Ein Jahr Corona-Krise, ein Jahr weniger Konsum, kaum bis keine Urlaubsflüge und weniger Verkehr. Der Emissionsrückgang ist zwar historischer Rekord, aber ungefähr in der Größenordnung, die notwendig ist, um das CO2-Budget für eine Erderhitzung von 1,5 Grad nicht zu sprengen. Dieser notwendige Rückgang wurde nicht durch nachhaltige Änderung unserer Wirtschaftsweise erreicht. Die Emissionen sind nur aufgrund einer globalen Pandemie gesunken, aufgrund von rigorosen Einschränkungen unserer Grundrechte.
Und während wir noch Zuhause sitzen und darauf warten, mit dem Impfen an der Reihe zu sein, wünschen sich alle ein Leben wie vor Corona zurück. Nur: Wie soll das funktionieren? Die Klimamaßnahmen der meisten Länder sind nicht ansatzweise mit dem 1,5-Grad-Limit vereinbar und neue Corona-Konjunkturpakete stehen sogar in direktem Widerspruch zu den eigenen Klimazielen.
Ein fossiler Neustart unserer Wirtschaft katapultiert uns schneller denn je wieder auf den Kurs in Richtung Klimakatastrophe. Deutschland beispielsweise investiert nun genauso viele Milliarden in fossile Industrien, wie in zukunftsfähige Konzepte.
Millionen Menschen erfahren bereits jetzt am eigenen Leib, was ein Leben auf einem mehrere Grade wärmeren Planeten bedeutet. Nahrungsmangel, Desertifikation und das Ansteigen der Meeresspiegel fordern schon heute Leben. Aktivistinnen aus den heute schon von der Klimakrise besonders betroffenen Regionen zeigen uns: Die bisherige Erhitzung von 1,2 Grad bedeutet für sie schon die Hölle. Während Corona alles andere verdrängt, müssen wir ganz besonders hinschauen und die Zusammenhänge sehen.
Seit Jahrhunderten haben europäische Industrieländer Kolonialstaaten ausgebeutet und Profit daraus geschlagen. Diese Machtverhältnisse spiegeln sich in heutigen Ungerechtigkeiten wider. Wer am wenigsten zur Klimakrise beigetragen hat, muss heute schon dagegen kämpfen. Wir brüsten uns damit Elektromobilität auszubauen, während wird dafür Ressourcen aus Bolivien verscherbeln.
Auch die Pandemie ist vermutlich der Ausbeutung von Mensch und Natur geschuldet, und die Umweltzerstörung macht unseren Planeten noch fragiler. Kurze Konsumpausen reichen nicht aus, wenn die Krise im System steckt. Denn wer in der Gesellschaft privilegiert ist, kann sich einfacher schützen. Sei es durch den Kauf von FFP-2 Masken, dadurch, dass der Job im Homeoffice gemacht werden kann anstatt an der Supermarktkasse, oder durch ein besonders gut gedämmtes Eigenheim.
Und genau darum müssen wir über eine gerechte Strategie diskutieren, die in den nächsten Jahren den Weg für eine Gesellschaft ebnet, in der alle in Krisen abgefangen werden können. Das ist keine Gesellschaft des Verzichts, sondern voller Chancen. Um die Systemkrise, die durch Corona offensichtlich geworden ist, zu überwinden, braucht es dieses Jahr uns alle: Sprecht über die so großen Gerechtigkeitsfragen! Was müssen wir jetzt einfordern, um in vier Jahren nicht immer noch dazustehen und zu sagen: Es hat nicht gereicht.
Wir befinden uns heute schon auf dem Worst-Case-Pfad in Richtung Klimakatastrophe. Wir können nicht bis zu den nächsten Wahlen warten und auf ein bisschen Veränderung hoffen. Wir müssen die Wende selbst in die Hand nehmen.
Eine Kehrtwende weg von nationalem Wohlstandsklimaschutz hin zu klarer Klimagerechtigkeit heißt nicht mehr nur auf die Emissionen zu schauen, sondern auf die Menschen, die heute schon betroffen sind. Sucht Gleichgesinnte und protestiert gemeinsam. Das Thema ist nicht mit dem heutigen globalen Klimastreik abgetan, sondern ist jeden Tag von besonderer Relevanz. Wir brauchen drastische Maßnahmen und diese müssen sozial gerecht gestaltet werden. Wie dieser Systemwandel aussehen wird, entscheiden wir alle. #Allefür1Komma5!