Sie ist riesig, für die einen furchteinflößend, für andere schön und war eigentlich von der Bildfläche verschwunden: Die Harpyie, der größte Greifvogel Südamerikas, wurde überraschend in einem Regenwald im Süden Mexikos gesichtet – obwohl sie dort als ausgestorben galt.
Benannt nach den unheimlichen Vogel-Frauen der griechischen Mythologie, macht dieser gefiederte Koloss seinem Namen alle Ehre. Vor allem die Weibchen beeindrucken: Mit bis zu 18 Kilogramm Gewicht und einer Flügelspannweite von über zwei Metern wirken sie fast wie aus einer anderen Zeit.
Während sich in Südamerika noch zehntausende Harpyien durch die Baumkronen jagen, ist der majestätische Greif in Zentralamerika so gut wie verschwunden. In Mexiko galt er lange als endgültig verloren – bis jetzt.
Bereits 2011 schoss ein lokaler Guide der indigenen Gruppe Siyaj Chan an der Grenze zu Guatemala ein Foto, das die Hoffnung von Naturschützer:innen neu entfachte. Nun steht fest: Die Harpyie lebt (noch) – zumindest in den Tiefen des Regenwaldes von Lacandon, der sich über fast zwei Millionen Hektar von Chiapas bis in den Süden der Yucatán-Halbinsel erstreckt.
"Die Wissenschaft hat sie jahrelang für ausgestorben gehalten", sagt Alan Monroy-Ojeda, Tropenökologe und Leiter einer Naturschutzorganisation in Mexiko, laut dem Portal "Good News Network". "Aber jetzt können wir der Welt sagen: Die Harpyie ist zurück."
Ganz so triumphal, wie es klingt, ist es allerdings nicht. Wenn es in Lacandon überhaupt noch eine kleine Population gibt, dann besteht sie vermutlich nur aus wenigen Exemplaren. Harpyien sind zwar eher leise, aber keinesfalls scheu – sie wären Vogelbeobachter:innen sicher aufgefallen. Und der Nachwuchs lässt auf sich warten: Weibchen legen nur alle zwei bis drei Jahre ein einziges Ei.
Dennoch ist die Entdeckung ein Hoffnungsschimmer – und ein deutliches Signal, wie wichtig der Schutz von Biodiversitäts-Hotspots wie Lacandon ist. Immerhin leben dort ein Drittel aller Vogelarten und ein Viertel aller Säugetiere Mexikos.