Mehr Flüge, mehr Hotels, mehr Liegestühle pro Quadratmeter Atlantikstrand. Jahr für Jahr wächst die Zahl derer, die sich im Winter die Sonne auf den Kanaren ins Gesicht scheinen lassen, während daheim Regen fällt.
Doch wo Millionen Gäste Erholung finden, wächst auch der Druck. Nicht nur auf die Infrastruktur, die Müllabfuhr und die Wasserleitungen, sondern auch auf jene, die für Ordnung sorgen sollen. Polizei und Justiz stoßen längst an Grenzen.
Nach Angaben des spanischen Innenministeriums ist die Zahl der Straftaten auf den Kanarischen Inseln im ersten Halbjahr 2025 im Vergleich zum Vorjahr um 0,9 Prozent gestiegen – auf insgesamt 55.156 Fälle.
Auffällig sind vor allem die schweren Delikte: Vorsätzliche Tötungsdelikte und Morde nahmen um 223,3 Prozent zu, Entführungen verdoppelten sich. Auch versuchte Tötungsdelikte legten um ein Drittel zu.
Zuwächse gab es zudem bei Raubüberfällen mit Gewalt und Einschüchterung (+14 Prozent), beim Drogenhandel (+9,8 Prozent), bei Körperverletzungen und Tumulten (+9,3 Prozent) sowie in der allgemeinen Cyberkriminalität (+24,8 Prozent). Rückläufig sind dagegen Delikte gegen die sexuelle Freiheit (–10,1 Prozent), Wohnungseinbrüche (–8 Prozent) und Fahrzeugdiebstähle (–10 Prozent).
Im nationalen Vergleich ergibt sich so ein gegenteiliges Bild: In ganz Spanien sank die Gesamtkriminalität um 0,9 Prozent. Allerdings meldete das Innenministerium auch hier einen Anstieg bei Sexualdelikten. So nahmen die Anzeigen wegen Vergewaltigungen im ersten Halbjahr 2025 um 7 Prozent zu, auf insgesamt 2.655 Fälle.
Offizielle Quellen liefern für die drastischen Zuwächse bei Mord- und Entführungsdelikten keine Erklärung. Nur zum Thema Sexualdelikte weist das Innenministerium darauf hin, dass der Anstieg "auf eine aktive Sensibilisierungs- und Toleranzpolitik zurückzuführen [ist], die zu einer Zunahme der Anzeigen bei den Strafverfolgungsbehörden führt".
Nichtsdestotrotz werden in weiteren Berichten plausible Faktoren diskutiert: Die konservative Abgeordnete Mónica Muñoz warnt im Regionalparlament vor einem Kontrollverlust. Polizei und Justiz seien überlastet, um mit dem Anstieg schwerer Delikte Schritt zu halten, wie das Online-Magazin "Kanarenmarkt" berichtet.
Zudem zeigt eine großangelegte Polizeioperation, die sogenannte "Operación Sombra Negra", wie stark das organisierte Verbrechen in den Drogenhandel eingebunden ist; Schlagzeilen bei "Canarias7" und anderen Medien berichten von der Zerschlagung eines Netzwerks, das Tonnen Kokain über Schnellboote einschmuggelte.
Nicht zuletzt lässt sich der Druck auch auf den boomenden Tourismus anführen: In Regionen wie Fuerteventura, La Oliva oder Pájara verzeichnet man signifikante Zuwächse bei Gewalt- und Drogendelikten, während die großen Städte teils sinkende Kriminalitätsraten aufweisen.