Gefahr für Wale: Australien diskutiert über Netze gegen Haie
Was an deutschen Stränden kaum ein Thema ist, beschäftigt Australien schon seit Jahrzehnten: Hai-Angriffe. Auch wenn pro Jahr im Schnitt nur eine einstellige Anzahl an Menschen dabei ums Leben kommt, erzeugen die Todesfälle regelmäßig große mediale Aufmerksamkeit.
Auch deshalb werden in Down Under zahlreiche Maßnahmen ergriffen, um Badegäste zu schützen. Dazu zählen etwa Hainetze. Die sollen die Raubfische möglichst von beliebten Stränden fernhalten; mancherorts sind sie schon seit den 1960er-Jahren im Einsatz.
Doch es gibt auch Kritik: In den Netzen verfangen sich nämlich nicht nur Haie, sondern auch weitgehend ungefährliche Tiere wie Meeresschildkröten oder Delfine. Selbst für größere Wale stellen die Netze eine Gefahr dar, wie eine aktuelle Auswertung von Wissenschaftler:innen der Macquarie University zeigt.
Australien: Mehr Wale verfangen sich in Hainetzen
Demnach hat sich die Zahl der Wale, die sich vor der Küste des australischen Bundesstaats Queensland in den Hainetzen verheddern, 2025 im Vergleich zum Vorjahr bereits verdoppelt. Die absoluten Zahlen sind zugegebenermaßen überschaubar: Im Schnitt bleiben pro Jahr sechs der Meeressäuger in den Netzen hängen, dieses Jahr sind es schon neun.
Trotzdem beschreibt Rob Harcourt, Meeresbiologe an der Macquarie University, die Vorfälle gegenüber dem "Guardian" als "entsetzlich".
Vor rund einer Woche hat sich etwa eine Buckelwal-Mutter mit ihrem Kalb in einem Hainetz verfangen. Drohnenaufnahmen, in denen die Tiere ums Überleben kämpfen, lösten auf Instagram empörte Kommentare aus. Viele User:innen forderten "nets out now", also "Netze raus jetzt".
Letztlich konnten die Mutter und ihr Kalb befreit werden, heißt es in einem Instagram-Post. Teile des Netzes würden sie aber noch weiter mit sich schleifen. Der Meeresbiologe Harcourt warnt, dass die Meeressäuger aufgrund des hohen Stresspegels langfristige Schäden nehmen können; im schlimmsten Fall würden sie ertrinken.
Die einzige Möglichkeit, das zu verhindern, sei es, die Netze zu entfernen. Denn andere Ansätze, etwa die Wale durch akustische Signale von den Netzen fernzuhalten, hätten sich als wirkungslos erwiesen.
Queensland: Verantwortliche wollen Hainetze nicht abbauen
Doch diese Forderung will Queensland offenbar nicht erfüllen. Laut "Guardian" erklärt der Premier des australischen Bundesstaats, dass man den Schutz der Wale nicht "auf Kosten eines einzigen Menschenlebens" ausweiten werde. Eine Sprecherin des Ministeriums für Primärindustrie gab dem Bericht zufolge zudem an, dass alle Wale, die sich in den Netzen verfangen hätten, sicher und lebendig wieder befreit worden seien.
Die Fronten scheinen verhärtet zu sein. Dabei gibt es mit Blick auf die Walpopulationen vor der australischen Küste eigentlich gute Nachrichten. Dass sich derzeit mehr Wale in den Hainetzen verheddern, hängt nach Angaben von Harcourt und seiner Kolleg:innen unter anderem daran, dass ihre Zahl schlicht angewachsen ist.
Die Population der Buckelwale habe sich beispielsweise so gut erholt, dass dieses Jahr die Marke von 50.000 Tieren geknackt worden sei. Für den Meeresbiologen ist zumindest das eine Erfolgsgeschichte.