Denkt man an die Weltmetropole New York City, erscheinen meist unweigerlich riesige Wolkenkratzer und die Silhouette der Wall Street vor dem inneren Auge. In der gesamten Stadt gibt es laut offiziellen Angaben rund 6000 Hochhäuser, die mehr als zwölf Stockwerke haben, viele davon im Financial District in Manhattan.
Was in US-amerikanischen Romcoms häufig als glänzendes Stadtleben dargestellt wird, hat allerdings erhebliche Konsequenzen für die Bewohner:innen der Großstadt, in der es inzwischen vor allem an bezahlbarem Wohnraum fehlt. Allein in New York galten 2023 offiziell rund 90.000 Menschen als obdachlos, für viele weitere sind nur noch die Außenbezirke der Stadt bezahlbar.
Um diesem Problem entgegenzuwirken, verfolgt die Stadt bereits seit den 1990er Jahren eine innovative Strategie, die nun vor allem durch die Corona-Pandemie erneut Aufschwung erhalten hat: Ehemalige Bürogebäude im Finanzdistrikt von New York werden nach und nach zu Wohnraum.
Anstatt die mittlerweile oft leerstehenden Gebäude abzureißen, werden diese umstrukturiert und zu "vertikalen Communitys". Die Bewohner:innen mieten also kleine Studio-Apartments, die auf weiteren Etagen durch gemeinsam genutzte Räume wie Fitnessstudios, Workspaces und Grillstationen auf Dachterrassen ergänzt werden.
Vor allem nach der Corona-Pandemie blieben viele Bürogebäude ungenutzt und Homeoffice wurden bei vielen US-Unternehmen zum Standard. Die Transformation soll hier ansetzen und innovative Arbeitsplätze mit Wohnraum kombinieren.
Die größte Herausforderung der Transformation sind die Fenster und die damit verbundene Belüftung der Hochhäuser im Finanzdistrikt. Durch ein neues Gesetz in New York City dürfen zumindest 45 Prozent der Wohnfläche fensterlos sein.
Trotzdem müssen vielerorts neue Fenster eingebaut werden oder extra Luftschächte und Innenhöfe eingerissen werden, um die dunklen Bürogebäude für den Wohnbedarf anzupassen. Um den damit verlorenen Raum zu kompensieren, werden die Gebäude mitunter auch noch weiter erhöht.
Durch die Transformation soll sich das Leben in New York City grundlegend verändern und mehr Pendler:innen für die Stadt selbst begeistern. Ein aktuell im Umbau befindliches Hochhaus mit 30 Stockwerken soll ab 2025 mehr als 500 neue Wohnungen zur Verfügung stellen.
Einen positiven Effekt könnte das New Yorker Projekt auch für das Klima haben. Laut einer Berechnung des Planungsunternehmens Arup würde die geplante Umstrukturierung von gut 200 Bürogebäuden bis 2050 zu einer Verringerung der CO₂-Emissionen um mehr als 50 Prozent führen.
Doch auch für eine umstrukturierte Wohnung mitten in New York City wird weiterhin ein stabiles Budget erforderlich sein, die Mieten orientieren sich am Markt. Die Preise für ein Studio-Appartment beginnen bei 3500 Dollar. Eine Zweizimmerwohnung kann man für knapp 8000 Dollar mieten.
Zum Vergleich: In den abgelegeneren Stadtgebieten wie Bronx oder Queens kostet ein Apartment für eine Person "nur" etwa 1500 Dollar. Expert:innen fordern in diesem Zusammenhang staatliche Subventionen für die Anmietung der umstrukturierten Häuser in New York City. Bisher steigt die Zahl der Wohnungslosen in den USA jedes Jahr weiter an.