Seit einer Weile beschleicht mich ein Gefühl: Unsere Gesellschaft zieht das mit der Nachhaltigkeit nicht mehr so durch, wie es noch vor ein paar Jahren der Fall war. Denn es ist anstrengend, seine Lebensweise in einer kapitalistischen und konsumorientierten Gesellschaft dauerhaft so anzupassen, dass der eigene CO₂-Fußabdruck möglichst klein bliebt.
Vor allem, wenn einen nach einer Weile der persönlichen Klima-Bemühung das Gefühl überkommt, dass es keinen großen Unterschied macht, ob man selbst nun nur einmal oder zweimal im Jahr in einen Flieger steigt. Oder ob man sich die Schuhe aus veganem Leder oder richtigem Leder gönnt. Oder ob man sich eine vegane oder richtige Currywurst bestellt.
Als sich im Jahr 2018 die Klimabewegung Fridays for Future für junge Menschen gebildet hat und es anschließend weitere Gruppen wie Extinction Rebellion gab, fühlte sich das ganze fast nach einer Revolution an. Endlich gingen Menschen – in Massen – für das Klima auf die Straßen.
Sie stellten Forderungen an die Politik und ihre Mitmenschen, gaben konkrete Handlungsmöglichkeiten für Einzelpersonen und große Unternehmen. Ich hatte damals das Gefühl: Wenn jetzt alle zusammen am gleichen Strang ziehen, können wir gemeinsam viel bewegen.
Wenn jetzt alle selbst in kleinen Dingen auf ihr Handeln achten (ein paar Minuten weniger Duschen, öfter das Fahrrad nehmen, öfter auf tierische Produkte verzichten, den Zug anstatt den Flieger nehmen, ihr kennt die Tipps), macht das insgesamt eine riesige Summe, die sich in Bezug auf Ressourcen und CO₂-Ausstoß niederschlägt.
Im September 2019 nahmen allein in Deutschland 1,4 Millionen Menschen an der Demonstration von FFF teil, laut Bund Naturschutz gab es in diesem Jahr die größten Klimaproteste aller Zeiten. Die Klimaschutzbewegung, die ihren Ursprung dank Greta Thunberg in Schweden hat, schaffte es innerhalb kürzester Zeit, weltweit Ableger zu gründen, sich zu vernetzen und auf die Klimakrise und den mangelnden politischen Willen, etwas dagegen zu tun, aufmerksam zu machen.
Aber die Euphorie, gemeinsam etwas bewegen zu können, scheint abzuklingen. In meinem persönlichen Umfeld kann ich beobachten: Leute, die für das Klima lange auf Fleisch verzichtet haben, legen sich wieder alles auf den Teller, auf das sie Lust haben. Andere, die aufgrund der Klimakrise lange nicht geflogen sind, steigen nun doch wieder in den Flieger, um an Orten Urlaub zu machen, die dank steigender Wasserspiegel vielleicht bald nicht mehr bewohnbar sind.
Dieser Eindruck scheint sich auch in der Beteiligung an Klima-Demos widerzuspiegeln: Es werden Mal zu Mal weniger Teilnehmer:innen bei Klima-Demonstrationen wie denen von Fridays for Future. Bei der letzten hier in Deutschland im September waren schätzungsweise etwa 75.000 Menschen auf der Straße. Ein deutlicher Rückgang zu den ersten großen FFF-Demos.
Grund dafür ist sicherlich auch Repressionen gegen Aktivist:innen der Letzten Generation. Wer regelmäßig für Klimaschutz und eine bessere Zukunft auf die Straße geht und im Gegenzug mit (Polizei-)Gewalt konfrontiert wird, kommt wohl irgendwann an die eigenen Grenzen.
Gleichzeitig scheint sich bei Klimagipfeln wie auch dieses Jahr bei der COP 29 nichts wirklich Relevantes zu tun. Aus aller Herren Länder fliegen unzählige Vertreter:innen in ein Land, um dort viel zu bereden und nur wenig in die Wege zu leiten.
Nun wurde 2024 als – vermutlich – neues Rekordjahr gekürt, so heiß wie dieses Jahr war es noch nie zuvor, berichtete unter anderem das "Redaktionsnetzwerk Deutschland". Hitzerekordjahr war zuletzt 2023, aber auch die Jahre 2019, 2020 und 2022 gehören zu den Jahren mit den höchsten Temperaturen. Diese Zahlen und Rekorde sind entmutigend – vor allem für Menschen, die sich für den Klimaschutz einsetzen und ihre eigene Lebensweise so nachhaltig wie möglich zu gestalten versuchen.
Ich wage anzunehmen, dass auch das kommende Jahr wieder den ein oder anderen Hitze-, Unwetter-, Katstrophenrekord brechen wird. Denn nach allen aktuellen Berechnungen wäre es sehr erstaunlich, wenn 2025 plötzlich wieder moderatere Sommertemperaturen anstehen oder sich kein Hochwasser anbahnt.
Und genau das ist auch eines der Probleme, die dazu führen, dass die Leute sich immer weniger selbst gegen die Klimakrise einsetzen: Wir sind katastrophenmüde. Gerade dieses Jahr hatte davon wieder einige im Gepäck. Von der Wiederwahl Donald Trumps zum nächsten US-Präsidenten, über die anhaltenden Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten bis zum Auseinanderbrechen der Ampel.
Angesichts dessen ist es kein Wunder, dass sich viele Menschen Krisen-Scheuklappen anziehen und so mit einer Art Filter ihren Alltag beschreiten. Man versucht, sich nicht allzu sehr verrückt machen zu lassen von den vielen schlimmen Meldungen, die in Bezug auf Klima, Krieg und politischen Krisen auf uns einprasseln.
Dabei können einem jedoch auch die positiven Entwicklungen entgehen. Die Mutmacher, die zeigen, dass es durchaus besser werden kann. Und weil negative Nachrichten heutzutage oft überhandnehmen, wollen wir einmal an ein paar Fakten und Errungenschaften aus diesem Jahr erinnern, die durchaus Mut machen:
Diese Liste würde sich zugegebenermaßen nicht beliebig lang weiterführen lassen. Ein paar weitere Punkte ließen sich jedoch durchaus noch ergänzen. Das zeigt: Es gibt noch viel zu tun. Aber es wird auch konstant an einer Verbesserung gearbeitet.
Für die Zukunft bliebt wohl nur eins: Die Hoffnung nicht verlieren und weitermachen. Ansonsten wird für uns alle ein bestimmter Satz wahr, den wohl viele aus Kindertagen kennen: Wer nicht hören will, muss fühlen.