"Etwas Zählbares" will Svenja Huth am Ende der Saison in den Händen halten. Ein durchaus zaghafter Versuch einer Kampfansage von Wolfsburgs Führungsspielerin. Ähnlich denkt auch ihr Trainer Stephan Lerch. Er wolle dem FC Bayern im Rennen um die Meisterschaft "Paroli" bieten. "Wir sind der hungrige Herausforderer", sagte er in einer Medienrunde und legte damit die Rollenverteilung noch vor dem Start der Frauen-Bundesliga fest.
Ach ja, der FC Bayern München, der Stern des Südens und die Sonne im Planetensystem Bundesliga. Der Klub ist mal wieder Anwärter auf den Titel. In den vergangenen fünf Jahren wurden die Bayern viermal Meister. Und natürlich, so Stürmerin Lea Schüller, wolle man das auch dieses Jahr wiederholen. Mehr noch: die Champions League gewinnen. So will es José Barcala, der neue Trainer an der Säbener Straße.
Dass Barcala groß denkt, passt zum Selbstverständnis des FC Bayern und gefällt vermutlich auch Sportdirektorin Bianca Rech. Der DFB-Pokal, die Meisterschaft, das sei ein Muss. "Darüber müssen wir gar nicht reden. Alles andere wäre fast lächerlich", sagte sie kürzlich.
Bayern Meister, Wolfsburg Vize. Eine berechenbare Bundesliga-Saison, das kennt man schon von den männlichen Kollegen. Das wäre langweilig – doch so langweilig wird die Spielzeit 2025/26 nicht, bei Gott sogar. Hier kommen die Gründe.
Der Frauenfußball versteckt sich nicht mehr. Längst haben die Zeiten aufgehört, in denen die Spielerinnen ausschließlich auf Nebenplätzen kickten, abseits der großen Bühnen.
Heute öffnen sich immer häufiger die Stadien, die sonst den Männern vorbehalten sind. Union Berlin läuft an der Alten Försterei auf, der HSV im Volksparkstadion, die Münchnerinnen sogar in der Allianz-Arena. Immerhin für ein Spiel.
Zum Auftakt der Bundesliga-Saison empfängt der FC Bayern die Konkurrenz aus Leverkusen – nicht vor ein paar tausend, sondern vor zehntausenden Fans. 50.000 Tickets sind bereits verkauft. Ein Rekord. Noch nie kamen so viele zu einem Spiel der Frauen-Bundesliga.
In Frankfurt startet nicht nur eine neue Saison, sondern gleich ein "neues Kapitel", wie Frauenfußball-Chefin Katharina Kiel mitteilte. Auch Wolfsburg-Trainer Stephan Lerch spricht von einem "Neustart". Einen, den es so zuvor noch nie gegeben hat. "Man muss lange überlegen, wann so viele Spielerinnen den Verein verlassen haben und dazu gekommen sind."
Die Zahlen bestätigen Lerchs' Gefühl: Wolfsburg verzeichnet 14 Abgänge und 12 Neuzugänge. In Frankfurt verließen neun bekannte Gesichter den Verein, elf Neue kamen dazu – für beide Vereine ist es wohl der größte Umbruch in der jüngeren Klubgeschichte.
Aber warum dieser radikale Schnitt? In Wolfsburg will man das Gesicht der Mannschaft verändern. In Frankfurt ging es erklärtermaßen ums Geld. Schon zum Ende der vergangenen Saison kündigte der Verein an, Spielerinnen verkaufen zu wollen. Gesagt, getan.
Lara Prašnikar wechselte für eine halbe Million Euro nach Utah (USA) – Rekordablöse in der Bundesliga. Mit solchen Einnahmen soll sich die Abteilung Frauenfußball langfristig selbst tragen. Noch gleichen die Männer das Defizit aus.
Und sportlich? Frankfurt hat Erfahrung eingekauft. Amanda Ilestedt aus Schweden und Hayley Raso aus Australien, beide über 30, beide prägende Figuren der vergangenen Weltmeisterschaft.
Wolfsburg dagegen setzt stärker auf deutsche Nationalspielerinnen. Cora Zicai, Sophia Kleinherne, Stina Johannes – Namen, die zeigen, dass der Klub nichts von seiner Anziehungskraft verloren hat und damit bleibt, was er seit Jahren ist: Anwärter auf den Titel. Oder zumindest der hartnäckigste Jäger der Bayern.
Drei Aufsteiger bereichern die neue Bundesliga-Saison: Der 1. FC Nürnberg, die Frauen des HSV – und Union Berlin, die sich weniger als Neuling, sondern vielmehr als Antreiber verstehen. Der Klub will zeigen, dass Professionalität im Frauenfußball nicht allein eine Frage der Tradition ist, sondern vor allem eine des Willens.
Die Idee dazu entstand 2023, damals spielte das Team noch in der 3. Liga. Präsident Dirk Zingler entwarf den Plan, nicht nur die Männer, sondern auch die Frauen zu Profis zu machen. Die Umsetzung folgte schnell. Monatsgehälter zwischen 3000 und 4000 Euro, dazu professionelle Trainingsbedingungen und medizinische Betreuung.
Auch Frauen sollten in Berlin vom Fußballspielen leben können. "Das sollte ein Beispiel für andere Vereine sein", findet Managerin Jennifer Zietz im Interview mit der "Berliner Morgenpost".
Der Zuspruch bestätigt diesen Weg. 14.000 Menschen kamen zum Aufstiegsspiel gegen Borussia Mönchengladbach im Mai, 3000 Dauerkarten sind für die Saison 2025/26 bereits verkauft. Und auch eine erfahrene Nationalspielerin wie Tanja Pawollek zieht es von Frankfurt in die Hauptstadt – wegen Union.
"Sie ist ein Hochkaräter, eine Topverpflichtung. Sie hat ganz viel Erfahrung, ein ruhiges Gemüt und kann den einen oder anderen Druck abfangen", sagt Zietz über die Mittelfeldspielerin. Mit Pawollek ist Union Berlin gut aufgestellt und bereit für die Saison. Das Ziel? Die ein oder andere "Überraschung schaffen", sagt Zietz.
Die Frauen-Bundesliga hat sich Innovation auf die Fahne geschrieben. Namensgeber Google Pixel und der DFB versprechen, dass die Fans künftig sehen, was bisher verborgen blieb. Das Mittel ist so simpel wie wirkungsvoll: Handys.
Mehrere Smartphones von Google Pixel sollen in der Spielzeit 2025/26 das Geschehen aus ungewohnten Blickwinkeln zeigen.
Mal direkt aus dem Fanblock, mal hinter den Toren, dazu fest installierte "Pixel Cams" an den Auswechselbänken und in den Coaching Zones. Perspektiven, die unmittelbar ins Live-Programm eingespeist werden – nach eigenen Worten eine "Weltneuheit in puncto Sportberichterstattung".
Zum Auftakt wird die Neuerung beim Eröffnungsspiel zwischen dem FC Bayern München und Bayer Leverkusen in der Allianz-Arena getestet. Danach folgen neun weitere Partien.