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BVB: Probleme unter Nuri Şahin wird auch ein neuer Trainer nicht lösen

14.01.2025, Schleswig-Holstein, Kiel: Fußball: Bundesliga, Holstein Kiel - Borussia Dortmund, 17. Spieltag, Holstein-Stadion. Trainer Nuri Sahin kommt vor dem Spiel in das Stadion. (zu dpa: «Sahin zu  ...
Nuri Şahin hat den BVB erst im Sommer als Cheftrainer übernommen.Bild: dpa / Gregor Fischer
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BVB: Das riesige Dilemma geht weit über Nuri Şahin hinaus

17.01.2025, 11:16
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Als die BVB-Profis nach dem Schlusspfiff in die Fankurve trotteten, wurden sie dort nicht etwa mit warmen Worten oder Applaus empfangen. Vielmehr erlebten sie am Dienstagabend vor der eigenen Anhängerschaft das, was sie in den 90 Minuten auf dem Kieler Rasen zuvor auch schon gespürt hatten: heftigen Gegenwind.

Und nein, das ist keine Anspielung auf die Witterungsbedingungen an der Ostseeküste. Borussia Dortmund musste sich dem Aufsteiger mit 2:4 geschlagen geben, schon zur Pause hatte der haushohe Favorit mit 0:3 zurückgelegen.

Der mitgereiste Anhang stellte die BVB-Stars daher direkt nach dem Schlusspfiff noch in der Kurve zur Rede. Ein Ultra-Vertreter kletterte dabei über den Zaun und richtete deutliche Worte an Nico Schlotterbeck, Emre Can, Serhou Guirassy sowie Waldemar Anton.

"Beschämend, wie wir aufgetreten sind. Eines Vereins wie Borussia Dortmund nicht würdig. Von der ersten bis zur letzten Minute. Dazu gibt es nicht mehr zu sagen", kommentierte Nuri Şahin den Auftritt seiner Mannschaft am Dienstagabend.

Taumelnder BVB: folgenschwere Patzer und Selbstkritik

Das Kalenderjahr 2025 ist gerade einmal zwei Pflichtspiele alt, da steckt Borussia Dortmund schon wieder im Krisenmodus. Denn schon in der ersten Partie des Jahres, beim Heimspiel gegen Bayer Leverkusen, hatten die Schwarz-Gelben eine Niederlage kassiert. In der Bundesliga-Tabelle ist der BVB auf den neunten Rang abgerutscht, hechelt den eigenen Ansprüchen damit meilenweit hinterher.

"Es liegt nicht am Trainer, möchte ich noch einmal betonen", meinte Can nach dem 2:4 in Kiel. "Wir Spieler, ich ganz vorne, das geht so nicht. So können wir nicht spielen. Das müssen wir schleunigst ändern. Das hat auch etwas mit Ehre zu tun."

Gänzlich falsch liegt der Kapitän gewiss nicht, die BVB-Stars kann man bei der momentanen Misere nicht rausnehmen. Gegen Leverkusen kassierte Dortmund auch deshalb Gegentore, weil Spieler wie Julian Ryerson oder Felix Nmecha Fehler begingen. In Kiel patzte Julian Brandt einmal entscheidend.

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Der enttäuschende Schnitt von 1,47 Punkten pro Spiel lässt sich aber nicht nur auf individuelle Aussetzer auf dem Platz zurückführen. Mit Nuri Şahin gerät auch immer mehr der verantwortliche Trainer in den Fokus.

Didi Hamann zählt BVB-Trainer Nuri Şahin an

Gegen Leverkusen versuchte er ungeachtet zahlreicher Ausfälle eine Spielidee durchzudrücken, die ohne spielstarke Innenverteidiger wie Schlotterbeck und Anton zum Scheitern verurteilt war. In der ersten Saisonhälfte irritierte er zudem wiederholt mit Personalentscheidungen, aus denen vor allem regelmäßig problematische erste Halbzeiten auf fremdem Geläuf resultierten.

14.01.2025: Fu�ball: KSV Holstein Kiel - Borussia Dortmund, 17. Spieltag im Holstein-Stadion. Dortmunds Trainer Nuri Sahin betritt das Stadion. WICHTIGER HINWEIS: Gem�� den Vorgaben der DFL und des DF ...
Nuri Şahin sieht sich beim BVB bereits großer Kritik ausgesetzt.Bild: IMAGO images / Kirchner-Media

Wenn man als Cheftrainer in Dortmund übernimmt, müsse direkt Zug drin und das Gefühl vorhanden sein, dass etwas zusammenwächst. "Das hatte ich vom ersten Tag bei Şahin nicht", urteilte TV-Experte Didi Hamann am Dienstagabend bei Sky. Für den Ex-Profi ist die Lage klar:

"Er sagt, er ist in der Gesamtverantwortung. Du kannst keine sechs Spieler rausschmeißen. Wenn es nicht läuft, ist der Trainer das schwächste Glied und der muss gehen."

Neben der leidigen Frage, wer dann als möglicher Nachfolger infrage kommt, ist für die Dortmunder aber vor allem die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt belastend. Denn schon am Freitag steht in der Bundesliga das nächste Spiel an, der BVB muss dann bei Eintracht Frankfurt ran.

"Die Tatsache, dass es nur drei Tage bis zum nächsten Spiel sind, rettet ihn möglicherweise", mutmaßte Hamann. Gleichwohl merkte er an: "Der Zeitpunkt ist nicht weit entfernt, dass sie etwas machen müssen."

BVB: Bleibt Nuri Şahin, weil die Zeit für eine Entlassung fehlt?

Der Terminkalender wirft jedoch die Frage auf: wann denn? Für die Borussen geht es nun Schlag auf Schlag, eine Englische Woche folgt auf die nächste. Bis zum 1. Februar absolviert der BVB fünf Pflichtspiele. Zwischen An- und Abreisen, Regeneration sowie Abschlusstraining würde einem möglichen neuen Trainer kaum Zeit für frischen Input bleiben.

Es ist das große Dilemma von Borussia Dortmund: Obwohl Ergebnisse sowie Leistungen besorgniserregend sind und das bevorstehende Duell mit Frankfurt nicht gerade Besserung verspricht, fehlt dem Klub derzeit schlichtweg die Zeit für einen Trainerwechsel. Dabei kann es sich Dortmund eigentlich nicht erlauben, die Champions-League-Ränge noch weiter aus den Augen zu verlieren.

"Wenn du dahin gehst, musst du schnell lernen. Und das hat er nicht gemacht", kritisierte Hamann die fehlende persönliche Weiterentwicklung bei Şahin. "Wir sprechen immer von Widerstandskraft. Und ich glaube, dass er das in den letzten Wochen zu wenig vorgelebt hat. Und jetzt steckt der Karren im Dreck."

Ein wenig muss man den 36-Jährigen dabei aber auch in Schutz nehmen. Denn er steht am Anfang seiner Trainerkarriere, da sind Fehler normal.

Şahin wurde früh die große Chance gegeben, bei seinem Herzensverein Cheftrainer zu werden. "Borussia Dortmund ist kein Job, um zu lernen. Wenn du lernen willst, dann musst du in die 2. Liga gehen oder in die 3. Liga", sagte Hamann. Es darf eher als Kritik an der Führungsebene verstanden werden.

Der BVB sperrt sich zu sehr gegen Einflüsse von außen

Womöglich hat man sich dort zu sehr vom Erfolg eines Xabi Alonso in Leverkusen blenden lassen. Der Trainernovize kam aus dem spanischen Jugendbereich zur Werkself und formte eine der besten Mannschaften Europas.

Vielleicht aber zeigte sich bei der Installation von Şahin als Cheftrainer auch nur ein Problem, das den BVB schon länger umtreibt: Er schwimmt zu sehr im eigenen Saft. Mit Vorgänger Edin Terzić holte man einst einen Fan aus der Kurve an die Seitenlinie, Ex-Spieler Lars Ricken wurde bis zur Rolle als Geschäftsführer Sport befördert.

Sebastian Kehls Erfolge auf dem Transfermarkt sind durchwachsen, als Sportdirektor hat der Ex-Kapitän dennoch verlängert. Matthias Sammer, einst Spieler und Trainer in Dortmund, kehrte 2018 als Berater zurück, seine genaue Rolle im Hintergrund ist nicht ganz klar.

In Maßen mag die Einbindung verdienter, ehemaliger Spieler, wie es beim FC Bayern oder bei Werder Bremen seit Jahrzehnten mehr oder weniger erfolgreich gelingt, vor allem identitätsstiftend sein. In Dortmund wiederum wirkt es vielmehr wie ein Abschotten vor externen, progressiven Einflüssen. "Echte Selbstliebe", bringt es Moderatorin Lena Cassel auf X treffend auf den Punkt.

Finanziell weniger potente Konkurrenten wie Eintracht Frankfurt oder der VfB Stuttgart haben die daraus resultierende Dortmunder Stagnation genutzt, um zum BVB aufzuschließen, wenn nicht gar vorbeizuziehen. Finanzstärkere Teams wie Leverkusen und Leipzig sind längst enteilt. Das Dilemma des BVB geht also weit über eine mögliche Entlassung von Nuri Şahin hinaus.

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