Nachhaltigkeit
Gastbeitrag

Fridays for Future: Warum die Aktivisten am Hotel Adlon in Berlin demonstrieren

Fridays For Future Demo In Cologne Thousands of people take part in a climate demonstration as part of the Fridays for Future climate action movement in Cologne, Germany, on September 20, 2024. Cologn ...
Fridays for Future kämpft gegen den Aufbau einer neuen Gas-Infrastruktur.Bild: imago images / NurPhoto
Gastbeitrag

Fridays for Future: Warum die Aktivisten am Hotel Adlon in Berlin demonstrieren

13.12.2024, 17:04
Nele Evers
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Es ist kalt und schon ein bisschen dämmrig. Ein klassischer Berliner Winternachmittag. Aber statt über einen Weihnachtsmarkt zu spazieren oder gemütlich in meinem Lieblingscafé zu sitzen, stehe ich mit zahlreichen Menschen vor dem Hotel Adlon. Dort treffen sich seit Montag Vertreter:innen der Gaslobby, um sich selbst zu feiern, einander Preise für besonders gutes Marketing zu verleihen und zu überlegen, wie sie Gas weiter zu einer Zukunftsenergie machen können.

Natürlich gibt es auch Champagner und Häppchen, es ist ein richtig nettes Lobbyevent. Was wir hier vor dem Adlon wissen: Gas ist eben keine Zukunftsenergie. Und dass sich hier die fossile Lobby trifft, ist mehr als gefährlich. Deshalb stehen wir hier, mit Menschen aus Berlin, anderen Teilen Deutschlands, den weitesten Weg hatte wohl eine Gruppe Aktivist:innen aus den Südstaaten der USA, dort, wo das Fracking-Gas herkommt, das hier in Deutschland genutzt wird.

Alle zwei Wochen melden sich Aktivist:innen von Fridays for Future in einem Gastbeitrag bei watson zu Wort.
Alle zwei Wochen melden sich Aktivist:innen von Fridays for Future in einem Gastbeitrag bei watson zu Wort.

Fossile Lobby versucht alles, um Klimaschutz zu verhindern

Einige der Menschen hier waren in den letzten Tagen schon bei unserem Gegengipfel, der so gut besucht war, dass zwischenzeitlich niemand mehr rein konnte, andere haben Aktionen am Vormittag organisiert, und jetzt stehen wir gemeinsam hier gegen die fossile Lobby.

Was wir nämlich auch wissen: Diese fossile Lobby, die sich im Hotel Adlon trifft, versucht alles, um Klimaschutz zu verhindern, einfach, weil sie mit Öl und Gas ziemlich gutes Geld machen können. Für uns ist klar: Weitere Profite auf unsere Kosten sind keine Option!

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Denn während Energiewende und Klimaschutz eigentlich nur noch eine Frage des "Wann?" und nicht mehr des "Ob" waren, laufen wir jetzt Gefahr, direkt in die nächste fossile Falle zu tappen. Nachdem wir mühsam den Kohleausstieg erkämpft haben, wird uns ein anderer fossiler Energieträger als "saubere Alternative" verkauft. Mal als "Brücke", um die Energieversorgung zu sichern, mal als längerfristige Sache.

Methan: der Umweltkiller

Dabei sind Gas und Klimaziele absolut nicht miteinander zu vereinbaren. Gas ist nicht besser als Kohle – im Gegenteil. Es ist deutlich dreckiger und klimaschädlicher: Emissionen entstehen sowohl bei der Förderung als auch bei der Verbrennung. Auch wenn diese erstmal nur halb so hoch sind wie bei der Verbrennung von Kohle, sind die Emissionen bei Förderung und Transport viel schwerwiegender.

Hier handelt es sich nämlich vor allem um Methan – ein viel stärkeres Treibhausgas als CO₂. Außerdem wird auch bei der Gasförderung viel zerstört, nur ist das nicht so offensichtlich wie ein Kohletagebau, der als riesiges Loch in der Landschaft klafft.

Gasbohrtürme sind kleiner, Bohrplattformen auf dem Meer sieht man normalerweise nicht. Obwohl bekannt ist, wie schlimm Gas ist, wird weltweit darauf gesetzt. "Für die Energiesicherheit", ist meist das Argument. Beim genaueren Hinschauen fällt aber auf: Die meisten Gas-Projekte braucht es nicht für die Energiesicherheit.

Da ist ganz egal, ob es um die Gasbohrungen vor Borkum, in Reichling oder ein neues LNG-Terminal auf Rügen geht. Vor allem das sogenannte LNG aber ist aktuell ein totaler Hit bei der Bundesregierung. "Liquified Natural Gas" ist Flüssiggas. Es wird meist durch Fracking gewonnen, eine besonders dreckige, umwelt- und gesundheitsschädliche Art, Erdgas zu fördern.

In den Abbauregionen wird enorm viel Wasser benötigt, das Grundwasser verschmutzt, es kommt zu Erdbeben, das Risiko an Krebs zu erkranken ist achtmal höher als in anderen Regionen. Deutschland bezieht sein LNG vor allem aus den USA. Dort ist Fracking, anders als hier, erlaubt – und das auch mal in einem Wohngebiet. Aber auch aus Qatar etwa bezieht Deutschland Gas.

Gas lohnt sich nicht

Womit wir auch schon beim nächsten Problem sind: Durch Gasimporte und damit verbundene Verträge entstehen neue Abhängigkeiten, in vielen Fällen von autokratischen Staaten. Welche Folgen das hat, haben wir 2022 mit den Gasimporten aus Russland gesehen.

Um auch noch ein letztes Argument zu entkräften: Gas ist wirtschaftlich nicht rentabel. Es ist teuer, jetzt und für zukünftige Generationen, und dass die Infrastruktur für Gas bald für "grünen" Wasserstoff genutzt werden kann, stimmt auch nur halb. Eine Nutzung ist zwar an sich möglich, aber dafür müsste noch einmal teuer umgerüstet werden und grünen Wasserstoff wird es so schnell gar nicht geben.

Nele Evers ist 20 Jahre alt und seit über fünf Jahren bei Fridays for Future aktiv.
Nele Evers ist 20 Jahre alt und seit über fünf Jahren bei Fridays for Future aktiv.Bild: privat

Wir würden uns für weitere Jahrzehnte an fossile Energien binden und verbauen uns den Weg zu einer dringend notwendigen, konsequenten Energiewende hin zu erneuerbaren Energien. Ehrliche Debatten dazu gibt es aber nicht, stattdessen werden Luftschlösser gebaut.

Da ist wenig verwunderlich, dass laut einer aktuellen Umfrage der TU Ilmenau nur ein Viertel der Deutschen daran glaubt, dass Deutschland die Energiewende gut meistern wird. Ein Blick auf die Fakten zeigt: Gas ist – in jeglicher Form – eine Katastrophe. Es ist keine Energie des 21. Jahrhunderts.

Wir machen uns von Autokraten abhängig

Wenn wir jetzt weiter Gas-Infrastruktur aufbauen, zerstören wir nicht nur jede Perspektive auf eine gute Zukunft, nein, wir machen unsere Energieversorgung langfristig von Autokraten abhängig. Es braucht jetzt einen klaren Weg, weg von allen fossilen Energieträgern.

Politiker:innen sind jetzt gefordert, Maßnahmen zu ergreifen, statt fossile Konzerne weiter unsere Zukunft zerstören zu lassen. Alle Parteien stehen in der Verantwortung, den Ausbau von Gas-Infrastruktur zu stoppen und einen Plan für den vollständigen Ausstieg aus Gas bis 2035 zu entwickeln.

Wir haben keine Zeit mehr zu verlieren, gerade jetzt vor der Bundestagswahl braucht es von allen Parteien ein klares Bekenntnis zu unseren Klimazielen! Es braucht Pläne, diese einzuhalten und nicht aufzuweichen.

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Die Bilder aus Los Angeles gingen gestern um die Welt: Angetrieben durch starke Winde breiteten sich in und um die US-Metropole mehrere verheerende Brände aus. Auf Social Media wurden schockierende Videos geteilt, in denen sich Menschen teils bei ihrer Flucht filmten. Anwohner:innen mussten ihre Häuser zurücklassen, um sich zu retten.

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