? Vielleicht ein Leben in Dauer-WGs? Die Star-Architekten des Berliner Büros Graft haben jetzt ihre Vision aufgeschrieben. Ihre Kernthese: Die Wohnungen selbst werden wohl kleiner, die Lebensqualität soll aber durch clevere Schnitte und mehr Gemeinschaftsräume steigen.
Architekten über Wohnungen der Zukunft: Kleiner, aber lebenswerter
Die Architekten Thomas Willemeit, Lars Krückeberg und Wolfram Putz argumentieren, dass die Gesellschaft ihr Bild vom Eigenheim überdenken müsse. "Bezahlbarer Wohnraum kann auch dadurch entstehen, dass Wohnungen kleiner werden, sie aber so intelligent sind, dass man gerne in ihnen wohnen möchte", schreiben sie im "Tagesspiegel".
Für ein Projekt haben sie kompakte Zwei-Zimmer-Wohnungen auf nur 38 Quadratmetern entworfen. Um die knappe Fläche auszugleichen, sieht das Konzept gemeinschaftliche Infrastruktur vor: Cafés, Kindergärten, Supermärkte, sogar mietbare "Oma-Appartements" oder Clubräume.
Auch politisch wird der soziale und nachhaltige Wohnungsbau derzeit vorangetrieben. Die Bundesregierung hat den Wohnraumförderungsetat für 2025 auf 3,5 Milliarden Euro erhöht. Zudem sind neue Förderprogramme für Studierende und Auszubildende mit rund 500 Millionen Euro vorgesehen. Gleichzeitig wurden die Bedingungen für die Förderung klimafreundlichen und seriellen Bauens verbessert, um kleinere und modularere Grundrisse stärker zu unterstützen. Die Bundesländer beteiligen sich dabei mit Co-Finanzierungen von teils über 4 Prozent.
Die Architekten betonen, dass Wohnen künftig stärker gemeinschaftlich gedacht werden müsse. Private Einheiten sollen zwar kleiner sein, dafür aber in ein soziales Umfeld eingebettet. Ziel sei es, "architektonisch intelligente Übergänge zwischen Privatheit und Öffentlichkeit" zu schaffen.
Dieses Prinzip wollen die Planer nicht nur auf urbane Wohnblocks anwenden, sondern auch auf Einfamilienhäuser. In Kooperation mit Unternehmerin Jana Mrowetz entwickelten sie modulare Quartiere, die individuelle Häuser mit gemeinschaftlichen Flächen wie Coworking-Räumen, Clubhäusern und Gästewohnungen kombinieren.
Berlin fungiert als Labor für das Wohnen von morgen
Berlin sei der ideale Ort, um über neue Wohnmodelle nachzudenken, finden die Architekten. Die Stadt sei unvollständig und lasse sich immer wieder neu erfinden. Damit werde sie zu einem Experimentierfeld für künftige Formen des Zusammenlebens.
Die Idee dahinter: weniger Fläche für den Einzelnen, dafür mehr Möglichkeiten für Begegnung. Oder, wie sie schreiben: "Es geht darum, wie wir jenseits der eigenen vier Wände denken können und wie zukünftige Quartiere Identitäten bilden, in die Wohnungen und ihre Bewohner eingebettet sind."