Für Präsident Herbert Hainer hatte der Auftritt des FC Bayern bei der 0:2-Niederlage gegen Borussia Dortmund nichts mit dem gewohnten Selbstverständnis des Branchenprimus zu tun. "Das war nicht der FC Bayern, den wir kennen und den wir sehen möchten. Und um fair zu sein: Das war nicht das erste Mal in dieser Saison", rechnete er in der Halbzeit des DFB-Pokal-Halbfinals der Frauen bei Sky schonungslos ab.
"Wir waren zu statisch, nicht aggressiv genug und haben zu wenig Leidenschaft gezeigt: Das hat man auf dem Platz gesehen" führte er aus. Ein Hauptschuldiger für die schwachen Leistungen wurde bereits ausgemacht – Trainer Thomas Tuchel. Er muss den Klub trotz eines Vertrags bis 2025 am Ende dieser Saison verlassen.
Und dennoch würden die Bayern-Bosse und selbst die Spieler laut "Kicker" die Arbeit des 50-Jährigen und den angestoßenen Umbruch als positiv bewerten. Zudem hat die Klubführung mit dem Coach eine besondere Vereinbarung zu seinem Vertragsende getroffen.
Vor der Saison berichtete der "Kicker" bereits, dass der Trainer zahlreiche Probleme innerhalb der Mannschaft ausgemacht hätte und zwischenzeitlich sogar zweifelte, ob es die richtige Entscheidung war, die Mannschaft im März 2023 zu übernehmen.
Er legte im Anschluss viel Wert auf höchste Disziplin und fehlende mentale und körperliche Frische. Außerdem griff er personell durch, forderte neue Stars und machte klar, dass kein Spieler unverkäuflich sei. Lange Zeit unangefochtene Stammspieler wie Thomas Müller, Joshua Kimmich und Leon Goretzka waren und sind unter Tuchel nicht mehr unantastbar. Er wollte alte Seilschaften innerhalb des Klubs lösen und alles auf den Prüfstand stellen.
Was zunächst für Verstimmungen sorgte, soll laut "Kicker" bei den Bayern-Bossen mittlerweile jedoch zu einem Umdenken geführt haben. Tuchel hätte mit seinen Einschätzungen "nicht unrecht" und "die wahren Probleme" schonungslos angesprochen.
Davon ist mittlerweile selbst Klub-Patron Uli Hoeneß überzeugt. Er sagte vergangene Woche im Interview mit dem BR: "Diese Larifari-Mentalität, die teilweise entstanden ist in den letzten ein, zwei Jahren, die wird wieder aufhören." Daher resümiert auch der "Kicker", dass der Klub "nach drei Jahren der Misswirtschaft und persönlicher Eitelkeiten" profitieren werde.
Wirtschaftlich wird das Tuchel-Aus für den Klub nicht ganz so billig. Trainer und Verein sollen sich nach "Sport Bild"-Informationen geeinigt haben, dass er das ausstehende Gehalt von zehn Millionen Euro erhalten soll. Damit könnte er direkt im Sommer wieder einen neuen Verein übernehmen, da er vertraglich nicht mehr an die Münchner gebunden ist.
Nicht nur die Bayern-Bosse würden die Arbeit des Trainers positiv bewerten, selbst die Spieler würden den Denkansatz schätzen.
Tuchel kommuniziert seit Sommer klar und direkt mit den Spielern – wozu auch schärfere Töne gehören. Eine Art, die von den Spielern zu Saisonbeginn und auch noch jetzt enorm positiv gesehen wird. "Der Großteil der Mannschaft nämlich weiß auch, dass das voraussichtliche Verpassen der Meisterschaft wenig überraschend daherkommt, da das von Tuchel übernommene Konstrukt extrem fragil und nicht binnen eines Jahres zu glätten war", heißt es im "Kicker"-Bericht.
Dazu passt auch die Aussage von Torhüter Sven Ulreich nach der Niederlage gegen den BVB. "Thomas Tuchel macht einen super Job. Er hat hier super Arbeit geleistet, auch wenn es nach außen hin weniger so dargestellt wird." Und gleichzeitig nahm er die Mannschaft in die Pflicht. "Wir müssen uns hinterfragen, wie wir so eine Saison über uns ergehen lassen."
Auf Rang zwei haben die Münchner bei noch sieben Spielen 13 Punkte Rückstand auf Tabellenführer Leverkusen und können nur noch theoretisch Deutscher Meister werden. Vielmehr beträgt der Vorsprung auf den VfB Stuttgart auf Platz drei nur noch drei Zähler.