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Vegan leben: Vom Teppich bis zum Regal – die Einrichtung unter der Lupe

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Klar, ein Ledersofa ist nicht vegan. Aber was ist mit unserem restlichen Mobiliar? Eine schnelle Recherche ergibt – Großbritannien und die USA sind diesbezüglich deutlich weiter. Bild: iStockphoto / shironosov
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Sind Teppich und Regal vegan? Unsere Einrichtung unter der Lupe

11.02.2022, 10:5516.03.2022, 11:38
Theresa Schwab
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"As vegan as possible" – die watson-Kolumne zu vegetarischem und veganem Leben

Ich beschäftige mich, unter anderem beruflich, viel mit Design und Einrichtungsgegenständen. Dabei achte ich vor allem auf folgende Kriterien: Gefällt mir die Optik? Ist die Qualität top? Da ich mich im Luxus-Segment bewege, sind Verarbeitung und Materialien meist hochwertig. Und Ästhetik ist eine individuelle Sache, die vom Zeitgeist beeinflusst wird.

Woran ich jedoch jahrelang keinen Gedanken verschwendet habe, selbst wenn ein bekannter Möbelentwurf mehrere tausend Euro kostete? Ob bei der Herstellung des Möbelstücks tierische Produkte verwendet wurden. Aber stopp, die Formulierung "selbst wenn" ist falsch. Denn eigentlich läuft es ja so: Je höher der Preis, desto luxuriöser die Materialien. Also Echtleder statt Kunstleder, Seide und Wolle statt Polyester und Baumwolle, Daunen statt Kunststofffüllungen.

Pilzgeflechte und Ananasblätter statt Daunen im Kissen?

Selbstverständlich gibt es Materialien, bei denen eindeutig ist, ob tierische Produkte enthalten sind, oder nicht: Lederbezüge von Sesseln und Sofas oder mit Daunen gefüllte Kissen. Ebenso wie Polsterbezüge, die Wolle enthalten. Klar – nicht vegan.

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Über die Autorin
As vegan as possible – das beschreibt Theresa Schwab am besten. In ihrer Kolumne berichtet die freie Journalistin über positive Erkenntnisse, über Anstrengungen und darüber, warum es okay ist, manchmal im Alltag an einem nicht-tierischen Lebensstil zu scheitern.

Ich selbst bin auch kein Fan von mit Schaumstoff gefüllten Kissen, auf denen ich am Ende schwitze. Die sogenannte Pflanzendaune Kapok, eine Faser der Kapokfrucht, ist jedoch eine angenehme Alternative. Inzwischen experimentieren immer mehr Firmen mit völlig neuen Materialien, darunter Pilzgeflechten, Kaktushaut, Ananasblättern oder Apfelschalen.

"Ich frage mich: Existieren denn keine kleinen, feinen Marken, die sich auf vegane Möbel und Accessoires spezialisiert haben? Meine Suche bleibt erfolglos."

Vielmehr geht es mir um versteckte Inhaltsstoffe, denn bei einem Vollholzregal hatte ich lange Zeit keine Bedenken. Dabei können Holzleime, weitere Klebstoffe, Farblacke, Wachse und andere Oberflächenbehandlungen tierischen Produkte wie Knochen, Bienenwachs oder Schellack enthalten. Das Tückische: Die Inhaltsstoffe müssen nicht gekennzeichnet werden.

Möbel Höffner brachte als erstes deutsches Möbelhaus vegane Kollektion heraus

Alternativen können Möbelsysteme mit Stecksystem oder Metallverschraubungen sein, die zumindest auf Klebstoffe verzichten. Peta hat zudem das „Peta Approved Vegan“-Label herausgebracht, das mir im Möbelbereich bisher noch nie aufgefallen war. Ich gehe auf der Website die gelisteten Einrichtungsmarken durch und stoße ausgerechnet auf Möbel Höffner. Das Unternehmen wurde 2017 als erstes deutsches Einrichtungshaus für seine switch-Kollektion mit dem Peta-Label gekennzeichnet. Eine gute Sache, auch wenn die meisten Möbel von Höffner leider nicht ganz meinen Geschmack treffen.

Ich frage mich: Existieren denn keine kleinen, feinen Marken, die sich auf vegane Möbel und Accessoires spezialisiert haben? Meine Suche bleibt erfolglos, da es nach der Auszeichnung Nachhaltigkeit bei fast allen ansprechenden Entwürfen aufhört.

Die USA und Großbritannien sind uns in Sachen veganer Möbel voraus

Bei meiner Recherche merke ich, dass Länder wie Großbritannien und Amerika um einiges weiter sind. Ich stoße sogar auf vegane Interior-Designer und Design Studios, die ausschließlich mit Marken zusammenarbeiten, die cruelty-free sind, wie es im Englischen so schön heißt – also frei von Grausamkeiten. Einige der Interior-Designer scheinen einen richtigen Promi-Status zu genießen, da sie bereits Hollywood-Stars eingerichtet haben.

Deborah DiMare, die mit ihrem Interior Design Consulting in Miami und New York sitzt, hat es auf das Cover der renommierten Wohnzeitschrift „Architectural Digest“ geschafft. Die Beraterin, die von „mitfühlendem Design“ spricht, setzt zu hundert Prozent auf eine Einrichtung ohne jegliche tierischen Produkte. Ihr Portfolio, das man sich in dem Bildband "Vegan Interiors" ansehen kann, ist beeindruckend. Sie selbst informiert auf ihrer Plattform vegandesign.org über veganes Mobiliar und bietet Schulungen zu "gesundem und humanem Interior" für Experten an.

"Die Meldung, dass sämtliche Klassiker ab sofort mit veganem Leder zu kaufen seien, wäre progressiv."

Eine weitere Vorreiterin ist Aline Dürr. In ihrem Buch „Vegan Interior Design“ steigt sie tiefer in das Thema ein und denkt es weiter. Kann man bei einer Küche erst dann von Innovation sprechen, wenn die Küche nicht nur mit ihren Materialien sondern auch mit ihrem Entwurf auf die immer weiter wachsende Gruppe von Veganern ausgerichtet ist? Sie zeigt auf, warum Gesundheit und veganes Interior – von Vorhangstoffen über Möbel bis hin zu Accessoires – eng zusammenhängen und wo sich in unserem täglichen Wohnen tierische Produkte verstecken. Dürr selbst hat die virtuelle „Vegan Interior Design Week“ ins Leben gerufen, eine Konferenz, bei der sich Gleichgesinnte treffen und neue Netzwerke entstehen sollen.

Acht Kühe für ein Ledersofa? Darf es uns das wirklich wert sein?

Es werden acht Kühe und mehr als hundert schädliche Chemikalien benötigt, um ein Ledersofa herzustellen. Ähnliches gilt natürlich für all die hübschen Ledersessel bekannter Luxusmarken, die als Design-Klassiker gelten. Als Vitra verkündete, dass jetzt auch eine pflanzlich gegerbte Leder-Variante angeboten wird, fand ich das positiv. Die Meldung, dass sämtliche Klassiker ab sofort mit veganem Leder zu kaufen seien, wäre progressiv.

Erfolgreiche Aufzucht: 71 Katzenhaie auf den Balearen in die Freiheit entlassen

Fischerei ist eine der größten Bedrohungen für die Weltmeere und deren Artenvielfalt. Laut Greenpeace sind 90 Prozent der globalen Speisefischbestände gefährdet. Seit 1970 sei der Fischfang weltweit um das 18-fache gestiegen.

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