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Urlaub: Ryanair gegen Aena – Schlammschlacht in Spanien um die Gebühren

July 15, 2019 - Athina, Attica, Greece - Ryanair Boeing 737-800 aircraft landing at Athens International Airport AIA Eleftherios Venizelos ATH LGAV during a summer blue sky day. The airplane has 2 CFM ...
Abgehoben.Bild: imago images / Nicolas Economou
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Ryanair kürzt Millionen Sitze – Spaniens Aena spricht von "Erpressung"

Ryanair streicht in Spanien eine Million Sitze, Aena kontert mit einem 66-seitigen Dossier. Ein Lehrstück darüber, wie laut die Luftfahrt werden kann, wenn beide Seiten zugleich Opfer und Ankläger sein wollen.
04.09.2025, 13:4904.09.2025, 13:49
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Die eine Seite beschwert sich über 68 Cent, die andere über 21 Prozent. Dahinter steht eine Grundsatzfrage, die sich so nur in der europäischen Luftfahrt stellt: Wer darf lauter jammern – eine Billigairline mit einem Faible für theatralische Drohungen oder ein Flughafenbetreiber, der seine Monopolstellung mit der Manier des beleidigten Hausherrn verteidigt?

Ryanair unterstellt Aena, nur auf Profit aus zu sein

Ryanair kündigte Anfang September an, im Winterflugplan 2025/26 rund eine Million Sitzplätze in Spanien zu streichen – 600.000 auf dem Festland, 400.000 auf den Kanarischen Inseln. Die Begründung klingt gewohnt dramatisch: Aena plane eine Gebührenerhöhung um 6,5 Prozent, und das mache Strecken unwirtschaftlich.

Eddie Wilson, Chef von Ryanair Airlines, sprach von einem "monopolistischen Flughafenbetreiber", der "kein Interesse daran habe, den Verkehr an spanischen Regionalflughäfen zu entwickeln" und sich nur auf "Rekordgewinne an großen Flughäfen" konzentriere.

Normalerweise bleibt es bei solchen Vorwürfen. Ryanair droht, die Politik schweigt oder beschwichtigt, am Ende bleibt der Airline das letzte Wort. Diesmal nicht. Spaniens Flughafenbetreiberin Aena reagierte mit einer Wucht, die in der Branche Seltenheitswert hat.

Maurici Lucena, Präsident von Aena, warf Ryanair "Selbstgerechtigkeit, Unhöflichkeit, Erpressung und Gier" vor, wie die spanische Tageszeitung "El País" zitiert. In einem Kommuniqué samt 66-seitigem Dossier wetterte er:

"Es wäre schwer, in der jüngeren Wirtschaftsgeschichte ein anderes Beispiel zu finden, wo die Diskrepanz zwischen operativer Exzellenz und der Unehrlichkeit der Kommunikationspolitik so frappierend ist wie bei Ryanair."

Ryanair hatte zuvor gewarnt, steigende Gebühren könnten Spanien für Tourist:innen unattraktiv machen, ja sogar das Land "schließen". Aena weist diese Lesart zurück und verweist darauf, dass die umstrittenen Aufschläge marginal seien: 68 Cent pro Passagier, an kleinen Flughäfen zwei Euro. Der europäische Durchschnitt liegt weit höher.

Gleichzeitig habe Ryanair die eigenen Ticketpreise im Schnitt um 21 Prozent erhöht. Lucena nannte Aussagen wie "Spanien ist geschlossen für Tourismus" angesichts von knapp 100 Millionen erwarteten internationalen Gästen schlicht absurd.

Deutschland kennt Auseinandersetzung mit Ryanair

Der Rückzug aus Regionalflughäfen gehört bei Ryanair mittlerweile zum Standardrepertoire. In Deutschland nutzte die irische Airline Flughäfen wie beispielsweise Lübeck lange als Druckmittel. In Lübeck kündigte Ryanair 2016 den Rückzug an, weil der Flughafen in Turbulenzen geriet. Erst in diesem Jahr wurde Ryanair als Airline zurückgeholt.

Anderes Beispiel: 2025 hat sich Ryanair komplett aus Dortmund, Dresden und Leipzig zurückgezogen und in Hamburg rund 60 Prozent des Angebots gestrichen. Offiziell heißt es stets, die "überhöhten Gebühren" und Luftverkehrssteuern seien schuld. Ein Narrativ, das die Airline seit Jahren pflegt, wann immer sie Standorte schwächt oder verlässt.

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Ryanair-Chef Eddie Wilson kämpft mit harten Bandagen.Bild: imago/ tt

Neu ist, dass sich diesmal der Flughafenbetreiber so lautstark wehrt. Spanien, wo Ryanair zu den wichtigsten Airlines zählt, will sich nicht länger erpressen lassen. Stattdessen legt Aena offen, wie die Strategie funktioniert: Flugzeuge werden dorthin verlegt, wo höhere Ticketpreise möglich sind – Gebühren dienen dabei als willkommenes Feigenblatt.

Der Konflikt ist längst politisch. Verkehrsminister Jordi Hereu erklärte laut "El País": "Wir werden uns nicht Ryanairs willkürlichen Entscheidungen unterwerfen". Arbeitsministerin Yolanda Díaz kündigte Gespräche mit Ryanair an – verbunden mit dem Hinweis, dass Spaniens Gesetze auch für Billigflieger gelten.

Gleichzeitig erinnert der Streit an eine Grundspannung, die die europäische Luftfahrt seit Jahren begleitet: Wie viel Macht darf eine Airline haben, die zwar Millionen Passagiere transportiert, aber ihre Verhandlungsmacht regelmäßig durch Abzugsdrohungen unter Beweis stellt?

Dass Aena diesmal so hart reagiert, ist auch Symbolpolitik. Die Botschaft lautet: Spanien lässt sich nicht von der lautesten Airline Europas an der Nase herumführen. Ob das am Ende mehr ist als ein verbaler Schlagabtausch, wird sich zeigen. Möglich, dass andere Flughafenbetreiber genau hinschauen und sich ermutigt fühlen.

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