Der Ärger über die 24:30-Niederlage gegen Kroatien war zum Ende der Hauptrunde bei der deutschen Nationalmannschaft schnell verflogen. "Es ist das Geilste auf der Welt, ein Halbfinale vor unseren Fans spielen zu dürfen. Das macht mich sehr stolz", sagte Spielmacher Juri Knorr.
Durch die Niederlage der Österreicher gegen Island und dem Sieg der Franzosen über Ungarn hatte das DHB-Team schon vor dem Anwurf als Halbfinalist festgestanden.
Nationaltrainer Alfred Gíslason sorgte mit einer Aussage nach dem Spiel bei den Handball-Legenden Pascal Hens, Stefan Kretzschmar und Michael Kraus hingegen für Unverständnis.
Zwar lobte der 64-Jährige, dass sich das Team während des Turnier "sehr schön weiterentwickelt" habe und der Halbfinal-Einzug "extrem wichtig" sei. Gleichzeit kam bei ihm nicht so richtig Freude auf. Er kritisierte die jüngeren Spieler und die zweite Reihe des Teams, die gegen Kroatien mehr Einsatzzeiten als im bisherigen Turnierverlauf bekommen hatten und nicht überzeugten.
Auf die Frage, ob das Experiment mit den jungen Spielern gescheitert sei, antwortete der Isländer beim Streamingdienst Dyn mit einem knappen "genau". Zudem erklärte er, dass man erst in vier, fünf oder acht, neun Jahren eine ähnlich starke Mannschaft wie Halbfinal-Gegner Dänemark hätte.
Dass er gerade die jungen Spieler so kritisiert, kann das Experten-Trio, das 2007 den Titel bei der Heim-WM gewann, nicht nachvollziehen. "Wie oft haben die schon zusammen vor 20.000 Zuschauern gespielt? Wie soll das funktionieren? Es ist wichtig, dass die auch mal auf der Platte stehen, aber es sind andere Spielertypen", sagt Hens im Dyn-Talk "Harzblut" nach dem Spiel.
"Sie haben es nicht schlecht gemacht und ein gutes Tempospiel auf die Platte gebracht, aber sind nicht so aufeinander abgestimmt, wie die anderen." Die ganze Mannschaft hätte "scheiße geworfen" und nicht die Spielweise hätte für das Ergebnis gesorgt. Insgesamt 24 Fehlwürfe leistete sich die deutsche Mannschaft.
Auch Stefan Kretzschmar hält es für völlig falsch, die Schuld am Ergebnis auf die jungen oder älteren Spieler zu schieben. Gleichzeitig sei es eben die brutale Ehrlichkeit, die Gíslason auszeichne, findet Kretzschmar. Insgesamt müsse jetzt aber besonders eines gelten: "dieses Spiel komplett wegschieben in der Analyse."
Auch Michael "Mimi" Kraus betonte, dass man nun nicht "künstlich schlechte Stimmung erzeugen" müsse. Da der Halbfinal-Einzug schon vor Anpfiff klar war, hätte man auch in der Halle wahrgenommen, dass nicht mehr alle ganz so heiß gewesen wären. "Wir stehen im Halbfinale und das war unser großes Ziel."
Mit etwas Abstand sah das Gíslason dann auch in der ARD so. "Das Spiel hat gar keine Auswirkungen auf das andere. Mir ist es, ehrlich gesagt, lieber so als hätte ich mit der ersten Sechs durchgespielt und ein Unentschieden geholt."
Im Halbfinale gegen Top-Favorit Dänemark am Freitag hoffe er nun auf einen "Sahne-Tag", um eine Chance zu haben. Das Experten-Trio sieht das DHB-Team ebenfalls als Außenseiter, will es jedoch nicht direkt abschreiben.
"Wir haben keinen Druck. Nach so einem Spiel sind die Jungs heiß und ich hoffe, dass sie so mutig sind wie gegen Ungarn. Wir brauchen eine gute Abwehr, einen überragenden Torhüter und vor allem das Tempospiel", nennt Hens die nötigen Erfolgsfaktoren.
Und auch die Abschlussschwäche wird sich in seiner Hoffnung nicht wiederholen. Er sagt:
Dann jedoch wohl ohne Ex-Rückraumspieler "Mimi" Kraus. Mittlerweile zieht es sich als Running-Gag durch das Turnier, dass das DHB-Team schlecht spielt, wenn er in der Halle. So war es bei der Vorrunden-Niederlage gegen Frankreich, beim Unentschieden gegen Österreich und nun auch bei der Pleite gegen Kroatien.
"Er hat seine letzte Chance dermaßen und brutal verspielt. Das Ding ist durch, da brauchen wir nicht zu diskutieren. Das Wochenende für Mimi ist gelaufen, der kann hin, wo er will, aber nicht in die Köln-Arena", sagte Kretzschmar.
Lob gab es hingegen für sein Outfit und seinen Auftritt vor dem Spiel. Er sorgte für viele Lacher, da er als Ex-Bundestrainer Heiner Brand verkleidet in die Halle kam und ein Interview beim Streamingdienst Dyn gab.
Das half jedoch alles nichts. Schon während des Spiels wurde er spaßeshalber auf der Toilette als "Seuchenvogel" beschuldigt, erzählte er. Zudem rief man ihm nach dem Spiel halb im Ernst und halb im Spaß hinterher: "Raus hier, nie wieder wollen wir dich hier sehen."