Sergio Pérez ist bei Red Bull Geschichte, in der kommenden Saison fährt Liam Lawson an der Seite von F1-Weltmeister Max Verstappen. "So what", denkt sich sicher der eine oder andere Formel-1-Fan. Denn die Vergangenheit hat gezeigt: Neben dem Niederländer fallen die Teamkollegen wie die Fliegen.
Kein Fahrer konnte mit dem inzwischen vierfachen Weltmeister langfristig mithalten. Ob Daniel Ricciardo, Pierre Gasly, Alex Albon oder jetzt Sergio Pérez: Über kurz oder lang suchten sie alle das Weite oder wurden von der Red-Bull-Führung gnadenlos abgesägt.
Wie frustrierend muss es auch sein, wenn man sein Bestes gibt und das nie genug ist? Wenn man seine schnellste Runde abliefert und der Ausnahmekönner in der Garage nebenan immer ein paar Hundertstel schneller ist?
Egal, wie gefestigt man als Fahrer ist: Das muss an die Nerven gehen. Verständlich also, dass die Leistungen irgendwann einbrechen, wenn das Selbstvertrauen flöten geht.
Und genau dieses Schicksal wird auch Liam Lawson ereilen.
In seiner kurzen Zeit in der Formel 1 – 14 Rennen hat er zum Zeitpunkt der Beförderung nur absolviert – fuhr der Neuseeländer solide, aber keineswegs überragend.
Auch wenn man Lawson zugutehalten muss, dass er bislang immer während der Saison einspringen musste und nie eine Saisonvorbereitung als Stammfahrer mitgemacht hat, lässt sich klar sagen: Es gab einige Fahrer, die auf Anhieb schneller waren als der neue Red-Bull-Pilot. Unter anderem Oliver Bearman oder Franco Colapinto und zumindest bei letzterem soll eine Verpflichtung nicht gänzlich abwegig gewesen sein.
Warum also die Entscheidung für Lawson? Eine wirkliche Begründung abseits der üblichen PR-Floskeln lieferte Red Bull am Donnerstag nicht. Es heißt aber, vor allem der mächtige Motorsportberater Helmut Marko hält große Stücke auf den 22-Jährigen. Lawson gilt als harter Hund und zeigte zuletzt auch keine Scheu, sich auf und neben der Strecke mit Altmeister Fernando Alonso anzulegen.
Doch auch Yuki Tsunoda, der andere Racing-Bulls-Pilot, ist schnell und ein harter Racer. Und im Gegensatz zu Lawson bringt Tsunoda die Erfahrung von 87 Grand Prix mit, in denen er trotz unterlegenem Auto regelmäßig in die Top Ten gefahren ist und dem Team so wertvolle Punkte beschert hat.
Dazu kommt: Im direkten Duell war Tsunoda schneller als Lawson. Das zeigt eine Auswertung von "formel1.de". An den elf gemeinsamen Rennwochenenden 2023 und 2024 hatte Tsunoda seinen Teamkollegen im Griff. Der 24-Jährige punktete besser (8:6) und behauptete sich bei den Qualifying-Duellen (10:1). Hier war er im Schnitt 0,240 Sekunden schneller als Lawson, im Rennen pro Runde 0,11 Sekunden.
Der Japaner geht seit 2021 für Red Bulls Schwesterteam an den Start und hätte eine Beförderung inzwischen mehr als verdient. Zumal eine solche auch ein starkes Zeichen an künftige Red-Bull-Junioren gewesen wäre. Seht her, wir parken euch bei Racing Bulls und wenn ihr gut und geduldig seid, rückt ihr auf ins Hauptteam.
Dass Tsunoda nun nicht befördert wurde, muss sich für ihn wie ein Schlag ins Gesicht anfühlen.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich Red Bull mit der Personalie ins eigene Fleisch schneidet. Wie motiviert wird Tsunoda in der kommenden Saison bei Racing Bulls sein, nachdem ihm klipp und klar kommuniziert wurde, dass es dort für ihn keine Aufstiegsmöglichkeit gibt? Wird er zur lame duck oder versucht er sein Glück mittelfristig woanders und Red Bull verliert einen konstant schnellen Punktelieferanten?
Auch Lawson wird neben Max Verstappen untergehen und bald schon wieder ersetzt werden müssen. Yuki Tsunoda ebenfalls, keine Frage. Doch er hätte es ohne Zweifel am meisten verdient gehabt.