Klar, allen ist bekannt, dass die Polkappen schmelzen und das ein wichtiger Kipppunkt der Klimakrise ist. Dadurch steigt etwa der Meeresspiegel und Tierarten sind bedroht.
Dennoch: Viele denken, dass sich Gletscher am Nord- und Südpol befinden, in Island oder Grönland, und nicht im Zentrum Europas. Nicht unser Problem also. Doch das ist ein Trugschluss. Darauf weist nun die UN hin und hat am 21. März daher auch den weltweit ersten Welttag der Gletscher ausgerufen. Denn weltweit sind Milliarden Menschen von dem Problem betroffen.
Der rapide Abschmelzprozess der Gletscher bedroht die Zukunft der Menschheit massiv, wie die Weltwetterorganisation (WMO) der UN am Freitag warnte. Die WMO hob anlässlich des ersten Welttags der Gletscher hervor, wie dramatisch die Lage ist.
Mit dem Eis schwinde demnach eine lebenswichtige Süßwasserquelle, die Menschen für Trinkwasser, Landwirtschaft und Industrie benötigen. Dadurch sei gar die Essens- und Wasserzufuhr von zwei Milliarden Menschen weltweit bedroht.
WMO-Generalsekretärin Celeste Saulo machte anlässlich dieser Statistik noch einmal klar: Die Schmelze ist nicht nur eine "ökologische, wirtschaftliche und gesellschaftliche" Angelegenheit und der Erhalt der Gletscher aus dieser Sicht eine "Notwendigkeit". Sondern es ist auch "eine Frage des Überlebens".
Ein weiteres Problem: Zwei Drittel der bewässerungsabhängigen Landwirtschaft weltweit sollen laut der UN von der Gletscherschmelze beeinflusst werden.
Das Ausmaß der Gletscherschmelze ist indes bei einem Blick auf die reinen Zahlen schwer vorstellbar: Seit 1976 sind weltweit fast 9.200 Gigatonnen Gletschereis verschwunden, wie der Welt-Gletscher-Beobachtungsdienst (WGMS) der Universität Zürich mitteilte.
In einfachen Worten: Das entspricht einer 25 Meter dicken Eisschicht von der Größe Deutschlands, wie WGMS-Direktor Michael Zemp erklärte.
Seit dem Jahr 2000 sei der Meeresspiegel infolge der Schmelze um 18 Millimeter gestiegen. Das mag sich zwar minimal anhören, doch Zemp rechnete vor:
Auch in Deutschland spielt die Schmelze eine Rolle. Die beiden Gletscher auf der Zugspitze werden infolge des Klimawandels laut einem "BR24"-Bericht abschmelzen.
Demnach soll der Nördliche Schneeferner den Gletscherstatus Ende dieses Jahrzehnts verlieren, der Höllentalferner voraussichtlich 2040. Zudem bekommt Deutschland auch die Folgen eines Nachbarn zu spüren: Die Schweiz gelten als "Wasserschloss Europas", doch die dortigen Alpengletscher schmelzen dramatisch.
Hydrologe Jan Seibert von der Uni Zürich erklärte der "Tagesschau", dass das unter anderem Folgen für die Wasserversorgung im Rhein haben wird. Dort müsse in Zukunft mit häufigeren und längeren Niedrigwasserphasen gerechnet werden.
Dies könnte demnach etwa auf die Trinkwasserversorgung in den Rhein-Regionen, aber auch auf die deutsche Wirtschaft haben. Einerseits würden 30 Millionen Menschen, die durch aufbereitetes Rheinwasser versorgt werden, betroffen sein. Andererseits könnten bei zu niedrigem Pegelstand im Rhein zahlreiche Container-Schiffe nicht oder nur mit weniger Last fahren.
Während des Rhein-Niedrigwasser 2018 sei auf diese Weise etwa ein Schaden von 10 Milliarden Euro für die deutsche Wirtschaft entstanden. Die Benzinpreise seien damals laut Siebert "explodiert".
Insgesamt hat sich die Gletscherschmelze vor allem in den vergangenen Jahren dramatisch entwickelt. 2024 verloren die 19 Gletscherregionen der Welt laut WGMS-Daten insgesamt 450 Milliarden Tonnen Eis. Damit war es das viertstärkste Schmelzjahr seit Beginn der Aufzeichnungen. In fünf der letzten sechs Jahre wurden Rekordverluste gemessen.
Besonders betroffen waren im vergangenen Jahr die Gletscher in Skandinavien und Nordasien, die Rekorde beim Eisverlust verzeichneten. Weniger drastisch war die Entwicklung in der kanadischen Arktis und rund um Grönland.
Dennoch bleibt die Prognose besorgniserregend: Sollten die aktuellen Schmelzraten anhalten, könnten viele Gletscher in Nordamerika, Skandinavien und Neuseeland das 21. Jahrhundert nicht überdauern.
(mit Material der dpa und afp)